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Wie Tau im Wuestensand

Wie Tau im Wuestensand

Titel: Wie Tau im Wuestensand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Maxwell
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dreieckig«, fuhr
sie fort, »deines ist oval. Kurzum, wir brauchen jeder ein vollkommen anderes
Makeup, um unsere jeweiligen Vorzüge zu betonen.«
    »Bei mir gibt es keinerlei Vorzüge
zu betonen«, murmelte Beth verzagt.
    »Gibt es wohl! Aber du siehst sie
nicht, wenn du sie unter Bergen von Make-up versteckst.«
    Holly arbeitete schweigend und
konzentrierte sich auf die Wimperntusche. Sie trug ein wenig Rouge auf, damit
Beth' Wangenknochen besser zur Geltung kamen. Dann überprüfte sie ihr Werk und
nickte.
    »Darf ich mich jetzt ansehen?«
fragte Beth.
    »Klar.«
    Beth griff nach dem Köfferchen und
hob den Deckel. Eine lange Zeit betrachtete sie ihre beiden Gesichtshälften.
    »Also, du hast echt eine Menge mehr
Ahnung als ich«, gestand sie schließlich.
    Mit dieser Bemerkung griff das junge
Mädchen nach einem Taschentuch und wischte sich die eigenen Tuschereien ab.
Dann betrachtete sie sich wiederum. Aufmerksam verglich sie die rechte,
geschminkte Seite mit der linken, ungeschminkten. Während Beth in den Spiegel
schaute, löste Hollys Beth' rechten Zopf auf, rührte den linken jedoch nicht
an. Sie bürstete die Hälfte des glänzenden, taillenlangen Haars, bis es glatt
war. Dann zog Holly es ihr aus dem Gesicht und versuchte mehrere Frisuren.
    Schließlich wand sie ein paar
Strähnen lose um Beth' Stirn und steckte sie auf ihrem Kopf fest, damit sie
nicht von der Masse erdrückt wurden. Den Rest des Haares auf der rechten Seite
ließ sie offen auf ihren Rücken fallen. Das Resultat war ein einfacher und doch
ungewöhnlicher Stil, der das perfekte Oval von Beth' Gesicht betonte.
    »Einmal Shampoo und ein paar heiße
Wickler würden den Knick beseitigen, der von den Rattenschwänzen geblieben
ist«, instruierte Holly sie. »Und ich habe ein paar Ohrringe, die ausgezeichnet
zu deinem neuen Rock passen.«
    Etwas spät merkte sie, daß Beth ihr
gar nicht zuhörte. »Beth?«
    »Ja?«
    Dann blinzelte Beth, als ob sie
gerade aus einem Traum aufwachte und wandte ihren Blick vom Spiegel ab.
    »Bin das wirklich ich?« flüsterte
sie. »Meine Augen sehen so blau aus, so groß! Und auf einmal mag ich sogar mein
Haar! Was hast du nur mit meinen Wangenknochen gemacht? Ich sehe überhaupt
nicht mehr aus wie ein Kind. Wie funktioniert so was?«
    »Das frage ich mich auch«, ertönte
Lincs Stimme aus dem Flur. »Erkläre mir bitte, wie du ein süßes
sechzehnjähriges Mädchen in ein Flittchen verwandelst.«

12
    Beth schwankte zwischen Schuldgefühlen
und Rebellion. Holly blieb mit dem Rücken zur Tür sitzen und sprach weiter,
als hätte sie Linc gar nicht bemerkt.
    »Halte den Spiegel so, daß du dich
sehen kannst«, sagte sie zu Beth. »Ich erkläre dir jetzt, wie ich vorgegangen
bin.«
    Sie legte ihre Finger unter Beth'
Kinn und drehte die ungeschminkte Seite mit dem Rattenschwanz Richtung Linc.
Er holte tief Luft, als er den Unterschied der beiden Gesichtshälften seiner
Schwester bemerkte.
    Seine Miene wurde feindselig, und
seine gesamte Körperhaltung glich einem Stahlträger. Wieder war er jener
Fremde, der wutentbrannt eine Frau anstarrte, deren Schönheit ihn verletzte.
    In Hollys Magen formte sich der
bereits bekannte Eisklumpen.
    Mein Gott, dachte sie. Linc kennt doch Beth!
Er weiß doch, daß sie weder selbstsüchtig noch gemein ist. Dennoch sieht er sie
an, als ob er sie hassen würde.
    Mit
demselben Blick hatte er auch Shannon bedacht.
    Und genauso wird er mir
gegenübertreten, wenn er die Wahrheit erfährt.
    Nur Beth' hilfloses Flehen hielt
Holly davor zurück, ihre Wut herauszulassen oder in verzweifelte Tränen
auszubrechen.
    Sie zwang ihre Hände zur Ruhe und
trug eine helle Tönung auf Beth' linke Gesichtshälfte auf.
    »Du machst
aus ihr eine Billigware!«
    Beth' Aufstöhnen ließ ihn
zusammenfahren. Leise fluchend versuchte er sich in den Griff zu kriegen, was
ihm noch niemals in seinem Leben so schwergefallen
war wie in diesem Moment. Ohne die Zöpfe und das geschrubbte Gesicht war Beth
das Ebenbild ihrer schönen, untreuen Mutter.
    Als sei nichts gewesen, pinselte und
puderte Holly weiter.
    »Das reicht jetzt«, befahl Linc
barsch.
    Holly hielt weder inne, noch sah sie
von Beth' Gesicht auf. »Holly, zum Donnerwetter!«
    »Willst du unsere Feuerpause
brechen?« erkundigte sie sich. »Wenn hier irgend jemand etwas bricht, dann bist
du es«, zischte Linc in kalter Wut.
    Schweigend verglich sie das Make-up,
das sie bereits aufgetragen hatte, mit dem übrigen Gesicht von Beth. Es harmonierte
gut. Holly

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