Wie Tau im Wuestensand
Gefühl und den Geruch seiner Haut. Seinen Geschmack
auf ihren Lippen hatte sie gern und seine Nähe an ihrem Körper.
Es gefiel ihr sogar, wenn sein
dunkles Brusthaar ihre Nase kitzelte.
Das Ticken der Uhr erinnerte sie
leider daran, wie die Minuten verflogen. Am liebsten hätte Holly die Zeiger
angehalten. Ihr war wohl bewußt, daß sie jetzt sofort aufstehen sollte. Es
reichte kaum noch für ihre Gymnastik, zum Duschen, ihre Haare zu waschen und zu
fönen, ihre Nägel zu kontrollieren ... all die vielen, zeitraubenden Dinge,
die zu diesem Beruf gehörten.
Aber sie hatte Linc zu sehr vermißt,
als daß sie ihn jetzt sang- und klanglos gehen ließe.
»Ich liebe dich«, flüsterte sie.
Die Worte waren kaum zu hören.
Und sie wurden nur von der Stille
beantwortet.
Sie hatte nichts anderes erwartet.
Selbst wenn er wach gewesen wäre, hätte er nicht das gesagt, wonach sie sich
so sehnte. Ich liebe dich.
Unsicherheit nagte an Holly, die
langen, kalten Krallen der Angst, die sie nicht ignorieren konnte.
Linc hatte sie in der letzten Nacht
mehrmals geliebt. Er hatte sie tief im Inneren berührt und ihr beigebracht, der
Aufforderung seines starken Körpers zu folgen. Jedesmal war es noch schöner
gewesen, eine sinnliche Steigerung, die sie schließlich beide mit sich
fortgerissen hatte.
Er hatte ihr die intensivste Lust
verschafft, die überhaupt vorstellbar war. Und dann gab er ihr noch mehr und
überflügelte mit jeder seiner Zärtlichkeiten die Grenzen ihrer Phantasie.
Ihr Verlangen hatte kein Ende
akzeptiert.
Und ihm war es nicht anders
ergangen.
Auch in diesem Augenblick begehrte
Holly Linc so sehr, daß es sie ängstigte. Er war für sie zu einer Notwendigkeit
geworden, wie ihre Augen oder ihre Hände oder ihr Herz.
Und dennoch konnte er so rasch
fortgehen, so vollkommen verschwunden sein wie ein Schatten, der vom
aufgewühlten Meer verschluckt wird.
Bei diesem Gedanken fühlte sie sich
auf einmal schutzlos. Nein, sei ehrlich, ermahnte sie sich. Du hast
Angst.
Es war, als ob sie allein einem
Gewitter in der Wüste ausgesetzt wäre, in dem die Blitze inmitten des Regens
immer näher bei ihr einschlugen ...
Und der einzig erreichbare Schutz
war für sie nicht zugänglich.
Wenn Linc mich wirklich lieben
würde, dann würde es mir nichts ausmachen, daß er in mich eindringt und sich
meiner Seele bemächtigt.
Wenn Linc mich lieben würde, stände
sein Bemühen an erster Stelle, mich vor meiner eigenen Verletzlichkeit ihm gegenüber
zu schützen.
Wenn Linc mich lieben würde, öffnete
er weit das Tor zu seinem Selbst und schlösse es nicht eher, bevor ich es
nicht sicher durchschritten hätte.
Wenn er
mich lieben würde ...
Aber er
liebte sie nicht.
Es war nicht nur die Tatsache, daß
er es nie mit Worten aussprach, die Holly stutzig machte. Denn trotz der
intensiven Leidenschaftlichkeit und trotz seiner gekonnten Berührungen waren
das Lachen und die zärtliche gegenseitige Fürsorge, die sie in Hidden Springs
hatten walten lassen, nicht mehr da.
Seitdem nannte er sie nie wieder nina.
Da er nun Shannon kennengelernt
hatte, mochte er diesen Kosenamen nicht mehr benutzen.
Holly hatte sich Linc von ganzem
Herzen und mit Leib und Seele hingegeben. Im Gegenzug dazu schenkte er ihr ...
ungeahnte Wonnen.
Einen
Körper ohne Herz und ohne Seele.
Er versteckte sich vor ihr hinter
einem sinnlichen Feuer, das mit jeder ihrer Liebesnächte heißer wurde.
Sie wurden
davon aufgebraucht, nicht genährt.
Es stimmte, sie konnte nicht von ihm
lassen. Sie liebte ihn. Sie konnte ihm niemals weh tun, denn er war ein Teil
von ihr.
Das müßte er doch spüren, dachte Holly. Er muß doch wissen,
daß ich mich ihm niemals so vorbehaltlos hingeben könnte, wenn ich ihn nicht
liebte.
Und sicherlich könnte er sich mir
nicht so uneingeschränkt hingeben – ohne Liebe.
Wenigstens
nicht ohne ein Minimum davon ...
Immerhin
wäre das ein Anfang und kein Ende.
Der Wecker tickte, und die Minuten
zerrannen. Jedes Ticken stach ihr wie eine Nadel ins Gewissen. Sie mußte jetzt
wirklich arbeiten gehen.
Vorsichtig schob Holly Lincs Arm von
ihrem Körper und stand auf. Sie zog sich das erstbeste Kleidungsstück über, das
herumlag – sein Hemd – und begann mit ihrer Morgengymnastik.
Lautlos streckte und spannte sie
ihre Muskeln an. Die Übungen dienten einerseits ihrem eigenen Wohlbefinden als
auch dem immer kritischen Auge der Kamera. Sie war schon fast fertig, als Linc
auf die Seite rollte, die Augen öffnete und sie
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