Wie Tau im Wuestensand
ausziehen?«
fragte er trocken. Sie schüttelte den Kopf, wobei ihr Haar Wellen wie aus
schwarzem Wasser warf.
»Wenn wir wollen, können wir laut
Roger gerne hierbleiben«, sagte sie.
»Sehr anständig von ihm«, erwiderte
Linc ruhig. »Aber Anstand ist auch das wenigste.«
Beunruhigt kam Holly auf ihn zu. Sie
machte sich keine Illusionen über den »Anstand«, wie ihr Herzliebster ihn auffaßte.
Andererseits wollte sie darüber auch
nicht diskutieren. Jedenfalls im Augenblick paßte es nicht.
Es gab wichtigere Dinge zu
besprechen, als zum wiederholten Mal die Anziehung zu diskutieren, die Rogers
Topmodel auf den Designer ausübte.
Holly grübelte darüber nach, wie sie
das Gespräch beginnen sollte, und fragte sich, ob Linc ähnliche Hemmungen
hatte.
Vielleicht verschiebt er es ja deswegen
immer wieder, dachte
sie. Vielleicht fehlen ihm einfach die nötigen Worte.
Sie stellte sich neben das Bett und
verschränkte die Hände hinter dem Rücken, um so der großen Versuchung, durch
Lincs pelziges Brusthaar zu fahren, zu widerstehen.
Nicht jetzt, erteilte sie sich einen Verweis. Diesmal
werde ich mich unter keinen Umständen von ihm ablenken lassen.
Bei der Erinnerung daran, wie
angenehm solche Ablenkungen waren, wurde ihr wohlig warm.
»Ich habe Roger gesagt, daß du wohl
nach Hause fliegen willst«, sagte Holly.
Linc schaute aus dem Fenster. Eine
Weile lang studierte er den unruhigen, sich langsam zuziehenden Himmel.
»Das Wetter wird uns die
Entscheidung vielleicht abnehmen«, mutmaßte er.
»Roger hat sich schon erkundigt. Nur
falls sich der Sturm unmittelbar hier zusammenbraut, werden die Flüge
ausfallen.«
»Und wie stehen die Chancen, daß der
Sturm nicht doch an dieser Küste entlangfegt?«
»Ziemlich gut. Dennoch fliegen die
meisten der Crew heute schon ab. Ihre Familien warten auf sie.«
Linc wandte sich wieder Holly zu.
»Bist du denn wirklich frei, zu tun,
was du willst?« fragte er skeptisch.
Sie zögerte. Als die
Personifizierung der Royce-Kollektion war sie eigentlich Tag und Nacht
abrufbereit, und zwar ohne Pause.
Anfangs hatte Linc das verärgert. Er
konnte gar nicht genug bissige Kommentare darüber abgeben, wie kurz Roger sie
an der Leine hielt. Aber dann war ihm aufgefallen, daß alle anderen ebenso
ausdauernd arbeiteten.
Danach hatte er das Thema einfach
nicht mehr angeschnitten und ihre langen Arbeitstage ohne ein äußeres
Anzeichen der Ungeduld akzeptiert.
»Ich bin so frei zu tun, was ich
will, wie du von der Ranch frei bist«, sagte sie schließlich.
»Und was heißt das?«
»Im Moment sind keine Aufnahmen
fällig, bis etwas schiefgeht. Oder in meinem Falle, bis zum nächsten Termin.«
Linc runzelte die Stirn. »Wie zum
Beispiel?«
»Wann immer die Werbeagentur Rogers
Parfümkampagne startet, werde ich zu dem Ort fliegen, den sie sich als passenden
Hintergrund ausgesucht haben.«
»Hat Roger denn noch nie etwas von
Studioaufnahmen gehört?«
»Er kann sie nicht ausstehen. Er
sagt, daß die Simulation unweigerlich jede sinnliche Wirkung zerstört.«
Linc seufzte und sammelte seine
Papiere zusammen.
»Laß dich nicht unterbrechen«, sagte
sie schuldbewußt. »Mir ist klar, daß dein Aufenthalt hier deine Arbeit
erschwert.«
Schweigend räumte er die Bücher und
Papiere auf den Nachttisch. Ohne Vorwarnung ergriff er zärtlich ihr Handgelenk
und zog sie zu sich auf seine Decke. Aus dem Gleichgewicht gekommen, fiel sie
ihm in den Schoß. Noch bevor sie sich setzen konnte, spürte sie seine Lippen an
ihren.
»Mmmm«, sagte Linc. »Pfefferminz.«
Genüßlich leckte er an ihrem Mund.
Eine wohlbekannte Wärme breitete
sich in ihr aus.
Es wäre so einfach, die ganzen
Sorgen der Zukunft über Bord zu werfen, gestand sie sich ein.
Sie bräuchte sich ihm nur hinzugeben
und wie die Wolken zu sein, die sich an einer Bergwand sammelten und mit herrlicher
Kraft auftankten – bis die Welt unter Donner und Blitzen explodierte und der
Regen begann, der die Wolken und die Bergwand zu einem einzigen Wesen
hermetisch zusammenschweißte.
Alles auf sich beruhen lassen ...
Und es wäre so leichtfertig.
Wenn nicht endlich unsere Aussprache
stattfindet, sagte
sich Holly verzweifelt, dann werde ich eines Tages aufwachen und sehen, daß
er sich zusammen mit all meiner Liebe in Nichts aufgelöst hat.
Ohne daß er jemals wirklich an meine
Aufrichtigkeit hatte glauben können.
Unwillig löste sie sich von seinen
liebkosenden Lippen. »Linc, wir müssen miteinander
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