Wie Tyler Wilkie mein Leben auf den Kopf stellt und was ich dagegen tun werde: Roman (German Edition)
Ty?«, fragte ich Bogue.
Er zuckte die Achseln. »Zuletzt habe ich ihn kotzend auf dem Männerklo gesehen. Ich habe ihm gesagt, wenn er heute Abend Mist bauen würde, könnte er ja immer noch zurück in das Bestattungsunternehmen gehen, in dem er früher gearbeitet hat, da hat er gesagt, ich soll mich verpissen.«
Ich bekam allmählich selbst Magenschmerzen. Und wenn er es tatsächlich versaute? Wenn er sich vor all diesen berühmten Leuten blamierte? Einen kleinen Patzer würde vielleicht die Band übertönen können.
Jetzt wurde auch das Fußvolk eingelassen, unter ihnen die Mädchen vom Streetteam, alle aggressiv sexy mit hohen Absätzen, tiefen Dekolletés und dickem Make-up. Sie besetzten mehrere Tische hinten an der Bar. Der Club füllte sich schnell.
»Ich bin so nervös!«, flüsterte Peg.
»Ich auch!«
Als Vorgruppe trat eine Sängerin auf, an die ich mich kaum noch erinnern kann. Dann kam Tys Band auf die Bühne, und mit ihr ein Standup-Comedian, den jeder zu kennen schien. Er kündigte Tyler an. »Es wird eine Menge Buzz um diesen Typen gemacht«, sagte der Comedian. »Ich hab aber noch nie etwas von ihm gehört, ich mag keine Musik. Schnell weg hier, bevor er loslegt. Tyler Wilkie!« Jubel und lauter Applaus.
Tyler erschien, ein bisschen linkisch und wahnsinnig süß in seinem T-Shirt mit Planwagenradmotiv, zerrissenen Jeans und ausgelatschten Stiefeln. Er nahm Platz, griff nach seiner Gitarre, ein Scheinwerfer wurde auf ihn gerichtet, und das Publikum wurde still.
Er fing an zu spielen, hielt aber plötzlich inne.
Das Herz klopfte mir bis zum Hals.
Leise dankte er allen für ihr Kommen. Dann begann er erneut, mit einem Song, den ich noch nicht gehört hatte. Ob er nervös war, war ihm nicht anzumerken.
Ich entspannte mich, als ich hörte, dass er sein Programm mit noch mehr Kreativität und Brillanz durchspielte als sonst. Er versenkte sich ganz in seine Musik und wirkte wie weggetreten. Ich fragte mich, wie es für ihn sein mochte, hinaus ins Publikum zu blicken und diese vertrauten Gesichter zu sehen, Menschen, mit deren Musik er aufgewachsen war und die nun ihm zuhörten.
Als ich mich in ihn hineinversetzte, kamen mir die Tränen. Auch Peg hatte feuchte Augen. Die Tatsache, dass wir beide Ty so sehr mochten, schweißte uns noch enger zusammen.
Er wechselte zum Klavier und stimmte ein langsames, sinnliches Intro zu einem Stück an, das ich zu kennen glaubte, aber nicht recht einordnen konnte.
»Meine Freundin Grace hat mich auf dieses Stück gebracht«, sagte er.
Dann begann er zu singen.
Es war Feel It , mein absolutes Lieblingslied von The Kick Inside , dem Kate-Bush-Album – ein erotikgeladenes, weiches zärtliches Stück über eine Frau, die nach einer Party mit einem Mann nach Hause geht und, na ja, mit ihm im Bett landet. Ich hätte mir niemals träumen lassen, dass ein Mann es in dieser leisen, hinreißend blues-geladenen Art singen könnte.
Mir brach allmählich der Schweiß aus. Ich sah mich im Saal um. Die Frauen hingen an seinen Lippen, und sogar die Männer hörten ihm aufmerksam zu.
Der Song war vorbei. Es war so still, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können.
Dann brach tosender Applaus los. Er hatte jede einzelne Frau in dem Laden berührt und wahrscheinlich auch ein paar Männer.
Bevor er den nächsten Song anstimmte, trank er in tiefen Zügen ein Bier und hielt die Flasche ans Gesicht. »Entschuldigt, mir ist ein bisschen heiß.«
Die Mädchen vom Streetteam kreischten.
Er spielte noch eine weitere halbe Stunde, aber das war nur eine nette Dreingabe. Es war ziemlich klar, dass der Deal längst in trockenen Tüchern sein musste, egal welche Größen aus der Musikbranche anwesend waren.
Als er geendet hatte und das Licht im Saal eingeschaltet wurde, kletterte er von der Bühne und wurde sofort von Leuten umringt, die von ihren Tischen aufstanden, um ihm zu gratulieren. Wir würden eine Weile warten müssen.
Ich ging zur Damentoilette, überglücklich über Tys gelungenen Auftritt. Unterwegs stellte mir eine Frau ein Bein. Ich fing mich wieder und drehte mich um. Die Frau lächelte mich an und zwinkerte mir zu. »’tschuldigung, Grace.«
Ich hatte sie schon bei anderen Auftritten gesehen, erinnerte mich aber nicht an ihren Namen.
Ich kehrte an unseren Tisch zurück und verkündete Peg, Bogue und Alison, dass ich gehen würde.
»Aber warum denn?«, fragte Peg.
»Weil ein durchgeknalltes Groupie es auf mich abgesehen hat. Sie hat mir auf dem Weg
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