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Wie Tyler Wilkie mein Leben auf den Kopf stellt und was ich dagegen tun werde: Roman (German Edition)

Wie Tyler Wilkie mein Leben auf den Kopf stellt und was ich dagegen tun werde: Roman (German Edition)

Titel: Wie Tyler Wilkie mein Leben auf den Kopf stellt und was ich dagegen tun werde: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shelle Sumners
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Grüne. Ich kehrte von einem Besuch der Cloisters zurück und ließ sie in einem katastrophalen Moment geistiger Umnachtung auf dem Sitz der Straßenbahn stehen. Als sich die Türen schlossen, erkannte ich, was ich getan hatte. Ich stand an der Haltestelle Christopher Street und sah, wie sie davonfuhr. Mit meinem Handy. Meinem Portemonnaie. Und allem anderen, was ich möglicherweise brauchen würde. Diese Tasche war mein Sicherheitsnetz, mit ihr war ich gegen alle möglichen Widrigkeiten des Lebens in New York City gewappnet. Jetzt musste ich mich ohne Netz und doppelten Boden durchs Leben kämpfen.
    Da erlitt ich meine zweite ausgewachsene Panikattacke. Ein junger Mann indianischer Abstammung sah, wie ich hyperventilierte und weinte und führte mich zu einer Bank. Er gab mir seine ungeöffnete Wasserflasche und schickte einen zweiten hilfsbereiten Fremden zu einem Polizisten neben dem Fahrkartenautomaten, um ihm von meiner flüchtigen Tasche zu berichten. Er setzte sich zu mir und ließ mich nicht allein, während mindestens drei weitere Bahnen ankamen und abfuhren, bis ich mich in der Lage fühlte, nach Hause zu fahren. Als ich ihm dankte und mich von ihm verabschiedete, fragte er, ob er mich einmal zum Mittag- oder Abendessen einladen dürfe. In einem anderen Leben, einem, in dem ich jemals wieder etwas mit einem Mann zu tun haben wollte, hätte ich bestimmt ja gesagt, denn er war sehr nett und attraktiv.
    Doch ich erwiderte, ich sei keine gute Gesellschaft und ließ ihn stehen. Ich bemitleidete mich selbst bis zum Gehtnichtmehr, war aber auch sauer auf mich. So ging das nicht mehr weiter, ich musste etwas unternehmen.

    An jenem Abend schrieb ich auf einem Spiralblock den Masterplan für den Rest meines Lebens nieder. Ich würde damit anfangen, im neuen Jahr einen neuen Job zu suchen, eine Arbeit, mit der ich mich identifizieren und in die ich meine Stärken und meine Begeisterung sinnvoll investieren konnte.
    Ich nahm mir vor, besser auf mich zu achten. Ich würde mehr Brokkoli essen und zum Joga gehen. Ab und zu eine Haarmaske und Fußcreme anwenden. Die Online-Version der New York Times abonnieren.
    Vielleicht würde ich auch mehr Zeit mit Dan verbringen. Er hatte mir mit seinem Rat so sehr geholfen, als ich heulend im Waldorf lag.
    Ich würde mir eine wesentlich kleinere Tasche zulegen und versuchen, mutiger und spontaner zu leben.
    Als ich zu Bett ging und in der Dunkelheit lag, fühlte ich mich fast zuversichtlich nach den vielen Wochen der Verzweiflung. Dann erinnerte ich mich daran, was in meinem Portemonnaie gewesen war. Tys Studentenausweis mit dem unglaublich süßen Foto von ihm.
    »Du wolltest ihn sowieso wegwerfen«, sagte ich laut.
    »Na klar«, erwiderte ich mir selbst.
    Ich sagte noch etwas anderes, aber Unverständliches, weil ich inzwischen schon wieder heulte.

    Ein paar Tage nach dem Verlust meiner Tasche hatte ich ein Meeting mit Bill, Ed und Mitarbeitern der Herstellungsabteilung, um einige Layoutentwürfe für das amerikanische Geschichtsbuch durchzugehen. Ich übergab Bill den Ordner mit den Bildern, die wir bisher zusammengetragen hatten.
    Wir hatten ein wundervolles Bild von Häuptling Agueybana, der Juan Ponce de Leon an der Küste Floridas willkommen heißt. Eine Karte von Virginia aus dem Jahr 1612, veröffentlicht von John Smith. Die elegante erste Seite aus dem Originalvertrag über den Kauf Louisianas (die Menschen damals konnten so kunstvoll schreiben!). Eine Fotografie von Harriet Tubman aus dem Jahr 1880. Bill blätterte sie alle kommentarlos durch, was bedeutete, dass wir einen guten Lauf hatten.
    Doch bei dem berühmten Bild Thomas Jeffersons von Rembrandt Peale aus dem Jahr 1805 hielt er inne.
    »Was ist denn, Bill?«, fragte ich.
    »Hm, ich denke gerade, wie trocken dieser ganze Stoff ist. Der ist für Elfjährige, richtig?«
    »Ja, sechste Klasse.«
    »Lasst uns etwas Lustiges machen. Statt dieses langweiligen Präsidentenbildes zum Beispiel einen Eisbecher.«
    »Wie bitte?«
    »Na, habe ich nicht irgendwo gelesen, dass Jefferson das Speiseeis erfunden hat?«
    »Ich glaube nicht, dass er es erfunden hat«, erwiderte Ed. »Er hat lediglich aus Frankreich ein Rezept für Vanilleeis nach Amerika mitgebracht.« Er kritzelte etwas auf seinen Notizblock und stieß mich unter dem Tisch an.
    Ich las: Mach den Mund zu.
    »Wir sollten ihnen etwas präsentieren, was sie tatsächlich interessiert. Alle Kinder mögen Eis.«
    »Bill«, gab ich zu bedenken. »Eiscreme. Hatten wir das

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