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Wie Tyler Wilkie mein Leben auf den Kopf stellt und was ich dagegen tun werde: Roman (German Edition)

Wie Tyler Wilkie mein Leben auf den Kopf stellt und was ich dagegen tun werde: Roman (German Edition)

Titel: Wie Tyler Wilkie mein Leben auf den Kopf stellt und was ich dagegen tun werde: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shelle Sumners
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was ich mit meinem Leben anfangen wollte.
    Als dann der Anruf kam, dass ich den Job bei SASS bekommen hatte, hatte ich das Gefühl, dass die Zukunft offen vor mir lag. Hauptsache, es gelang mir, nicht wieder auf ganzer Linie Mist zu bauen!
    Ich war froh, Pegs Zimmer verlassen zu können, nachdem ich dort einen Monat lang mit ihr zusammengelebt hatte. Sie hatte einen neuen Freund, Jim, einen attraktiven Hippie-Zahnarzt, den sie im Bio-Supermarkt im Gang mit den Vitaminpräparaten kennengelernt hatte, und die beiden hatten keinerlei Privatsphäre. Gerade waren sie für eine Woche zu einer romantischen Winterreise aufgebrochen. Eigentlich hatte ich geplant, Weihnachten in Unterwäsche auf dem Sofa zu verbringen und CNN zu gucken, aber ich musste Peg versprechen, die Wohnung zu verlassen. Also fuhr ich zu meiner Mutter.
    Wenn man Julia etwas mitzuteilen hat, muss man sorgfältig den richtigen Zeitpunkt wählen. Nachdem sie also mehrere Gläser Eierpunsch intus hatte und der Papst seine Fernsehansprache hielt, erwähnte ich ganz nebenbei meinen bevorstehenden Jobwechsel. Bei dem Wort gemeinnützig erlitt sie einen anaphylaktischen Schock.
    »Ich kann es nicht glauben, dass du deine Karriere als Lektorin aufgibst!«
    »Ich weiß.«
    »Du hast so hart dafür gearbeitet!«
    »Das stimmt, aber es ist vorbei. Wahrscheinlich werde ich auch bei der SASS einige Publikationen betreuen.«
    »Du bist naiv und begehst einen riesigen Fehler.«
    Ich schwieg. Allmählich lernte ich, dass man nicht immer mit Verständnis seitens seiner Mitmenschen rechnen konnte. Und dass man sich irgendwie damit abfinden musste.
    Am ersten Weihnachtsfeiertag verhielt sich meine Mutter ungewöhnlich. Mehrmals tätschelte sie mir ohne ersichtlichen Grund die Schulter. Sie strich mir das Haar hinter die Ohren und lächelte mich an. Am Abend, als sie mich zum Bahnhof brachte, entfaltete sich vollends das Julia-Barnum-Weihnachtswunder.
    »Grace – es tut mir leid, dass ich dich als naiv bezeichnet habe. Ich wollte nicht zynisch sein. Ich finde deine neue Arbeit toll und bin froh, dass du etwas gefunden hast, mit dem du dich wirklich identifizierst.« Sie drückte meinen Arm. »Ich möchte dir ein bisschen Geld geben. Wie viel brauchst du?«
    »Ich komme schon zurecht, Mom. Danke dir.«
    »Gut. Aber bitte sag mir Bescheid, wenn du Hilfe brauchst, ja?«
    »Natürlich. Du wärst die Erste, an die ich mich wenden würde.«

    Es war meine letzte Arbeitswoche bei Spender-Davis , und ich hatte nichts zu tun. Ich sah mir alte Comedysendungen auf YouTube an, leerte meine Ordner und packte das Wenige, was ich mitnehmen wollte, in eine Kiste.
    Ich räumte die Schreibtischschubladen aus. Meine Güte, was sich darin für ein Krimskrams ansammelt! Ineinander verhakte Büroklammern. Ein angelaufener Messinganstecker bei dem die Nadel fehlte. Offene, undichte Zuckertütchen. Rotstifte ohne Kappe. Klebrige Münzen. Eine als Globus bemalte Murmel, die schon in der Schublade gelegen hatte, als ich das Büro bezog. Die war hübsch, die wollte ich gerne mitnehmen. Bei dem Versuch, sie in meine Jeanstasche zu stecken, fiel sie mir unter den Schreibtisch. Ich tauchte hinterher.
    Abgetragene schwarze Boots verdunkelten den Durchgang zu meinem Arbeitsplatz. Unwillkürlich erkannte ich einen charakteristischen Kratzer auf dem linken Stiefel, wurde mucksmäuschenstill und verkroch mich in meine Furnierholzhöhle wie ein erschrockenes Kaninchen.
    Er kam herein und klopfte auf den Tisch. »Geht’s dir gut da unten?«
    Ich reckte mich gerade so weit, dass ich über die Tischplatte gucken konnte. »Was machst du denn hier? Wie bist du reingekommen?«
    »Die Frau am Empfang kannte mich von meinen Auftritten und hat mich durchgelassen.«
    »Warum bist du hier?«
    »Würdest du an einem einfachen Hallo ersticken?«
    Ich krabbelte unter dem Schreibtisch hervor, setzte mich steif, mit verschränkten Armen auf meinen Stuhl und sagte: »Hallo. Also, warum?«
    »Ich wollte dich zum Mittagessen einladen.«
    Ich starrte ihn an. Er starrte mich an. Ich blinzelte zuerst. »Für eine halbe Stunde könnte ich wohl weg. Freitag ist mein letzter Tag, und ich packe schon mal.«
    »Okay. Ich warte unten auf dich.«
    Er ging. Ich atmete aus, vergrub mein Gesicht in den Händen und versuchte, mich zu sammeln. Ich nahm meine Tasche und meine Jacke und machte auf dem Weg zum Aufzug kurz in der Toilette halt.
    Ich sah furchtbar aus. Ungeschminkt. Auf meinem Kinn wuchs ein Pickel. Die Haare trug ich zu zwei

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