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Wie viel ist genug?: Vom Wachstumswahn zu einer Ökonomie des guten Lebens. (German Edition)

Wie viel ist genug?: Vom Wachstumswahn zu einer Ökonomie des guten Lebens. (German Edition)

Titel: Wie viel ist genug?: Vom Wachstumswahn zu einer Ökonomie des guten Lebens. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Skidelsky , Edward Skidelsky
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einer technisch fortgeschrittenen Kultur zu tun haben,
die das Bevölkerungswachstum kontrolliert,
ist es sehr unwahrscheinlich, dass unserem Planeten die Nahrungsmittel, die Energie und andere lebensnotwendige Dinge ausgehen werden. Die Lebensqualität auf einem solchen Planeten steht freilich auf einem anderen Blatt.
    Aber Malthus’ Argument kann noch eine andere, drängendere Form annehmen. Was ist, wenn die endgültigen Grenzen des Wachstums nicht in den »Quellen« liegen, sondern in den »Abflüssen«, nicht im Angebot an Öl und anderen industriellen Rohstoffen, sondern in der Kapazität der Erde, die Abfallprodukte zu absorbieren? Die Umweltverschmutzung reagiert nicht auf die üblichen Marktmechanismen. Sie ist ein Beispiel für das, was Ökonomen als einen »negativen externen Effekt« bezeichnen: Ihre negativen Folgen schlagen sich nicht in Preisen nieder, deshalb besteht eine Tendenz zur Überproduktion im Verhältnis zu den wahren Kosten. Umweltverschmutzung lässt sich nur durch kollektives Handeln in den Griff bekommen. Und das Handeln muss global sein, weil die Wirkungen von Umweltverschmutzung oft weit entfernt vom Ort ihrer Entstehung spürbar werden.
    Die öffentliche Diskussion wird heute von einem bestimmten Umweltschadstoff beherrscht: dem Kohlendioxid, das durch die Verbrennung von Kohle, Gas und Öl in die Atmosphäre gelangt, den drei Quellen, die 80 Prozent der weltweit verwendeten Energie liefern. Seit der industriellen Revolution ist die Konzentration von Kohlendioxid in derAtmosphäre kontinuierlich gestiegen und steigt weiter. Das ist besorgniserregend, weil Kohlendioxid zu den Gasen gehört, die verhindern, dass die von der Sonne erzeugte Wärme in die Atmosphäre entweichen kann. Je mehr die Konzentration steigt, desto wärmer wird es auf der Erde. Der »anthropogenetische (menschengemachte) Treibhauseffekt« gilt als die Hauptursache der Erderwärmung.
    Die Erderwärmung ist nach ihrer Art und Größenordnung etwas ganz anderes als die von Malthus beschworenen Szenarien. Zu den erwarteten Folgen der Erderwärmung zählen Überflutungen, Dürren, Seuchen und im schlimmsten Fall die Ausrottung des menschlichen Lebens. Die Erderwärmung zu stoppen, erfordert nicht einfach, diesen oder jenen Luxus aufzugeben, sondern auf Kohle, Erdgas und Erdöl zu verzichten – den Lebenssaft der industriellen Zivilisation. Für all jene, die die industrielle Zivilisation nie mochten, ist das ein guter Ausgangspunkt. Der Klimaaktivist George Monbiot drängt die Regierungen der reichen Länder, sie sollten »die Wachstumsraten so nahe bei null halten wie möglich«.[ 5 ] In ähnlicher Weise argumentiert der Berater für Nachhaltigkeitsfragen Tim Jackson, nur der vollständige
Wachstumsstopp
könne uns vor einer globalen Katastrophe bewahren; ermutigend fügt er noch hinzu, dass wir dadurch auch glücklicher würden.[ 6 ]
    Wir stimmen zu, dass für die reiche Welt Wachstum kein vernünftiges langfristiges politisches Ziel mehr ist. Aber das betrachten wir als eine ethische Wahrheit, nicht als eine Folgerung aus wissenschaftlichen Fakten. So ernsthaft die Probleme durch die Erderwärmung sind, sie allein verlangen nicht, dass wir uns vom Wachstum abwenden. Dazu bedarf es der zusätzlichen Annahme, die allerdings weithin geleugnet wird, dass Wachstum ab einem bestimmten Punkt grundsätzlich unerwünscht und diese Schlussfolgerung zwingend ist. Unter dem Deckmantel einer pragmatischen Notwendigkeit wurde ein ethisches Ideal eingeschmuggelt – ein in unserer utilitaristischen politischen Kultur vertrauter Kunstgriff.
    Häufig werden jene, die den wissenschaftlichen Konsens über die Erderwärmung infrage stellen, als »Klimawandel-Leugner« bezeichnet– der Begriff ist die Entsprechung, mit ähnlichem Beigeschmack, zum »Holocaust-Leugner«. Wir leugnen den Klimawandel nicht. Unsere Zweifel betreffen die wirtschaftlichen Implikationen, nicht die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Erderwärmung. Dies vorab zur Klarstellung. Aber darüber hinaus sind die wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht so eindeutig, wie oft behauptet wird. Die Klimaforschung ist ein junges Gebiet, auf dem noch vieles unsicher und umstritten ist. Sie ist auch hochgradig politisiert, auf beiden Seiten der Debatte sind mächtige wirtschaftliche und staatliche Interessen im Spiel. Nicht einmal der Weltklimarat (IPCC, Intergovernmental Panel on Climate Change), die weltweit wichtigste Organisation von Klimaexperten, ist über jeden

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