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Wie viel Mensch braucht ein Hund: Tierisch menschliche Geschichten (German Edition)

Wie viel Mensch braucht ein Hund: Tierisch menschliche Geschichten (German Edition)

Titel: Wie viel Mensch braucht ein Hund: Tierisch menschliche Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Maja Nowak
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ich ihn mit meinen Fingern nicht erreichen kann. Ich darf ihn weder zu fest noch zu leicht berühren. Auch Hunde korrigieren sich mit dem, was ihnen in der jeweiligen Situation zur Verfügung steht: mit den Pfoten, Zähnen, dem Maul, der Breitseite, dem Hintern oder dem Kopf. Die moralische Bewertung fehlt ihnen dabei vollkommen. Das habe ich von ihnen gelernt.
    Zusätzlich setze ich einen Tempowechsel ein, der der Dynamik des Suchtdruckes entgegenwirken soll. Sobald der Druck bei Wilson steigt, erhöhe ich das Tempo rasant, damit der Druck nicht weiter ansteigen kann und Wilson alle Energie in den Spurt legen muss. Verhält sich der Hund ruhig, verlangsame ich das Tempo, um die Ruhe zu unterstützen. Ich wende diese Technik noch mehrere Male an, während derer S-Bahnen an uns vorüberfahren, bis Wilson, ohne auf die Bahn zu reagieren, neben dem Rad laufen kann.
    Dann steige ich ab, lasse Wilson trinken und bitte die Frau zu übernehmen. Als auch ihr das Ganze gut gelingt, wechseln wir zum Kong. Dabei werfe heute ich, und sie korrigiert Wilson, wenn er ihn unerlaubt nehmen will.
    »Plopp, plopp, plopp«, der Kong springt im weiten Zickzack über die Wiese. Mir wird klar, dass ich mir ein großes Laufpensum vorgenommen habe, wenn ich ihn immer wieder einsammeln will.
    »Wilson, scht!«, die Frau springt dem Hund entgegen, als dieser dem Spielzeug folgen will. Der Hund stoppt und setzt sich.
    »Das war schon sehr gut, bis auf zwei Dinge. Zum einen sollten Sie, bevor Sie den Kong abwerfen, Wilson davon informieren, ob dieser tabu oder ok ist. Da Sie ihm Beute wie den Beißarm ja weiter erlauben wollen, sollte er immer erfahren, wie er mit ihr umgehen soll, damit er es nicht wieder rauschhaft tut.
    Zum anderen ist es besser, nicht den Namen Ihres Hundes mit einer Korrektur zusammen zu verwenden. Bei ›Wilson, scht!‹ ist er ungut mit ihr verbunden.«
    »Aber wenn man mehrere Hunde hat, wie sollen sie wissen, wer gemeint ist?«, fragt die Frau nach.
    »Hunde verwenden doch auch keine Namen«, antworte ich lachend. »Gemeint ist einfach immer der, der angeschaut wird. Das ist bei Hunden so wie bei uns Menschen. Wenn wir zum Beispiel in einem Laden stehen, und eine Stimme ruft laut: »Können Sie mal zur Seite treten!«, wenden sofort alle den Kopf, um zu sehen, wer gemeint ist. So ist das auch, wenn in einer Hundegruppe eine Warnung ›ausgesprochen‹ wird. Alle blicken kurz hin, um zu sehen, wer damit gemeint ist.«
    Plötzlich taucht in meinem Blickfeld der Bongospieler auf. Er geht gerade hinüber zu »seiner« Stelle bei der Baumgruppe. »Hallo, Musiker, hast du kurz Zeit?«, rufe ich ihm zu. Er ändert die Richtung und steht kurz darauf strahlend vor mir.
    »Na, Chefin. Immer im Einsatz, was?«
    »Genau wie du«, antworte ich lachend und zeige auf die Bongos unter seinem Arm. »Es ist toll, dass du gerade kommst. Könntest du mir und dem Hund da vielleicht einmal helfen?«, frage ich ihn.
    »Klar, ich habe Zeit. Geil, dann bin ich ab jetzt Hundetrainer-Assistent«, erklärt er fröhlich.
    Ich bitte ihn, sich mir gegenüberzustellen, damit wir uns den Kong in schnellem Tempo zuwerfen können. Dann beginnen wir. Die Frau fährt mit dem Fahrrad und Wilson neben sich los. Sie korrigiert Wilson, wenn er auf die Beute reagieren will, und beschleunigt dabei das Tempo. Reagiert er nicht, fährt sie langsam weiter. Der Bongospieler und ich versuchen mehrere Male vergeblich, den Kong zu fangen, weil dieser nach jedem Aufprall die Richtung wechselt, aber die Wege verkürzen sich für mich durch seine Mitarbeit doch erheblich.
    Zehn Minuten lang arbeiten wir wie ein tadelloses Uhrwerk zusammen. Wilson hat seit fünf Minuten auf keinen Wurf mit dem Kong mehr reagiert. Zehn S-Bahnen konnten an uns vorbeifahren. Wilson trabt in einem so gleichförmigen Rhythmus, als richte er sich nach den imaginären Trommelschlägen des Bongospielers. Seine Gesichtszüge haben den Ausdruck eines Langstreckenläufers angenommen: völlig gelöst und mit ganzer Hingabe laufend.
    »Und jetzt das Ganze ohne Fahrrad, im Gehen«, schlage ich vor. Noch einmal werfen der Bongospieler und ich uns den Kong zu, während die Frau mit Wilson über das Gelände an uns vorbeiläuft. Ein Kong springt neben dem Hund auf den Boden. Er blickt nicht einmal mehr zur Seite.
    »Daaaanke«, rufe ich freudig wie ein Regisseur nach einer erfolgreich abgedrehten Filmszene.
    Die Frau hebt die Hände. »Uff! Ich glaub es nicht. Er guckt den Kong nicht einmal mehr an.« Sie

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