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Wie weit du auch gehst ... (German Edition)

Wie weit du auch gehst ... (German Edition)

Titel: Wie weit du auch gehst ... (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Stefanie Höll
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sie aber gewähren. Das körperwarme Metall fühlte sich fast angenehm in ihren kalten Fingern an, auch wenn sie nicht umhinkam, festzustellen, wie scharf die Klinge war, denn sie glitt durch den Stoff ihres Pyjamas wie durch warme Butter. Hastig trennte sie einen langen Streifen aus dem Oberteil und legte das Messer vorsichtig im Fußraum ab.
    Silas schenkte ihr ein schnelles Lächeln, als sie den Stoff zusammengeknüllt auf seine Wunde presste. »Danke.«
    Constanze nickte, brachte aber keinen Ton mehr heraus, weil sie zusah, wie rasch sich das Päckchen dunkel verfärbte. Schleichend sickerte das erlebte Grauen durch ihren Schockzustand und zerrte an ihrem Nervenkostüm. Nur mit Mühe gelang es ihr, die Tränen zurückzuhalten. Sie blinzelte immer noch heftig, als sie Silas’ Haus erreichten.
    Er hielt vor der Garage, kam um den Wagen herum, und öffnete die Beifahrertür. Constanze rutschte aus dem Sitz und wollte die Füße auf den Kies stellen, da beugte er sich schon über sie.
    »Warte, lass mich.« Ohne ihre Antwort abzuwarten, fasste er unter ihre Beine und hob sie aus dem Wagen.
    »Nicht, dein Arm.«
    »Der hält das schon noch aus.« Um seine Mundwinkel zuckte ein Lächeln. Er verriegelte den Wagen und machte sich auf den Weg zur Haustür. »So schwer bist du nicht.«
    Dort angekommen schloss er auf, trat ins Haus und gab der Tür mit dem Fuß einen Tritt, sodass sie hinter ihm wieder ins Schloss fiel. Er setzte Constanze ab, um sich gleich darauf von ihr wegzudrehen. Verblüfft beobachtete sie, wie er den Lichtschalter unter dem Schlüsselhaken aufklappte und die Alarmanlage entschärfte. Sie hatte bei ihrem Besuch vor einigen Tagen nicht einmal bemerkt, dass es eine gab. Daher hatte er also gewusst, dass sie im Haus war.
    Als er sich ihr wieder zuwandte, vergaß sie ihre Überlegungen und fixierte stattdessen seinem Arm. Obwohl sie während der Fahrt unaufhörlich auf die Verletzung gedrückt hatte, war die Blutung nicht wesentlich schwächer geworden. Kein gutes Zeichen.
    »Wir müssen unbedingt deine Wunde versorgen.«
    Silas warf einen raschen Blick darauf und nickte. »Gleich.« Er schlüpfte aus Schuhen und Weste, bevor er mit geübten Bewegungen sämtliche Waffen ablegte.
    Eine ganze Menge, wie Constanze feststellte. Er war für einen Krieg gerüstet gewesen. Offenbar hatte er damit gerechnet, dass es einen Zwischenfall geben würde und sich darauf vorbereitet. Gott sei Dank, dachte sie beklommen, denn ansonsten wäre sie nicht mehr am Leben.
    »Wo hast du denn das Verbandsmaterial?«, fragte sie, sobald er sich wieder aufrichtete, und drückte die Kompresse auf seinen Arm.
    »Oben im Bad.«
    Dicht nebeneinander stiegen sie die Treppe hinauf. Constanze schluckte. Diese Stufen war sie erst wenige Tage zuvor mit ihm hinabgestürzt. Heute Nacht hatte er zum zweiten Mal ihretwegen Kopf und Kragen riskiert.
    Im Badezimmer angekommen öffnete Silas den Spiegelschrank und nahm zielsicher einige Fläschchen sowie Verbandszeug heraus. Constanze überlegte unwillkürlich, ob er sich schon häufiger hatte verarzten müssen. Sein Beruf war nicht gerade das, was man geruhsam nannte.
    Als er sich das Shirt über den Kopf streifte, blieb ihr Blick an seinem nackten Oberkörper hängen. Wie oft musste sie ihn wohl noch betrachten, ehe sie sich an seinen fantastischen Anblick gewöhnt hatte? Sie wusste es nicht, aber mehr als zweimal auf jeden Fall …
    Immerhin verstand sie jetzt, warum sein Körper nur aus Kraft und Schnelligkeit bestand. Er war seine Lebensversicherung, die Garantie, dass er flinker und härter reagieren konnte als jeder Gegner.
    Ohne Scheu legte sie die Hand auf seine Brust und dirigierte ihn auf den Hocker neben dem Waschbecken. Als er sich gesetzt hatte, tastete sie vorsichtig den Rand der Wunde ab.
     
    *
     
    Constanze neigte sich so weit vor, dass ihre Haare seine Unterarme kitzelten.
    »Die Kugel hat mich nur gestreift. Ich brauche einen Druckverband, mehr ist nicht nötig«, murmelte Silas, ganz abgelenkt von dem seidigen Gefühl auf seiner Haut. Zum ersten Mal, seit er Constanze kannte, trug sie die glänzenden Strähnen offen. Sie reichten ihr bis knapp über die Hüfte und waren um einiges länger, als er vermutet hatte. Umgeben von dem schimmernden kastanienbraunen Vorhang wirkte sie mehr denn je wie eine Elfe. Eine, die im Augenblick massiv unter Schock stand. Silas’ Unterkiefer verspannte sich, weil er spürte, wie sehr ihre Hände zitterten, während sie ihm half, die Wunde

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