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Wie weit du auch gehst ... (German Edition)

Wie weit du auch gehst ... (German Edition)

Titel: Wie weit du auch gehst ... (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Stefanie Höll
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ihn zu küssen. Silas wehrte sich kein bisschen. Augenblicklich lehnte er sich an sie, drückte sie ein weiteres Mal gegen die Mauer und küsste sie mit einer Intension zurück, die Constanzes Knochen in Gelee verwandelten. Er hielt sie fest. Dann legte er keuchend seine Stirn gegen ihre. »Ich muss gehen«, wiederholte er. Unablässig liebkoste er ihren Körper, unfähig, den Hautkontakt länger als ein paar Sekunden zu unterbrechen.
    »Nein, bitte.« Constanze klang genauso außer Atem.
    »Ich muss.«
     
    *
     
    Constanze schluckte. »Wann sehe ich dich wieder?«
    »Bald.« Er berührte zärtlich ihre Wange – und fort war er. Mit zwei Schritten in der Dunkelheit verschwunden.
    Constanze kippte seufzend den Kopf gegen die Wand. Tief atmend versuchte sie, ihren galoppierenden Herzschlag wieder einzufangen. Was hätte sie dafür gegeben, einfach mit ihm gehen zu können. Aber damit wäre keinem geholfen, weder ihm noch ihr. Dass Michael nichts von Silas’ Anwesenheit wusste, war ein entscheidender Vorteil. Vielleicht der entscheidende Vorteil. Den durften sie nicht einfach leichtfertig aufgeben, nur weil sie zusammen sein wollten.
    Diszipliniert stieß sie sich von der Fassade ab und strich sich die Kleidung glatt. Die sorgfältigen Bewegungen halfen ihr, wieder zur Ruhe zu kommen. Mit neu gewonnener Kraft trat sie auf die Straße. Wenige Sekunden später setzte sie ihren Weg fort, als hätte der kleine Abstecher in die Seitengasse nie stattgefunden.
    Constanze blickte sich weder um noch machte sie andere Bewegungen, die auf ihre innere Nervosität schließen ließen. Sie marschierte einfach weiter. Eine Frau, die jeden Abend zu Fuß nach Hause ging. Nie, nicht in tausend Jahren, würde jemand vermuten, dass sie wenige Stunden zuvor die Klinge mit ihrem brutalen Exmann gekreuzt hatte.
     
    Nachdem Constanze das Glas in die Spüle gestellt hatte, schaltete das Licht aus. Sie wartete einen Moment, bis sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, dann näherte sie sich dem Wohnzimmerfenster. Vorsichtig spähte sie auf die Straße hinunter. Nichts.
    Ohne sich zu bewegen, wartete sie einige Minuten. Suchend glitt ihr Blick über die dunkle Umgebung. Immer noch nichts.
    Seltsam. Entweder ihre beiden Verfolger hatten sich gut versteckt, oder sie waren schlichtweg fort und hatten tatsächlich ihre Spur verloren, nachdem Silas sie in die Gasse gezogen hatte.
    Sie verharrte noch weitere zehn Minuten – mit demselben Ergebnis. Außer einer alten Frau mit Hund, die sich als die Dame aus 1B entpuppte, und einem jugendlichen Radfahrer blieb ihr Sichtfeld menschenleer. Etwas streifte ihre Beine. Constanze fuhr herum und hätte vor lauter Anspannung beinahe aufgeschrien. Leises Miauen drang zu ihr herauf.
    »Mr. Pepper!« Seufzend presste sie eine Hand auf ihr klopfendes Herz. »Du kleines Ungeheuer. Du hast mich zu Tode erschreckt.« Sie ging in die Hocke und nahm den Kater auf den Arm. Kopfschüttelnd blickte sie in seine halb geschlossenen grünen Augen. »Wenn du dich noch mal hinterrücks an mich heranschleichst, liefere ich dich beim nächsten Chinesen ab, hast du verstanden?«, schalt sie ihn, kraulte aber liebevoll seinen Kopf.
    Nach einem letzten Blick auf die Straße brachte sie ihn zur Haustür und entließ ihn auf seinen nächtlichen Streifzug. Nachdenklich ging sie ins Bad und putzte sich die Zähne. Dass sie Silas nirgends entdecken konnte, war kein Wunder, aber diese Männer? Nach der plumpen Art, wie sie sich bisher benommen hatten, gehörten sie wohl nicht gerade zu den Meistern der Überwachung. Es schien fast, als wollte Michael sie absichtlich spüren lassen, dass er über jeden ihrer Schritte genauestens informiert war. Das nannte man psychologische Kriegsführung. Michaels Spezialgebiet …
    Mit ungutem Gefühl kontrollierte sie jedes der Sicherheitsschlösser, die sie noch am Tag ihres Einzugs an allen Fenstern und Türen angebracht hatte. Noch immer stand ihr vor Augen, wie wenig Schutz selbst ihr relativ sicheres Haus in Köln geboten hatte. Auch wenn sie letztendlich nichts gegen einen gewaltsamen Einbruch ausrichten konnte, hoffte sie doch, die Riegel würden lange genug halten, um ihr einen Anruf bei der Polizei zu ermöglichen.
    Wie an jedem Abend beendete sie ihren Rundgang in Eliahs Zimmer. Ihr Sohn war erst vor wenigen Minuten eingeschlafen. Er war völlig aus dem Häuschen gewesen, als sie ihm erzählt hatte, dass Silas heute leibhaftig und topfit in der Buchhandlung erschienen war.

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