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Wie weit du auch gehst ... (German Edition)

Wie weit du auch gehst ... (German Edition)

Titel: Wie weit du auch gehst ... (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Stefanie Höll
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einen Rückzug war es zu spät. Dafür fehlte ihr schlichtweg die Zeit. Beherzt ging sie der Frau entgegen, fest entschlossen, ihr Vorhaben wie geplant in die Tat umzusetzen.
    »Hallo, was kann ich für Ihre Haare tun?«, begrüßte die Friseurin sie mit einer Stimme, deren weicher Singsang in krassem Gegensatz zu ihrem Furcht einflößendem Äußeren stand. Als Constanze den fachmännischen Blick sah, mit dem die Frau ihre geflochtenen Haare ins Auge fasste, entspannte sie sich ein wenig. Vielleicht war ihre Wahl doch nicht so verkehrt gewesen. Sie holte Luft. »Ich möchte mich verändern.«
    Das Gesicht der Frau leuchtete begeistert. »Wirklich, das höre ich gern.« Sie fasste nach dem dicken mokkabraunen Zopf. »Woran hatten sie gedacht? Strähnchen? Ein wenig stufen? Mehr würde ich nicht machen, sie haben wirklich tolle Haare. Ganz außergewöhnlich dicht und …«
    »Danke. Eigentlich dachte ich eher an Platinblond … und kurz. So bis hier etwa.« Sie zeigte die Länge an.
    Die Augen der Friseurin weiteten sich ungläubig. »Ehrlich jetzt? Sind Sie sicher? Das ist ja wirklich ein ganz schöner Schritt. Haben Sie sich das auch gut überlegt?«
    Constanze nickte und hob das Kinn ein wenig. »Ja.«
    »Okay.« Die Frau grinste unternehmungslustig. »Dann lassen Sie uns gleich mal loslegen.«
    Während Constanze ihr zu einem Spiegelplatz folgte, sah sie sich diskret um. Außer ihr gab es nur noch eine weitere Kundin. Eine ältere Dame, die dermaßen in eine Zeitschrift vertieft war, dass sie keinen Blick in ihre Richtung verschwendete. Constanze seufzte erleichtert und setzte sich in den Sessel. Je weniger Zeugen ihre Umwandlung in Andrea mitbekamen, desto besser. Sie neigte sich helfend vor, als die Frisörin ihr schwungvoll den Umhang um die Schultern legte. Darunter krampfte sie die Hände ineinander. Jetzt kam es darauf an. Der wichtigste Teil ihrer Tarnung hing vom Geschick dieser Frau ab.
     
    Eineinhalb Stunden später betrachtete Constanze verblüfft ihr Spiegelbild. Sie sah komplett anders aus. Wie eine Fremde, wie eine Schickimicki-Tussi … wie Andrea. Die Ähnlichkeit war bereits jetzt frappierend und würde mit Andreas Sonnenbrille und Kleidung noch zunehmen. Constanze drehte prüfend den Kopf hin und her. Das müsste eigentlich locker ausreichen, um Michaels Torwache hinters Licht zu führen. Unentwegt zupften ihre Finger an den kurzen blonden Fransen. Was Silas wohl dazu sagen würde?
    Es dauerte einen Moment, bis ihr auffiel, dass die Friseurin offenbar auf irgendeine Reaktion wartete. Constanze ließ ein begeistertes Lächeln erblühen, obwohl ihr eher nach Weinen zumute war. Ihre schönen langen Haare. Sie kratzte ihre Stimme zusammen. »Ganz toll. Genauso habe ich es mir vorgestellt. Danke!«
    Die Friseurin nickte zufrieden. »Das freut mich. Die meisten Kundinnen bekommen einen Mordsschreck, wenn sie sich nach so einer Veränderung zum ersten Mal im Spiegel sehen.«
    Völlig zu recht, stimmte Constanze ihr in Gedanken zu und bemühte sich, nicht weiter an ihren nicht mehr vorhandenen Haaren herumzufummeln. Nachdem sie bezahlt und ein großzügiges Trinkgeld gegeben hatte, fuhr sie zum Supermarkt.
    Ihre Einkaufsliste war denkbar kurz. Andreas roter Nagellack. Eine Taschenlampe samt passender Batterien und etwas Verpflegung.
    Kurz darauf sperrte sie die Tür zu ihrem Motelzimmer auf. Aus dem Badezimmer drang keinerlei Laut, alles war unverändert. Erleichtert ließ Constanze die Schlüssel aufs Bett fallen und stellte das Fernsehgerät aus. Gleich darauf hörte sie ein Ächzen, dann wurde heftig an die Badtür gehämmert. »Helfen Sie mir. Ich bin hier drin. Eine wahnsinnige Irre hat mich eingesperrt.«
    Constanze schüttelte lächelnd den Kopf. Offenbar hatte Andrea sich noch nicht beruhigt.
    »Hallo? Wer ist denn da?«
    Constanze entriegelte die Tür und öffnete sie. »Die wahnsinnige Irre.«
    Andrea blinzelte einige Sekunden in das dunklere Zimmer, dann schnappte sie ungläubig nach Luft. »Was …« Sie kniff die Augen zusammen. »Meine Haarfarbe steht dir nicht«, beschied sie dann herablassend. »Du siehst damit wie ein billiges Flittchen aus.«
    »Oh danke.« Constanze lächelte zufrieden. »Jetzt bin ich mir wenigstens sicher, dass die Täuschung funktioniert.«
    Im gleißenden Neonlicht der Badbeleuchtung konnte sie deutlich sehen, wie Andreas Gesicht vor Wut rot anlief. Ehe ihre Gefangene Gift und Galle spucken konnte, drückte Constanze ihr das gekaufte Sandwich und die

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