Wie weit du auch gehst ... (German Edition)
Kosmetik- und Wellnesstermine sah, schob sie den letzten Rest an Gewissensbissen, die sie sich wegen Andrea noch gemacht hatte, beiseite. Diese Frau verdiente einen Mann wie Michael.
Ihre Finger glitten über das dünne Papier, während sie die aktuellen Termine durchlas. Sie hatte Glück. Michael war den ganzen Tag unterwegs. Andrea hatte akribisch notiert, wo sie ihn erreichen konnte. Volltreffer. Der Weg zu Silas war frei. Zumindest bis zwanzig Uhr, denn da war eine Reservierung zum Abendessen für zwei Personen vermerkt. Und so wie Constanze Michael kannte, würde er sich vorher nochmals zu Hause umziehen.
Sie blickte auf die Uhr. 15:24. Sie musste sich beeilen, wollte sie ihm nicht direkt in die Arme laufen. Ohne zu zögern, suchte sie die Autoschlüssel des Mercedes aus dem Haufen an Lippenstiften und Schminkutensilien und rückte ihre Fensterglasbrille unter der Basketballmütze zurecht. Kurz bevor sie das Zimmer verließ, stellte sie das Fernsehgerät an. Nur für den Fall, dass Andrea tatsächlich auf die Idee kam, ein nie da gewesenes Schreikonzert zu veranstalten.
Sie setzte sich hinter das Steuer des CLKs und fuhr zur Tankstelle zurück. Wie befürchtet stand mittlerweile einer der Angestellten vor ihrem Wagen und blickte sich ratlos um.
Constanze stoppte direkt neben ihm. »Das ist aber nett, dass sie auf den Wagen aufgepasst haben«, redete sie ohne Einleitung los. »Meiner schwangeren Schwester wurde plötzlich schlecht, da hab ich sie ins Krankenhaus gefahren. Ich bin gerade mit ihren Sachen wieder auf dem Weg dorthin.« Sie setzte eine bittende Miene auf. »Macht es Ihnen etwas aus, wenn der Wagen bis morgen Mittag auf Ihrem Parkplatz stehen bleibt?« Constanze biss sich auf die Zunge. Langsam log sie schon richtig professionell.
Der junge Mann musterte sie freundlich. »Nein. Ich denke, das geht schon in Ordnung.« Er grinste breit. »Ich bin selbst vor einer Woche Vater geworden. Was kriegt ihre Schwester denn?«
Constanze setzte ihr strahlendstes Lächeln auf. »Ein Mädchen.« Insgeheim betete sie, dass der frischgebackene Vater nicht ausgerechnet jetzt vorhatte, sie in eine Fachsimpelei zu verstricken. Dafür hatte sie keine Zeit. Leider sah es ganz danach aus, denn der Mann begann regelrecht zu schwärmen und schien kein Ende mehr zu finden. »Meine Frau hätte auch gern ein Mädl gehabt«, erzählte er, als Constanze nervös einen Blick auf die Uhr riskierte. »Mir war ein Junge lieber. Sie wissen schon, Nachfolger und so …«
Sie nutzte rasch seine Atempause. »Ja, äh. Bitte entschuldigen Sie. Aber meine Schwester wartet im Krankenhaus auf mich. Ich sollte langsam mal los …«
»Ja, natürlich. Entschuldigung.« Verlegen trat er einen Schritt zurück. »Ich wollte Sie wirklich nicht aufhalten. Meine Frau sagt auch immer, ich rede viel zu viel.« Er sah so betreten aus, dass er Constanze richtig leidtat.
»Kein Problem, ist nicht weiter schlimm. Es war nett, mit Ihnen zu plaudern, ehrlich.«
Er wurde rot. »Wenn Sie möchten, kann ich Ihren Wagen um die Ecke fahren und den Schlüssel an der Kasse hinterlegen. Sie können ihn jederzeit dort abholen.«
»Das wäre wirklich sehr freundlich. Vielen Dank.« Ohne lange zu zögern, drückte Constanze ihm die Schlüssel in die Hand. Diese Lösung war genial, denn so war der Mietwagen nicht nur optimal versorgt, sondern gleichzeitig auch noch leicht zugänglich, weil die Tankstelle direkt an der Hauptstraße lag.
Er trat einen Schritt zurück. »Also bis morgen dann. Und viele Grüße an ihre Schwester.«
»Danke. Die werde ich ihr ausrichten.« Constanze fuhr langsam los, winkte noch kurz und bog auf die Straße ein. Hoffentlich fuhr sie nicht in die falsche Richtung. Sie hatte keine Ahnung, wo das hiesige Krankenhaus lag.
Offenbar benahm sie sich unauffällig, denn der nette Tankwart winkte zurück und stieg in den Mietwagen. Constanze lehnte sich erleichtert im Sitz zurück. Das war noch mal gut gegangen.
Kaum war sie außer Sichtweite, bog sie in eine Nebenstraße und hielt schon wenig später vor dem Friseurgeschäft, das sie mithilfe des Telefonbuchs ausfindig gemacht hatte.
Die Tür quietschte schwergängig, als sie den Salon betrat. Sofort sprang eine Frau von einem Drehstuhl auf und flatterte ihr entgegen. Eine Frau mit schwarzgrün gefärbten Haaren und Nasenpiercing … Constanze schluckte. Himmel, wo war sie denn da hingeraten? Vielleicht hätte sie doch ein weniger abgelegenes Geschäft auswählen sollen. Doch für
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