Wie weit du auch gehst ... (German Edition)
»Wer hätte das gedacht? Du bist wegen ihm hier. Ein neuer Liebhaber, in so kurzer Zeit? Constanze«, er schnalzte tadelnd mit der Zunge, »du erstaunst mich. Du wirst ja langsam …« Plötzlich stutzte er, dann breitete sich ein fieses Grinsen auf seinem Gesicht aus. »Nein. Kein neuer …«, murmelte er und pfiff leise durch die Zähne. »In meinem Keller logiert der Magier … Habe ich recht?« Er packte sie an den Haaren und schüttelte sie grob.
Der Schmerz trieb Constanze Tränen in die Augen, trotzdem blieb sie ihm die Antwort schuldig.
Michael brauchte auch keine. Er hatte längst eins und eins zusammengezählt. Voller sadistischer Vorfreude warf er den Kopf zurück und lachte. »Das wird ja immer besser. Ausgerechnet der tot geglaubte Magier. Das ist ja das reinste Leichentreffen hier … und wie ein Sechser im Lotto. Er und ich haben sowieso noch ein Hühnchen zu rupfen.« Seine Augen glitzerten. »Vielleicht lass ich dich zuschauen, wie er abkratzt – oder umgekehrt, ich weiß noch nicht so genau.« Er leckte sich die Lippen.
»Haber, Larsen«, rief er über die Schulter nach den beiden Wachmännern, die inzwischen ums Haus herumgekommen waren und in gebührendem Abstand warteten. »Ich möchte mich mit der Gespielin des Magiers«, die letzten Worte ließ er sich genüsslich auf der Zunge zergehen, »privat unterhalten.«
Er warf Haber Constanzes Waffe zu. »Sorgt dafür, dass unser Gast aufwacht. Es wäre doch zu schade, wenn ihm dieses Event entgeht. Und noch was …« Er verzog das Gesicht. »Sucht Andrea.« Mit diesen Worten zerrte er Constanze an den Haaren zur Treppe.
*
Silas ballte die Hände. Kalter Hass peitschte durch seine Adern, während er verfolgte, wie Michael mit Constanze umsprang. Jede einzelne Faser seines Körpers, sein gesamtes Fühlen und Denken schaltete auf Killermodus. Dieses Mal würde er Michael von Richtstetten schlachten. Der Mann hatte gerade sein persönliches Todesurteil unterzeichnet. Zuzusehen, wie dieses Schwein seine dreckigen Finger an Constanze legte … Das war schlimmer als jede Folter, die sie ihm angetan hatten.
Aus verengten Augen beobachtete er, wie Michael Constanze ins Haus schleifte. Jeden Muskel bis zum Zerreißen gespannt wartete er, bis die Wachmänner das Feld geräumt hatten, dann hechtete er zwischen den Büschen hervor.
*
Michael zwang Constanze durch die Eingangshalle, direkt die Treppe hinauf. Sie stolperte mehrmals, doch das kümmerte ihn nicht. Constanze ahnte, dass er sie ins Kaminzimmer bringen würde. Aufgrund der dicken Holzvertäfelung war der Raum so gut wie schalldicht. Nicht, dass das eine Rolle gespielt hätte. Es hatte schon früher niemanden interessiert, was Michael dort veranstaltete. Die Erinnerung an das, was er ihr auf dem massiven Schreibtisch angetan hatte, ließ Constanze das Entsetzen unter die Haut kriechen. Es war offensichtlich, warum Michael auch jetzt diesen Raum auswählte. Genau aus diesem Grund.
Ohne ihr auch nur eine winzige Chance auf Flucht zu lassen, riss er die Tür auf und schleuderte sie in den Raum. Constanze fühlte sich in die Vergangenheit zurückversetzt. Sie strauchelte und fiel. Hastig rappelte sie sich wieder auf. Wie erwartet lähmte sie das blanke Grauen, als sie die altbekannten Einrichtungsgegenstände sah. Die schweren Brokatvorhänge waren zugezogen, im Kamin brannte ein heimeliges Feuer. Eine geradezu höhnische Atmosphäre für den Albtraum, der sich hier bald abspielen würde. Constanze betete inbrünstig, dass Silas oder sie nicht in diesem Raum starben. Sie konnte nur hoffen, dass ihm mittlerweile die Flucht gelungen war.
»Na, kennst du die?« Michael packte ihren Oberarm und wirbelte sie herum, bis sie sah, was er meinte. Das Terrarium mit den Skorpionen stand neben der Kaminbrüstung. »Ich gehe mal davon aus, dass du deine Abneigung vor Skorpionen nicht überwunden hast.« Er lachte gemein. »Vielleicht darfst du später zusehen, wie der Magier mit ihnen Freundschaft schließt.« Der Gedanke schien ihm zu gefallen. »Ich wollte schon immer mal testen, ob man an dem Gift wirklich so qualvoll krepiert, wie es immer heißt.«
Constanze würgte. Angst schnürte ihr die Kehle zu. Nicht nur um sich, sondern vor allem um Silas. Sie konnte sich denken, wie Michael ihn als seinen Gefangenen behandelt hatte. Aber das war noch nichts gegen das, was er ihm nun antun würde, jetzt, da er wusste, dass er der Magier war – und der Mann, den sie liebte. Ein doppelter
Weitere Kostenlose Bücher