Wie weit du auch gehst ... (German Edition)
sie ihren Knöchel. Immer noch besser, als Daniel anzublicken. Die Lippen aufeinandergedrückt verfolgte sie, wie er mit flinken Bewegungen den Verband um ihren Fuß wickelte. Sie beugte sich weiter vor, einzig darauf aus, sich von ihm abzulenken. Fast hätte sie es geschafft – bis ihre Wange versehentlich sein Haar streifte. Sie zuckte zurück.
»Tut’s weh?«
»Nein. Es … entschuldige.« Nicht einmal, wenn ihr Leben davon abgehangen hätte, hätte Constanze es in diesem Moment fertiggebracht, seinem Blick zu begegnen. Schon gar nicht aus dieser geringen Entfernung.
Daniel zog die Lagen sorgfältig fest. »Geht’s oder soll ich es etwas lockerer machen?«
Irgendwann musste Constanze wohl oder übel aufblicken. Noch ausgiebiger konnte sie ihren Fuß beim besten Willen nicht betrachten. Vorsichtig schielte sie zu ihm hoch. Gleich im nächsten Moment wünschte sie, sie hätte es nicht getan.
Sein Gesicht war dem ihren nah genug, dass sie kleine dunkle Splitter in seinen hellen Iris erkennen konnte. Gefrorene Sterne. Atemberaubend.
Ihr Herz pochte mit einem Mal laut gegen ihre Rippen. Überdeutlich wurde ihr bewusst, wie wenig er sich hätte vorbeugen müssen, um sie küssen zu können. Das war nicht gut.
Trotzdem rührte sie keinen Muskel. Die Intensität dieses Augenkontakts wirkte wie ein Energiefeld, das sie vollkommen in sich gefangen hielt. Gebannt starrte sie ihn an. Seine dichten schwarzen Wimpern senkten sich leicht. Eine minimale Bewegung mit einer ungemein sinnlichen Wirkung … Nein, gar nicht gut. Er würde doch nicht …
Adrenalin schoss durch ihre Blutbahnen und durchbrach die Bewegungslosigkeit. Verstört lehnte sie sich zurück. »Der Verband sitzt genau richtig, danke«, krächzte sie, bereit, alles zu bestätigen, was ihn auf Abstand brachte.
»Keine Ursache.« Daniel sicherte den Verband mit einer Klammer und trat einen Schritt zurück. Constanze unterdrückte ein erleichtertes Stöhnen. Wenn er ihr weiterhin so zusetzte, starb sie an einem Herzinfarkt, noch bevor sie dreißig war.
Er reichte ihr eine Hand und half ihr von der Stufe auf.
Erstaunt spürte sie, dass der Schmerz sich in Grenzen hielt. Sie ging einige vorsichtige Schritte durch den Flur.
Daniel striegelte sich die Haare aus der Stirn. »Und? Besser?«
»Viel besser.«
Eliah kam die Treppe heruntergerannt. »Alle Fenster sind zu, können wir jetzt los?«
Constanze nickte. »Wir können.«
Als sie langsam die Stufen zur Straße hinunterstiegen, linste sie heimlich in Daniels Richtung. Eine verwirrende Mischung aus Erleichterung und Enttäuschung geisterte durch ihren Körper. Fast so, als hätte sie einen bevorstehenden Fallschirmsprung in letzter Sekunde abgebrochen. Resolut schüttelte sie den Gedanken ab. Welch abwegiger Vergleich. Wahrscheinlich war diese Empfindung bloß ein Produkt ihrer überreizten Nerven. Doch schon, als sie sich diese Erklärung zurechtlegte, schwante ihr, dass die knisternde Spannung zwischen ihnen mitnichten Einbildung gewesen sein konnte.
Sie verdrängte das beunruhigende Thema und warf stattdessen einen Blick auf die Uhr. Die Bahn fuhr in knapp zwanzig Minuten. Wenn sie keine weitere Zeit mehr vertrödelten, konnten sie es noch schaffen.
Daniel neben ihr, der ihre Zeitkontrolle richtig deutete, schüttelte den Kopf. »Wir nehmen den Wagen«, schlug er rücksichtsvoll vor und zeigte auf einen schwarzen, einige Meter entfernt parkenden BMW. Constanze blieb die Spucke weg. Das war sein Wagen?
Eliahs Reaktion ging in dieselbe Richtung: »Wow!« Staunend marschierte er auf das edle Sport-Coupé zu. »Ist das echt deiner? Der ist ja stark.«
Daniel zuckte unbekümmert die Schultern. »Ich bin geschäftlich viel unterwegs. Der Wagen ist quasi mein zweites Zuhause.« Er entriegelte das Fahrzeug, öffnete die Beifahrertür und ließ Eliah auf die Rückbank klettern. Dann wartete er, bis Constanze eingestiegen war, bevor er um das Coupé herumging.
Ehrfürchtig bestaunte sie den Innenraum. Sie hatte ganz vergessen, wie schön teure Wagen waren. Michael hatte nur solche Autos gefahren. Kraftpakete, deren Anschaffungskosten jenseits von Gut und Böse lagen. Es hatte etwas Befremdliches, wieder ihn solch einem Fahrzeug zu sitzen.
Daniel stieg ein und drehte sich zu Eliah um. »Alles klar da hinten? Bist du angeschnallt?«
»Kann losgehen.«
»Das schaffen wir locker. Was meinst du«, wandte sich Daniel an Constanze. »Ist die Zoobrücke schneller als über die Deutzer?«
»Um diese Zeit
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