Wie weit du auch gehst ... (German Edition)
draußen …
Wie von einer Tarantel gestochen fuhr sie auf. Von draußen? Und bekannt klang es auch. Eigentlich hörte es sich genauso an wie ein … Motorrad.
Ihr Herz wollte einfach stehen bleiben. O nein! Daniel war hier. Das war nicht gut, das war gar nicht gut. Sie musste sich verstecken. Sofort!
Adrenalin schoss mit der Macht einer Scudrakete durch ihre Blutbahnen und mobilisierte sämtliche Kräfte. Mit einer Geschwindigkeit, die sie unter normalen Umständen nie zustande gebracht hätte, rannte sie los; in irrsinnigem Tempo durch den Kellerraum und die Stufen hinauf. Gehetzt warf sie die Tür hinter sich zu und sah sich um.
Wo sollte sie hin? Wo nur? Wo?
Sie entschied sich fürs Obergeschoss, dort kannte sie sich inzwischen wenigstens ein bisschen aus. Sie spurtete sie die Treppe hinauf. Vielleicht hatte Daniel bloß etwas vergessen, würde kurz ins Haus kommen und danach wieder verschwinden. Er würde bestimmt nicht …
Ihre törichten Überlegungen fanden ein jähes Ende, als ihr einfiel, dass sein Auto gut sichtbar vor dem Haus stand. Genauso wie ihre Handtasche gut sichtbar auf dem Tisch lag.
Ihre Tasche samt Waffe … was war sie doch für eine dämliche Idiotin.
13.
Der Magier
S ilas stieg langsam von der Maschine. Constanze war da. Zugegeben, als der Alarm seines Handys ihm angezeigt hatte, jemand habe den Sicherheitsbereich des Hauses verletzt, war sie ihm kurz durch den Kopf gegangen. Aber dann hatte er den Gedanken wieder verworfen, überzeugt, dass sie den Ersatzschlüssel in dem Geheimfach unmöglich gefunden hatte. Ein Irrtum.
Offensichtlich hatte er nicht nur ihren wachen Verstand, sondern auch ihr Misstrauen unterschätzt. Silas rieb sich den Nacken. Er konnte nur hoffen, die Situation noch irgendwie retten zu können, falls Constanze bereits den Zugang zum Keller entdeckt hatte. Stumm betete er, dass ihm das erspart blieb.
Er betrat die Villa. Auch ohne ihre Handtasche, die wie ein symbolischer Leuchtpfeil mitten auf dem Tisch lag, wusste er, dass sie noch im Haus war. Das Sicherheitssystem hatte eine Unterbrechung angezeigt, nicht zwei.
Er ging zur Kellertür und fluchte saftig, als ihm das Fehlen des dünnen Kontrollfadens am Türrahmen bestätigte, dass sie tatsächlich schon unten gewesen war. Dem naiven Wunschtraum, sie würde vielleicht nicht erkennen, was sie dort vorfand, gab er sich keine Sekunde hin. Constanze war die ehemalige Frau eines Waffenhändlers. Nach den Details, die sie über von Richtstetten ausgepackt hatte, wusste sie über dessen Geschäft bestens Bescheid. Sie erkannte einen Waffenkoffer, wenn sie einen sah. Hundertprozentig. Von den umfangreichen Unterlagen ganz abgesehen …
Da das Kind ohnehin in den Brunnen gefallen war, entschied Silas, den Stier besser gleich bei den Hörnern zu packen. »Constanze, ich weiß, dass du im Haus bist«, rief er. »Wir müssen reden. Bitte zeig dich.«
*
Constanze, oben hinter der Schlafzimmertür, presste die Zähne aufeinander. Daniel hatte sich nicht einmal mehr die Mühe gemacht, sie mit Sabine anzusprechen. Was für ein gemeiner Mistkerl.
Sie schwieg verbissen. Sollte er doch kommen und sie suchen. Er würde sie ohnehin umbringen. Niemand deckte die Identität des Magiers auf und überlebte.
Einen Moment lang herrschte Stille, dann hörte sie federnde Schritte auf der Treppe. Constanze drückte sich gegen die Wand. Woher wusste er, dass sie hier oben war? Die Antwort war denkbar einfach. Er wusste es nicht. Daniel hatte schlichtweg richtig geraten. Sein Spürsinn war beachtlich, aber so leicht würde sie es ihm nicht machen.
Wie ein kleines Energiebündel kauerte sie sich hinter der Tür zusammen, bereit, sofort loszupreschen, falls er sie entdeckte, was realistisch betrachtet eine Frage von wenigen Sekunden war.
»Constanze, bitte. Ich werde dir nichts tun.«
Seine angenehme Stimme klang bereits so nah, dass Constanze die Luft anhielt. Ihr Herz pochte inzwischen dröhnend laut. Sie war überzeugt, wenn er stehen blieb, würde er es ebenfalls hören.
Schon bewegte sich die Tür, ein Schatten fiel über sie. Constanze sprang auf. Ihre gesamtes Denken zentrierte sich nur noch auf eines: Flucht.
Sie stieß beide Hände gegen Daniels Brust und zwängte sich in Lichtgeschwindigkeit an ihm vorbei. Aber sie war nicht schnell genug. Bei Weitem nicht. Nach nur einem halben Meter hatte er sie schon am Ellbogen gepackt.
«Warte!«
»Lass mich los, lass mich sofort los!« Schluchzend trat
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