Wie weiter?
inzwischen die Hälfte des gesamten Geldvermögens bei sich angehäuft.
Das ist ein riesiges soziales, wirtschaftliches und demokratisches Problem.
Die gesamten Staatsschulden addieren sich auf zwei Billionen Euro. Durch eine jährliche Besteuerung des Vermögens einer Person von mehr als einer Million Euro, eine weitere sozial gerechte Steuerreform und eine einmalige Vermögensabgabe ließen sich die öffentlichen Schulden ohne Haushalts- und Sozialkürzungen abbauen und darüber hinaus eine sozialere und ökologischere Zukunft gestalten.
DIE LINKE klagte gegen den Fiskalpakt und den ESM-Vertrag. Die politischen Gründe liegen darin, dass die wirtschaftspolitische Offenheit des Grundgesetzes beseitigt wird, indem eine europäische Schuldenbremse eingeführt wird, die auch durch verfassungsändernde Mehrheiten nicht mehr aufgehoben werden kann, und dass eines der zentralen demokratischen Rechte – das Haushaltsrecht des Bundestages – deutlich eingeschränkt wird. Selbst Urteile des Bundesverfassungsgerichts könnten nur dann noch nationales Recht mit prägen, wenn das durch die Kommission genehmigt wird. Es ging uns um eine Möglichkeit, diese Entwicklung noch zu stoppen.
16. Die Demokratie verteidigen
W essen Demokratie? Hat die Demokratie wirklich Eigentümerinnen und Eigentümer, oder fallen wir hier nur auf eine sprachliche Täuschung herein? Das Irritierende ist, dass die Frage nach Eigentümerinnen und Eigentümern der Demokratie kein Thema der Sprachphilosophie ist, sondern uns praktisch längst schon bedrängt.
In der Antike bis in die frühe Neuzeit wurde die Demokratie als die Herrschaft der Vielen bestimmt. Das bedeutete nicht die Herrschaft aller oder wenigstens der Mehrheit (Sklaven, Frauen, Zugewanderte galten nicht als Bürger der Athener Polis). Es geschah aber in Abgrenzung zur Aristokratie (Herrschaft der Wenigen) und natürlich in Abgrenzung zur Monarchie (Herrschaft eines Einzigen), wobei es hier Misch- und Verfallsformen geben kann. Interessant ist, wenn wir schon auf die Antike zu sprechen kommen, eine Bestimmung des Thukydides, dem ersten wirklichen Historiker: »Die Verfassung, die wir haben […] heißt Demokratie, weil der Staat nicht auf wenige Bürger, sondern auf die Mehrheit ausgerichtet ist.«
Diese Bestimmung wird dem Athener Strategen Perikles in den Mund gelegt. Interessant sind hier die Formulierungen Verfassung und Mehrheit der Bürger – nicht der Menschen. Es geht um die Organisation der politischen Willensbildung.
Dieses Motiv hat sich bis heute erhalten, findet aber wichtige Ergänzungen. War in der mittelalterlichen Theologie Gott der Souverän, die weltlichen Herrscher allenfalls so etwas wie Platzhalter des Gottgewollten, so erhält Souveränität durch den Prozess der Säkularisierung eine zwar säkulare, aber doch noch eigentümlich metaphysische Bedeutung. Ausgerechnet Carl Schmitt hat das bemerkt. Souveränität ist die außer- und vorrechtliche Fähigkeit eines wie auch immer strukturierten Gemeinwesens, Recht hervorzubringen. In der Spätaufklärung nimmt der Souveränitätsbegriff endlich die Gestalt der Volkssouveränität an. Wichtig dabei ist, dass »Gewaltenteilung« zwar die Machtverteilung innerhalb eines institutionell gegliederten Gemeinwesens betrifft, nicht aber die Willensbildung durch das Volk beinträchtigen darf. Nehmen wir als Beispiel die Bundesangelegenheiten.
Die Bundesregierung (Exekutive) kann zwar Vorlagen erstellen, aber keine Gesetze beschließen. Die Exekutive soll lediglich den Willen des Gesetzgebers vollziehen, und Letzterer kontrolliert die Regierung beim Vollzug. Für den Vollzug ist natürlich auch Macht erforderlich, aber auch für die Bindung der Exekutive an Gesetze ist Macht erforderlich. Macht wird institutionell verteilt. Im Konfliktfall kann eine dritte Macht – die Justiz – entscheiden.
Die Geschichte der parlamentarischen Regierungsformen war immer auch ein Kampf um die Eroberung von Souveränitätsrechten. Es gibt also auch »Gewaltenteilungen«, die auf Kosten ungeteilter Souveränität gehen. Eine Dimension dieses Kampfs war immer die Frage der Öffentlichkeit. Die Herstellung von Öffentlichkeit ermöglicht erst die Rückbindung gewählter Gremien wie Parlamente an den eigentlichen Souverän, das Volk.
Dann finden wir eine Auseinandersetzung darum, welche Politikbereiche Angelegenheit der Regierung bzw. des Parlaments sind. Als Karl Marx die Parlamente noch mit Debattierclubs vergleichen konnte, bezog er
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