Wiederkehr des Bosen
gebeichtet?«, wollte Cam wissen. »Ja und nein«, antwortete Alex. »Er fing an zu reden. Schien es wirklich loswerden zu wollen. Aber kein Wort darüber, was denn nun eigentlich passieren wird. Ich weiß nur, dass es am Sonntagnachmittag passieren soll, also am Tag, bevor die Schule wieder anfängt.«
»Und kurz nachdem wir abgereist sind«, ergänzte Cam. An der Wohnwagentür hing ein Vorhängeschloss. Als sie näher kamen, sahen sie, dass das Schloss mit roher Gewalt geöffnet worden war. Jemand musste in den Wohnwagen eingebrochen sein. Alex schob das zerbrochene Schloss aus dem Riegel und zog langsam die Tür auf. Die rostigen Scharniere kreischten metallisch durch den stillen Wald. Cam griff hastig nach Alex' Hand und presste sie hart. Alex zuckte schmerzhaft zusammen und sah Cam an. »Was ist los? Siehst du irgendetwas?«, flüsterte sie. »Nein, nichts. Ich ... Du darfst da nicht allein reingehen. Wir gehen zusammen.«
»Okay. Dann also ...« Alex tastete mit dem Fuß im Schnee nach dem Betonblock, der als Treppe gedient hatte, und schob den Schnee herunter. Dicht hintereinander zwängten sie sich durch die enge Tür.
Drinnen war es dunkel und eiskalt. Die dichten, schmutzigen und alten Holzjalousien waren heruntergelassen. Ein eisiger Luftzug blies durch den Wagen und Schneeflocken wirbelten im engen Küchenbereich herum. Bevor sich Alex' Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, zeigte Cam auf ein riesiges Loch im Boden, durch das die Schneeflocken und der Luftzug hereinkamen. Alex bemerkte den Gestank zuerst. Er kam vom hinteren Teil des Wohnwagens - ein widerlicher, schwerer, süßlicher Geruch, der in diesem Moment durch den Luftzug zwischen dem Loch im Boden und der offenen Tür ein wenig erträglicher gemacht wurde. Alex unterdrückte einen Brechreiz, hielt sich die Hand vor Mund und Nase und riss mit der anderen Hand die Jalousien nacheinander hoch.
Auf dem Boden vor dem Küchenblock waren Stofffetzen und zusammengeknüllte alte Zeitungen aufgehäuft, daneben war eine große Lache aus Öl oder Terpentin zu sehen. Die Lache verströmte einen beißenden Geruch -aber es gab noch den anderen Geruch, den Alex zuerst bemerkt hatte. Und er war viel, viel widerlicher. »Oh nein«, stöhnte Cam und schob den Schal über Mund und Nase. Sie deutete in eine Ecke, die früher Alex' »Zimmer« gewesen war. »Dort drüben - dort liegt etwas. Auf dem Boden.«
Alex folgte ihrem Blick. Die Falttür, mit der sich ihr »Zimmer« vom Rest des Wagens abtrennen ließ, war zurückgeschoben. In dem engen Durchgang, halb im Zimmer und halb außerhalb, lag etwas seltsam Geformtes auf dem Boden, lang und verkrümmt. Im Halbdunkel sah es aus wie ein Haufen Stofffetzen oder ein aufgerollter, halb zerrissener Teppich. Aber Alex wusste sofort, dass es etwas anderes war. Dort lag, eingewickelt in alte Decken, eine Leiche.
Cam ging einen Schritt darauf zu und stolperte über etwas, was auf dem Boden lag. Alex bekam gerade noch rechtzeitig ihren Arm zu fassen, sonst wäre Cam direkt auf die Leiche gefallen. Cam schrie auf, und Alex erschrak so heftig, dass sie ebenfalls schrie.
Beide zitterten am ganzen Körper. Cam war über einen Stiefel gestolpert - einen spitzen Cowboystiefel mit hohem Absatz. Alex fasste den Stiefel mit zitternden Fingerspitzen an und hob ihn hoch, während Cam mit weit aufgerissenen Augen den grauenhaft entstellten Körper anstarrte, der vor ihnen auf dem Boden lag. Cam konnte durch die Decken sehen, in die der Körper eingewickelt war. Ihre Knie gaben nach. Sie packte Alex' Arm, um nicht umzufallen. »Das ... ist eine ... Leiche«, würgte sie mühsam hervor. »Ein Mann.« Sie wurde von plötzlicher Übelkeit gepackt, ihr Magen drehte sich um. Alex Herzschlag pochte so laut, dass sie kaum noch ihre eigene Stimme hören konnte. »Ist er das?«, stieß sie hervor. »Ist das Ike?«
Cam presste sich die Hand vor den Mund, um sich nicht übergeben zu müssen, und Alex fiel ein, dass ihre Schwester gar nicht wusste, wie Isaac Fielding aussah. Anders als ihre Schwester konnte Alex nicht durch die schmutzigen, stinkenden Decken sehen, aber die Gestalt des Gegenstands auf dem Boden verriet auch ihr, dass tatsächlich eine Leiche unter den Decken lag. Aber der Gestank, der aus dem dunklen Haufen aufstieg ... der Gestank kam nicht von Ike. Ike hatte immer den schalen Geruch von verrauchten Pokerzimmern, von Schweiß und Angst verströmt, von schmutzigen, überquellenden Aschenbechern in unbelüfteten dunklen
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