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Wiedersehen in Hannesford Court - Roman

Wiedersehen in Hannesford Court - Roman

Titel: Wiedersehen in Hannesford Court - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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warten.
    Als wir uns Hannesford näherten, spürte ich, wie Reggie unruhig wurde. Das Schweigen behagte ihm nicht mehr.
    »Tom, wie war noch mal der Plan?« Vor uns tauchten die Schornsteine von Hannesford über den Baumwipfeln auf.
    »Ich dachte, wir fahren besser von hinten vor, damit du ungestört ins Haus kannst. Alle haben die strenge Anweisung, Aufsehen zu vermeiden. Deine Mutter wird vermutlich nach uns Ausschau halten, hat aber dafür gesorgt, dass alle übrigen anderswo beschäftigt sind.«
    »Natürlich. Sie möchte die Gäste nicht erschrecken.«
    Das war ungerecht. Ich wies ihn darauf hin, dass er genau darum gebeten hatte.
    »Ja, ja, ich weiß. Das Letzte, was ich mir wünsche, ist ein Empfangskomitee. Darum wollte ich auch, dass du mich abholst und die Leute im Sanatorium sich nicht an der Tür verabschieden. Weniger Theater. Ich kenne diese Abschiede, sie widern mich an. Das ist alles heuchlerisch und aufgesetzt. Ich will das nicht. Weißt du, Allen, am liebsten wäre ich gar nicht zurückgekommen. Hier wartet nichts auf mich. Ich hasse dieses Haus.«
    Inzwischen hatten wir das große Tor am Ende der Auffahrt erreicht, und ich fuhr langsam am Torhaus vorbei. Ich wusste, dass es dort drinnen jetzt Telefon gab und man Lady Stansbury vermutlich von unserer Ankunft verständigen würde. Das Haus war noch nicht zu sehen, da die Auffahrt eine Biegung machte, doch uns kamen zwei Gestalten entgegen. Susan und Lady Stansbury. Reggie stöhnte.
    »Verdammt. Da ist ja das Empfangskomitee.«
    Ich hielt mit dem Daimler neben den beiden Frauen und öffnete ihnen die Tür. Lady Stansbury war sehr blass, das war nicht zu übersehen, und ich bereute meinen Abstecher nach Stonebridge.
    »Hallo, Reggie. Tom.« Die Anspannung in ihrer Stimme war unüberhörbar. »Wir hatten euch viel früher erwartet. Alles in Ordnung?«
    »Hallo, Mama.« Reggies Gesicht war eine gleichgültige Maske, ohne jedes Gefühl. »Ich hatte doch gesagt, ich will kein Aufsehen.«
    »Das wissen wir, Reggie«, erwiderte Susan unbekümmert, doch ich merkte, dass auch ihr das Warten schwergefallen war. »Wir haben den ganzen Morgen herumgesessen und uns gedacht, wir könnten einen Spaziergang machen und nach dir Ausschau halten.«
    »Wir haben unterwegs Mittag gegessen«, erklärte ich, als ich ihr in den Daimler half. »Es war meine Idee. Tut mir leid, falls ihr euch Sorgen gemacht habt.«
    »Das ist doch Unsinn, Tom«, sagte Reggie gereizt. »Mit den beiden ist alles in Ordnung. Vom Warten ist noch keiner gestorben.« Er wandte sich zu seiner Mutter. »Ich hoffe, es kommt nicht noch jemand heraus, um mich in Empfang zu nehmen.«
    »Natürlich nicht, mein Lieber.« Lady Stansbury warf einen Blick auf den Park. »Ich habe allen Gästen gesagt, dass sie dich beim Essen sehen werden. Rowse sollte den Dienstboten erklären, dass du kein Aufsehen möchtest. Du erinnerst dich doch an ihn?«
    »Rowse? Der rüstige Rowse, der getreue Diener!« Seine Stimme troff von Sarkasmus und klang plötzlich kalt. »Natürlich erinnere ich mich an ihn. Sei nicht so gönnerhaft, Mutter. Ich habe das Gesicht verloren, nicht den Verstand.«
    Ich ließ den Motor an und hörte, wie Susan mit gezwungener Fröhlichkeit sagte, es werde sicher gleich regnen. Dann bogen wir um die Ecke, und Hannesford Court lag vor uns.
    »Du liebe Zeit!«, rief ich. »Seht euch das an.«
    Einen Moment herrschte Schweigen, dann begann Reggie leise zu fluchen.
    »Was zum Teufel soll das?« Er drehte sich zu seiner Mutter um. »Was soll das werden? Ich will das nicht, verdammt noch mal! Ich will das nicht!«
    »Aber, Reggie, ich habe ihnen gesagt …« Lady Stansburys die Stimme war nur noch ein Flüstern.
    Und dann, als ich schon glaubte, Reggie werde völlig die Beherrschung verlieren, begann Susan zu lachen.
    »Die Revolution!«, rief sie halb staunend, halb belustigt. »In Hannesford ist die Revolution ausgebrochen! Die Dienstboten sind außer Kontrolle!«
    Denn vor dem Haus hatte sich das gesamte Personal von Hannesford Court in zwei ordentlichen Reihen versammelt, um Reginald Stansbury willkommen zu heißen.
    Niemand im Wagen sprach, das schiere Erstaunen schien alle wortlos zu machen. Schließlich brachte ich den Daimler auf dem Vorplatz zum Stehen, wo der Butler und zwei Diener neben einem Rollstuhl warteten. Sie eilten herbei, um die Türen zu öffnen.
    »Was soll das alles, Rowse?«, fragte Reggie mit heiserer, ein wenig erstickter Stimme. »Ich habe doch klar und deutlich gesagt, dass ich

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