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Wiedersehen in Hannesford Court - Roman

Wiedersehen in Hannesford Court - Roman

Titel: Wiedersehen in Hannesford Court - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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kannte noch immer Leute, die mir helfen konnten, die gute Verbindungen im In- und Ausland unterhielten. Aber meine Pläne waren noch nicht sehr weit gediehen, als mich der Sommer einholte und die Rosen erblühten und Hannesford von einer berauschenden Atemlosigkeit ergriffen wurde. In jenem Sommer veränderte sich alles, was ich über mich selbst zu wissen glaubte.

A m ersten Weihnachtstag um fünf Uhr kamen die Weihnachtssänger nach Hannesford Court. Es war die vermutlich älteste aller Hannesford-Traditionen und eine, die ich sehr gern hatte. Mit ihr endete der ungeordnete Nachmittag, und der Abend begann.
    Außerdem verlieh sie dem Tag eine besondere Symmetrie. Die Weihnachtssänger wurden, genau wie die Gäste aus dem Dorf, in der Großen Halle bewirtet, wenn auch auf andere Weise. Sherry und Weißweinbowle wurden weggeräumt; man rollte ein Fass des heimischen Biers aus dem Keller und hob es auf ein Gestell am Kamin, damit sich Sänger und Publikum daran gütlich tun konnten.
    Anführer der Sänger war gewöhnlich Turner, der Wirt des Stansbury Arms, und die Chormitglieder waren Bauern und andere Bewohner von Hannesford. Die Jungen aus dem Dorf übernahmen die höheren Stimmen, und das Ensemble glich mangelnde Finesse gewöhnlich durch große Begeisterung aus. Doch es war nicht zu übersehen, dass der Chor in diesem Jahr kleiner war als sonst und der Anteil der Jungen höher; das Publikum schien jedoch fest entschlossen, über die Veränderungen hinwegzusehen, und spendete herzlichen Applaus.
    Danach zogen wir uns zum Essen um, und ich folgte den Klängen des Grammophons in die Orangerie, wo Bill Stansbury erneut sein Gefolge um sich versammelt hatte. Freddie Masters und Susan waren schon da und unterhielten sich unter einer Dattelpalme, während Lucy Flinders neben dem Sektkübel mit Denny Houghton flirtete. Von Margot und Maclean war nichts zu sehen.
    Bill begrüßte mich fröhlich und schwatzte gleich drauflos. »Champagner, Tom? Um das Bier hinunterzuspülen. Hattestdu einen schönen Spaziergang? Hier war es wie im Leichenschauhaus. Vaters Gäste haben den ganzen Nachmittag für ihren Verdauungsschlaf gebraucht.«
    »Keine Laura heute Abend?«, fragte ich gedankenlos, bevor Bills Erröten mir verriet, dass meine Frage womöglich etwas taktlos gewesen war.
    »Sie und Finch-Taylor spielen heute mit den Erwachsenen. Sie ist natürlich für jeden Spaß zu haben, aber ich glaube, Horatio hält nicht viel von dem Grammophon. Er ist manchmal ein ziemlicher Stockfisch, findest du nicht?«
    Ich bestätigte, dass mir kein größerer Stockfisch als Horatio einfiel, als sich Bills Gesichtsausdruck auf einmal veränderte.
    »Oh Himmel«, murmelte er. »Ich hatte sie fast den ganzen Nachmittag am Hals. Jetzt bist du dran, Tom, sei so gut.«
    Ich drehte mich um und erblickte Violet Eccleston, die sich mit energischen Schritten näherte. Bis sie mich erreicht hatte, war Bill schon ins Unterholz der Orangerie abgetaucht.
    »Hallo, Violet«, sagte ich grinsend. »Champagner?«
    Sie nahm das angebotene Glas ohne jede Spur von Missbilligung entgegen und schaute sich um.
    »Meinen Sie, Neil Maclean wird sich zu uns gesellen?«, fragte sie ohne Umschweife.
    »Sieht nicht so aus.«
    »Das ist schade. Ich wollte ihn nämlich etwas fragen, Captain Allen.«
    »Nennen Sie mich bitte Tom.«
    »Gut, also Tom.« Sie sah mich plötzlich interessiert an. »Wie ist denn Ihre Haltung zur Schwerindustrie?«
    Violet Eccleston besaß ein erstaunliches Talent dafür, Fragen zu stellen, deren Sinn mir völlig rätselhaft blieb.
    »Nehmen wir beispielsweise den augenblicklichen Boom. Vertrauen Sie darauf? Er kann nämlich nicht ewig dauern.Aber Sir Robert glaubt mir nicht. Er läuft Gefahr, schlimme Fehler zu begehen.«
    Ich schaute mich hilfesuchend um, vergeblich. Freddie Masters war ganz darauf konzentriert, Susan irgendeine Geschichte zu erzählen, die er mit ausladenden Gesten unterstrich.
    »Ich glaube, Neil teilt meine Ansichten. Und er hat großen Einfluss. Ich wollte ihn etwas wegen der Auslandsschulden fragen.« Sie ließ ihren Blick schweifen und bemerkte Susan. Ihre nächste Frage traf mich wie aus heiterem Himmel. »Susan hat ihren Mann sehr geliebt, nicht wahr?«
    Tatsächlich? Das war schwer zu glauben. Ich erinnerte mich an ein anderes Weihnachtsfest und Oliver Eastwell, der, das Gesicht vom Alkohol gerötet, betrunken grölte, während Harry und Julian ihm die Hose ausziehen wollten.
    »Ich glaube, das kann ich nicht

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