Wiedersehen in Hannesford Court - Roman
dass Margot ihn, falls überhaupt, mit Bedauern heiraten würde, weil sie sich eben ins Unvermeidliche fügen musste. Natürlich war mir klar, dass er eine ausgezeichnete Partie war, doch bis ich in jenem letzten Sommer nach Hannesford fuhr, hatte ich nicht verstanden, wie sehr Margot die Jagd liebte, wie sehr sie es genoss, sich die fetteste Beute zu schnappen.
Es ist eine jener Erinnerungen, auf die ich gern verzichten würde, doch ich habe sie immer noch in lebhaften Farben vor mir: das Grün der Hecken, das Sandbraun der Landstraße, das Gold der Gerstenfelder, die sich im englischen Dunst in die Ferne erstreckten. Es war mitten am Nachmittag, und der Bahnsteig roch nach heißem Teer. Der Himmel war von einem unvergleichlichen, gnadenlosen Blau. Und über allem lag die schwere, schläfrige Stille, die man zur heißesten Zeit des Tages auf Landbahnhöfen erlebt, die Stille, in der die Uhren lauter ticken. Eine Flaute zwischen zwei Herzschlägen.
Der Weg vom Bahnhof führte über Weiden, auf denen sich die Hitze im hohen Gras staute. Mehr als einmal musste ich stehen bleiben und mir den Schweiß von der Stirn wischen. Dann gelangte ich zu einem Zauntritt, und vor mir lag Hannesford Court mit offenen Armen, ein Hauch von Bernstein auf den alten Mauern. In jenem Licht und zu jener Stunde wirkte es so zeitlos wie das umgebende Land, uralt und schläfrig, friedlich in der Sonne.
Ich hatte absichtlich einen frühen Zug genommen, weil ich keine Aufmerksamkeit erregen wollte. Daher wusste niemand von meiner Ankunft, und niemand hieß mich auf den breiten steinernen Stufen willkommen. Die weiße Kiesauffahrt war verlassen, ihre sorgsam geharkte Windung frei von Reifenspuren. Ich sah mich blinzelnd um. Nichts rührte sich an der ruhigen Fassade des Hauses. Die Läden waren wegen der Hitze geschlossen. Die große Haustür aber stand offen, und ich ging hinein, ohne zu läuten.
Und dann, als ich blinzelnd über die Schwelle trat, sah ich Margot. Später in Frankreich, als es mir unmöglich schien, dass eine solche Welt je existiert hatte, erinnerte ich mich noch immer an den Duft der Rosen. Margot in Blau, der Farbton des sommerlichen Meeres, ihr blondes Haar lose aufgesteckt.
Sie tauchte aus einer Tür am hinteren Ende der Halle auf. Zwischen uns lag die ganze Große Halle im Schatten; Margot wurde von einem strahlenden Rechteck aus Sonnenlicht eingerahmt wie eine Figur auf einem alten flämischen Gemälde. Sie hatte das Gesicht von mir abgewandt und sagte etwas zu jemandem, den ich nicht sehen konnte. Ich hörte sie lachen. Dann drehte sie sich um, das Lachen noch auf den Lippen, und ihr lebhaftes Lächeln und ihre anmutige Gestalt, die sich auf mich zubewegte, erfüllten mich mit einer so heftigen Sehnsucht, wie ich sie noch nie erlebt hatte. Hätte sie mich nicht bemerkt, wäre ich wohl beiseitegetreten, weil ich mich vor mir selbst fürchtete, und hätte den Augenblick verstreichen lassen.
Doch sie sah mich. Sie blickte auf, und ihr Gesicht erstrahlte vor Aufregung, Freude und Schalk. Und auch vor Triumph. Ja, Triumph. Für sie war ich kaum mehr als eine Silhouette, die sich vor dem Licht abzeichnete, eine Gestalt, die auf der Schwelle zögerte.
»Da bist du ja!«, rief sie, und ihre Stimme klang ganz leicht vor Glück. »Wir haben uns schon gefragt, wann du kommst!« Und sie lief auf mich zu – nicht um mich zu begrüßen, das begriff ich sehr schnell, sondern den Menschen, mit dem sie mich verwechselt hatte.
Der Rest des Weihnachtstages verging recht still. Vor dem Abendessen passte mich Sir Robert ab und bedankte sich noch einmal dafür, dass ich einige Worte über Harry sagen würde. Susan erzählte mir, dass sie im Sanatorium angerufen und mit Reggie gesprochen hatte, und fragte, ob ich sie amnächsten Tag nach Cullingford fahren könnte. Violet Eccleston erläuterte, weshalb Reparationen die britischen Werften zerstören konnten. Ich trank ausgezeichneten Burgunder. Und nach dem Essen zog Freddie Masters Wilfred Mapperley mit dem Thema Ritterlichkeit auf.
Ja, daran erinnere ich mich am deutlichsten.
Die Gäste hatten sich im Salon in kleinen Gruppen zusammengefunden, darunter eine, die aus Freddie, Bill Stansbury und dem alten Mapperley bestand. Der Bankier ließ sich über eines seiner Lieblingsthemen aus – er beklagte die Manieren der modernen Zeit verglichen mit denen eines fernen goldenen Zeitalters, dessen zeitliche Einordnung ziemlich unklar blieb. Freddie Masters hatte die Herausforderung mit
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