Wiedersehen in Hannesford Court - Roman
überlege es mir.«
»Er wird kommen, das weiß ich«, sagte sie zu mir. »Schon um zu verhindern, dass Mutter alles auf ihre Weise regelt, nicht wahr?«
Er schnaubte. »Wenn ich komme, dann nur, weil mir das hier auf die Nerven geht. Die ganzen Männer an Krücken machen mich allmählich wahnsinnig.«
Die Abmachung schien ihm jedoch nicht gänzlich zu missfallen. Susan entschuldigte sich kurz, und seine Stimme klang zwar spöttisch, aber beinahe fröhlich, als er mich fragte:
»Nun, Tom, wie ist es in Hannesford? Hast du den ersten Weihnachtstag damit verbracht, Lucy Flinders von deinen Kriegserlebnissen zu erzählen? Susan sagt, sie hätte eine Schwäche für Soldaten. Du könntest der Richtige sein, um ihr ein paar militärische Manöver zu zeigen.«
Ich ließ mich gegen meinen Willen provozieren.
»Gestern war ich unter anderem bei Mrs Woodward«, erwiderte ich, obwohl ich den Besuch bei der Witwe des früheren Verwalters eigentlich nicht erwähnen wollte. »Erinnerst du dich an sie?«
Ich hielt inne und wartete auf eine Reaktion, doch Reggies Gesicht war zu vernarbt, um viel zu verraten. Nur seine Augen flackerten leicht.
»Ja, natürlich.« Er klopfte auf seine Taschen und suchte nach dem Feuerzeug. »Ich wusste nicht, dass ihr befreundet seid.«
»Das sind wir auch nicht. Im Gegenteil, sie sagte, du seist der Einzige aus Hannesford Court gewesen, der sie regelmäßig besucht habe.«
Er hob wieder die Augenbraue. »Ich?« Er zuckte mit den Schultern. »Früher bin ich ziemlich oft dort vorbeigekommen, wenn ich auf die Jagd ging. Das muss sie wohl gemeint haben.«
Hätte er es dabei belassen, wäre ich leicht beschämt nach Hause gefahren. Einen verletzten Mann zu reizen, war nichts, auf das man stolz sein konnte. Doch anscheinend war ich nicht der Einzige, der sich provozieren ließ. Reggies nächste Bemerkung sollte mich zweifellos aus dem Tritt bringen, und ich glaube, er bedauerte seine Indiskretion, sowie er sie ausgesprochen hatte.
»Falls jemand in diesem Haus herumgeschnüffelt hat, war es dein Freund, der Professor. Wusstest du das nicht?«
Auf der Rückfahrt war ich ungewöhnlich still. Ich sah im Geiste immer wieder Margots Handschuh auf meinem Kopfkissen, er ließ mir keine Ruhe. Sie hatte es natürlich als Scherz gemeint, dessen war ich mir sicher; es war ihre Art, sich an den Witzen über Mapperley zu beteiligen. Und doch war es ein hinterhältiger und leicht verstörender Scherz, der auch auf meine Kosten ging. Worüber machte sie sich lustig? Über mein früheres Verhalten ihr gegenüber? Oder über die Art und Weise, in der ich ihr jetzt begegnete – steif und ein wenig verlegen? Ich wusste es nicht. Ich hatte lange wach gelegen, weil ich mir keinen Reim darauf machen konnte, abwechselnd erregt und peinlich berührt. Es war nicht ihr bester Scherz gewesen.
Und dann war da noch Reggies Bemerkung über den Professor und die Woodwards. Was sollte das? War es nur eine spöttische Bemerkung? Was wollte er andeuten? War der Professor tatsächlich regelmäßig in White Cottage zu Gast gewesen? Das kam mir unwahrscheinlich vor. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass er die Woodwards überhaupt gekannt haben könnte. Doch als der Zweisitzer über den höchsten Punkt des Moors rollte, erinnerte ich mich an mindestens eine Gelegenheit, bei der der Professor und Miss Woodward zusammen gewesen waren. Margot hatte den Ausflug zu den Uferauen organisiert. Am Abend vorher hatte es einen Schauer gegeben, und auf den Feldern waren über Nacht die Butterblumen erblüht. Wir waren zeitig aufgebrochen, um die Hitze zu vermeiden, und im Schatten warteten Champagner, Picknickkörbe und vollendet gereifte Pfirsiche auf uns.
Als der Tag heißer wurde, hatte Harry Stansbury eine Stelle zum Schwimmen gesucht. Ich saß unter einem Baum und sah zu, wie Margot einem der Everson-Brüder applaudierte, der Trauben mit dem Mund auffing, während Daisy Flinders vor lauter Vergnügen wie ein Wellensittich zwitscherte. Auch Reggie war dabei gewesen, was ungewöhnlich war, da er solchenEreignissen meist aus dem Weg ging. Ich konnte mich erinnern, wie gequält er aussah. Ganz gewiss klatschte er nicht, als die Trauben an Ort und Stelle landeten. Julian Trevelyan hielt sich am Rand der Gruppe und sagte nicht viel, sondern lächelte vor sich hin. Margots Handschuhe lagen auf seinem Schoß …
Auch andere waren an jenem Tag dabei gewesen. Laura Finch-Taylor zum Beispiel. Es hatte längere Diskussionen mit ihrem Mann
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