Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wiedersehen in Hannesford Court - Roman

Wiedersehen in Hannesford Court - Roman

Titel: Wiedersehen in Hannesford Court - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
Vom Netzwerk:
der Namen hinunter.
    »Mal sehen, Rolleston, Rolleston, Fredericks, Smythe, Smythe, Adams, Adams … « Sein Finger hielt inne. »Anne, wäre es möglich, Adams und seine Frau einige Zimmer weiter auf der anderen Seite unterzubringen? Das wäre besser.«
    Zuerst war ich nur überrascht angesichts dieser Bitte. Er stand immer noch hinter mir, ein wenig vorgebeugt, so dass ich mich zu ihm umdrehen musste. Ich erklärte, dass die Adams jedes Jahr dieselben Zimmer hätten, und erkundigte mich, weshalb das geändert werden sollte.
    »Ach, jetzt bringen Sie mich aber in Verlegenheit«, antwortete er, trat vom Schreibtisch weg und ließ sich auf den Stuhl gegenüber fallen. Es machte ihm gar nichts aus, mir in die Augen zu sehen. »Sie wissen doch, wie das ist. Ich war vor Weihnachten bei den Derwents ziemlich oft mit Tilly Adams zusammen. Wir haben uns gut verstanden.«
    Er hielt inne und wartete, doch ich hatte es noch immer nicht verstanden.
    »Das war natürlich letztes Jahr, und manche Dinge ändern sich«, fuhr er fort. Dann seufzte er leise, als sei er bekümmert über meine Begriffsstutzigkeit. »Also wirklich, Anne! Sagen wir mal, dass es mir einige Unannehmlichkeiten ersparen würde,wenn Mrs Adams und ich unsere Schlafzimmer in diesem Jahr möglichst weit voneinander entfernt hätten. Verstehen Sie?«
    Erst jetzt errötete ich, was Harry mit einiger Belustigung bemerkte. Mir fehlten die Worte, und ich versuchte, seinem Blick auszuweichen, doch er berührte meine Hand.
    »Es tut mir leid. Jetzt habe ich Sie in Verlegenheit gebracht. Verzeihung. Reden wir nicht mehr darüber.«
    Ich kann mich nicht erinnern, wie er den Raum verließ, nur dass ich noch eine ganze Weile am Schreibtisch sitzen blieb, bis ich keine Röte mehr in meinen Wangen spürte. Und je mehr ich mich an diesem Abend bemühte, nicht in Harrys Richtung zu schauen, desto unmöglicher schien es, seinem Blick auszuweichen.

7
    S usan Stansbury wollte ihren Bruder ziemlich früh am nächsten Morgen besuchen. Der zweite Weihnachtstag war in Hannesford Court der Jagd vorbehalten, und trotz des Mangels an guten Pferden würden die meisten Gäste damit beschäftigt sein.
    Susan und ich traten dankbar die Flucht an. Da der Daimler der Hundemeute folgen würde, beschlagnahmten wir den Zweisitzer und fuhren zügig übers Moor, wo nur noch hier und dort gefrorene Flecken von dem Schnee zeugten, der an Heiligabend gefallen war. Vor dem Sanatorium war die einzelne Krücke weggeräumt worden, und im Flur hatte man einen Weihnachtsbaum aufgestellt, doch ansonsten war das Gebäude unverändert: ein bisschen karg, durchweht vom leichten Geruch nach gekochtem Gemüse.
    Reggie empfing uns im selben Zimmer wie zuvor, dem großen Salon mit den Fenstern, durch die man auf die Rasenfläche blickte. Ich fand, er sah müde aus, als hätte er schlecht geschlafen. Er begrüßte uns aber so kampflustig wie eh und je.
    »Na, Tom, willst du noch einen Blick riskieren?« Er hob die Augenbraue. »Du brauchst nicht wegzulaufen. Susan bleibt nicht lange. Was macht die Witwenschaft, Susie? Betrauerst du immer noch deinen fetten Ehemann?«
    Ich hätte es ihr nicht verdenken können, wenn sie auf der Stelle kehrtgemacht hätte. Doch Susan schaute mich vollkommen ungerührt an.
    »Würdest du mir bitte eine Zigarette anzünden? Ich nehme an, Reggie raucht noch immer diese üblen amerikanischen Dinger.«
    Ihr Bruder lachte laut.
    »In der Tat. Unsere liebevolle Mutter schickt mir jede Woche eine neue Schachtel. Um ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen, nehme ich an. Sag bloß, sie lässt dich in Hannesford rauchen.«
    Susan nahm einen Zug und stieß träge den Rauch aus, bevor sie den Kopf schüttelte. »Das ist einer der Gründe, warum ich in London lebe.«
    Reggie lachte wieder und klang diesmal aufrichtig belustigt. Er hatte Susan immer respektiert.
    Nach wenigen Minuten ließ ich die beiden allein und machte einen Spaziergang über das Gelände. Diesseits des Moors war der Morgen feucht und grau, und ich sah keine anderen Patienten. Die Gärten wirkten schlaff und unglücklich, und der Rasen quietschte leicht unter meinen Füßen. Es war eine lange halbe Stunde. Als ich zurückkam, saßen die Geschwister ruhig beieinander, und Susan hatte die Hand auf die ihres Bruders gelegt.
    »Reggie kommt zum Ball nach Hause.« Sie stand auf. »Wir sollten zurückfahren und es Mutter erzählen.«
    »Das habe ich nicht gesagt«, knurrte ihr Bruder und sah sie scharf an. »Ich habe gesagt, ich

Weitere Kostenlose Bücher