Wiedersehen in Hannesford Court - Roman
diesem Abend zu Colonel Kirkpatrick nach Hanbury. Die Tradition war entstanden, als die Kinder der Stansburys noch klein waren. Man hatte sie daher zu Hause gelassen, und als sie schließlich erwachsen waren, war ein Präzedenzfall geschaffen, laut dem sie Hannesford Court am Abend des zweiten Weihnachtstages für sich allein hatten. Ihre Freunde auf dem Land erhielten zwanglose Einladungen, und man plante einen fröhlichen Abend.
Nach Bill Stansburys Jagdunfall war seine Mutter nicht sonderlich angetan von dem Gedanken, Hannesford zu verlassen. Ich traf sie an ihrem Schreibtisch im kleinen Salon an und bemerkte sofort, dass der Zwischenfall sie erschüttert hatte.
»Ich war nie eine Mutter, die viel Getue um ihre Kinder macht«, verkündete sie, was ich nicht abstreiten konnte. »Aber als ich sah, wie blass er war, Tom … Sie können sich vorstellen, nach der Sache mit Harry und Reggie … Harry ist nie gestürzt, wie Sie wissen. Und Reggie konnte immer auf sich selbst aufpassen. Aber Bill ist noch so jung …«
Ich versicherte ihr, Jugend sei ein großer Vorteil, wenn man vom Pferd stürze, und dass Bills Genesung gute Fortschritte mache. Sie nickte ein wenig zerstreut und deutete auf ein Blatt Papier, das vor ihr auf dem Tisch lag.
»Ich habe auch über Reggie nachgedacht. Es ist wunderbar, dass er nach Hause kommt. Aber das bedeutet auch, dass viele Vorbereitungen zu treffen sind. Ich habe mir überlegt, dass dieses Zimmer gut für ihn geeignet wäre. Es hat eine angenehme Größe und ist ruhig, außerdem gibt es genügend Platz für ein Bett. Ich werde Anne Gregory schreiben und fragen, ob sie uns morgen beim Umräumen helfen möchte. Sie wird genau wissen, was zu tun ist. Wie immer.«
Doch als ich fragte, ob sie immer noch hoffe, Anne zur Rückkehr nach Hannesford zu bewegen, schüttelte sie den Kopf.
»Nein, das habe ich aufgegeben.« Sie fügte ein paar letzte Worte zu ihrem Brief hinzu und stand auf. »Was meinen Sie? Können wir irgendetwas wegen Anne unternehmen? Mrs Uttley sagt, sie sei fest entschlossen. Ich wünschte, wir könnten es ihr ausreden. Es ist ein so weiter Weg.«
»Ein weiter Weg? Plant sie eine Reise?«
Lady Stansbury schaute mich überrascht an. »Ja, nach Südafrika. Hat sie Ihnen das nicht erzählt? Anne hat beschlossen, eine Stellung am Kap anzunehmen.«
An diesem Abend war mir nicht nach Tanzen zumute. Ich fühlte mich unruhig und schlecht gelaunt und bekam, so unglaublich es erscheinen mag, beim Abendessen Streit mit Denny Houghton.
Wie Sir Robert so gerne verkündete, gab es am zweiten Weihnachtstag tatsächlich kein offizielles Abendessen in Hannesford. Stattdessen wurden ausgezeichnete kalte Platten im Frühstückszimmer aufgestellt, und die »jungen Leute« bedienten sich selbst. Ich wurde dazugezählt, doch die Aussicht begeisterte mich nicht sonderlich. In Gesellschaft von Bill und Denny kam ich mir alt und müde vor und missbilligte ihren Leichtsinn. Zwischen uns gab es eine Kluft, die größer war als der reine Altersunterschied.
Meine Auseinandersetzung mit Denny war ebenso töricht wie sinnlos. Es fing mit Violet Eccleston an. Sie hatte gehört, wie sich Denny über das Fiasko von Scapa Flow beklagte, und ihm heftig widersprochen. Vom wirtschaftlichen Standpunkt aus sei die Selbstversenkung der deutschen Flotte durchaus in britischem Interesse.
»Sie müssen verstehen«, argumentierte sie ziemlich optimistisch, »wenn man diese Schiffe einfach der Royal Navyübergeben hätte, hätte es weniger Arbeit für unsere Werften gegeben. Wir hätten uns selbst bestraft, nur um es dem deutschen Volk zu zeigen. Und dessen Los ist schon elend genug. Ich bin mir sicher, Sie möchten nicht, dass es noch schlimmer wird.«
Doch dieses eine Mal ließ Denny Houghton nicht locker.
»Mir gefällt es nicht«, erwiderte er ziemlich hochmütig und schaute dabei demonstrativ zu Lucy Flinders, »wenn Leute mir sagen, ich solle die Hunnen lieben. Das muss keiner von uns. Für die kann gar nichts schlimm genug sein, das ist meine Meinung.«
Er lehnte sich zufrieden zurück wie jemand, der sich für Vernunft und Anstand stark gemacht hat.
»Und mir gefällt es nicht«, sagte ich ruhig, »wenn Leute mir sagen, dass ich die Männer hassen soll, die ich getötet habe.«
Eigentlich sollte mich keiner hören; eigentlich hatte ich gar nichts sagen wollen. Die Worte kamen von einem Ort in meinem Inneren, der nur selten das Licht erblickte. Doch plötzlich wurde es still im Raum.
»Wie war
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