Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wiedersehen in Hannesford Court - Roman

Wiedersehen in Hannesford Court - Roman

Titel: Wiedersehen in Hannesford Court - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
Vom Netzwerk:
hätte ihnen gehörig den Marsch geblasen.
    Nach dem Essen wurden meine Hoffnungen auf ein Gespräch mit Anne neuerlich zerstört, als Lady Stansbury sie drängte, Mrs Rollestons Partnerin beim Bridge zu sein. Schließlich schlug ich meiner Gastgeberin vor, ich könnte dem Chauffeur den langen Umweg ersparen und Anne durch den Park nach Hause begleiten. Sie schaute mich an, als hätte ich den Verstand verloren.
    »Das ist doch absurd, Tom. Ich lasse Anne nicht um diese Zeit und bei diesem Wetter zum Pfarrhaus laufen. Das ist ausgeschlossen.«
    Doch am Ende des Abends hatte Anne die gleiche Idee. Sie habe leichte Kopfschmerzen und sei den Weg oft mit einer Laterne gegangen. Sie laufe lieber, als im Daimler durchgerüttelt zu werden.
    Also nahm eine amüsierte Lady Stansbury mein Angebot an, und wir machten uns kurz vor Mitternacht auf den Weg durch den Park. Ich hatte den Mantelkragen hochgeschlagen und trug mit gebeugten Schultern eine Sturmlaterne bei mir. Anne war verhüllt wie ein Mönch in seiner Kutte. Nach der Wärme des Hauses nahm mir der erste Hauch der Nachtluft fast den Atem.
    Im Gehen erzählte ich ihr von meinem Gespräch mit Mrs Uttley. Ich fragte mich flüchtig, ob ich ihr Vertrauen missbrauchte, doch Anne gegenüber kam es mir nicht so vor. Wir beide hatten zu viel menschliche Barbarei mit angesehen, umuns zu zieren, und mit ihr konnte ich viel zwangloser sprechen als mit allen anderen in Hannesford. Als wir zum Pfarrhaus kamen, war das Gebäude dunkel. Die Fenster spiegelten unsere Laterne wie blinde Augen.
    »Ich habe ihnen gesagt, sie sollen schlafen gehen«, erklärte Anne. »Ich habe einen Schlüssel.«
    Vor der Tür blieben wir stehen, wobei die Laterne einen gelben Lichtkreis um unsere Füße zeichnete.
    »Kommen Sie mit herein, Tom? Wäre der Pfarrer noch auf, würde er darauf bestehen, dass Sie etwas zum Aufwärmen trinken.«
    Ich zögerte. Vor fünf Jahren wäre allein ein solcher Vorschlag undenkbar gewesen. Aber die Flut des Krieges hatte sich zurückgezogen, und der Boden unter unseren Füßen war nicht mehr fest.
    »Danke«, murmelte ich und fragte mich, ob ich gerade rot wurde. »Aber das sollte ich lieber nicht tun. Ich kann Ihnen den Rest auch ein anderes Mal erzählen.«
    Zu meiner Überraschung spürte ich ihre Hand am Ellbogen, fest und entschlossen.
    »Seien Sie nicht dumm, kommen Sie herein. Außerdem können Sie dem Feuer ein bisschen Leben einhauchen.«
    Ich trat zögernd ein, noch immer unsicher, ob es wirklich richtig war. Doch Annes Gewissheit verblüffte mich. Früher war ich immer der Selbstsichere von uns beiden gewesen.
    Anne schaltete die Lampen im Wohnzimmer ein, während ich der Glut im Kamin einen Lebensfunken entlockte. Dann knieten wir zusammen auf dem Kaminvorleger, noch im Mantel, so nahe wie möglich an den Flammen.
    »Jetzt will ich auch den Rest hören«, forderte Anne mich flüsternd auf.
    Und so erzählte ich die Geschichte, die ich von Mrs Uttley erfahren hatte, zu Ende und fügte hinzu, was Susan über Reggies plötzlichen Aufbruch gesagt hatte.
    » Etwas, das er bereute. So hat Reggie sich ausgedrückt.«
    »Ich kann es kaum glauben«, hauchte sie. »So etwas würde Reggie doch nicht tun, oder? Er hat dem Professor gegenüber die Beherrschung verloren, aber eine Frau zu schlagen?«
    »Falls er den Professor geschlagen hat, würde das auch das gestohlene Notizbuch erklären. Und Mrs Woodward zufolge hat Julia seine Annäherungsversuche regelmäßig zurückgewiesen.«
    »Was wollen Sie jetzt unternehmen? Ihn danach fragen?« Anne sah mich an, und das Feuer spiegelte sich in ihren Augen.
    »Vermutlich.«
    »Darum beneide ich Sie nicht.« Sie lachte, aber ich wusste, dass es ihr ernst war. Danach schwiegen wir beide. Anne zitterte und rückte näher ans Feuer. Bei der Bewegung berührten sich unsere Schultern. Wir wichen instinktiv auseinander.
    »Tom, das mit Julia Woodward ist so furchtbar. Nicht wie Frankreich. Auf andere Weise furchtbar.«
    Sie hob die Hand und schob sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht, wobei ihr Gewicht wieder gegen mich drückte. Auch als sie sich mit der Hand auf den Boden stützte, verschwand der Druck nicht gänzlich.
    »Vermutlich geht es uns nichts an«, sagte ich leise.
    »Aber haben manche Leute nicht genau das über Belgien gesagt? Man darf der Brutalität nicht den Sieg überlassen. Letzten Endes mussten wir kämpfen. Wir mussten das Richtige tun, so schlimm es für uns auch gewesen sein mag.«
    Ihr Gesicht war meinem sehr

Weitere Kostenlose Bücher