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Wiedersehen in Harry's Bar

Wiedersehen in Harry's Bar

Titel: Wiedersehen in Harry's Bar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Schreiber
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wieder herausgekommen, und letztendlich konnte er sichnicht leisten, mich falsch einzuschätzen, auch wenn ich das meiste einfach nur geraten hatte.
    Nach ungefähr einer Stunde kamen wir in ein kleines Schweizer Dorf mit engen Kopfsteinpflasterstraßen und Kirchtürmen links und rechts. Es war fast Mitternacht, und die ganze Ortschaft wirkte verschlafen oder evakuiert. Verglichen mit diesem Dorf kam einem Zermatt wie das pulsierende Manhattan vor. Der Peugeot hielt vor einer kleinen Eckkneipe an, in der nur ein paar Lichter brannten. Swierczynski stieg aus und gab mir zu verstehen, dass ich ihm folgen sollte.
    Vor dem Eingang hielt ich ihn kurz zurück.
    »Wenn das eine Falle ist«, sagte ich, »seht ihr sie nie wieder. Das ist dir doch klar?«
    Er grunzte, als sei ihm das inzwischen völlig egal, hielt die Tür auf und schob mich in die Kneipe hinein.
    Es war eine trostlose Bauernwirtschaft, eine zugige Bierschwemme der Alten Welt, mit ausgestopften Hirsch- und Gemsenköpfen an den Wänden, darunter eine unbenutzte Dartscheibe. An der Wand gegenüber standen lange Holztische vor einem prasselnden Kaminfeuer. Der Wirt blickte kurz auf, dann konzentrierte er sich wieder auf seine Zapfhähne und trocknete einen Bierkrug mit der Entschlossenheit eines Kneipenwirts ab, der wusste, wann er sich um seine eigenen Angelegenheiten zu kümmern hatte.
    Ich schaute zum Kamin, wo ein Mann im Anzug mit einem Glas Wein saß. Wir sahen uns nur eine Sekunde lang an. Wenn man jemanden beschreibt, sagt man normalerweise, dass er in den Vierzigern war oder graue Haare oder eine spitze Nase hatte oder etwas dergleichen. Das Besondere an diesem Typen war, dass je länger ich ihn betrachtete,umso weniger hätte ich ein herausstechendes körperliches Merkmal benennen können. Er hätte ebenso gut neunundzwanzig wie sechsundvierzig sein können. Im Licht des Kaminfeuers sah sein Haar grau aus oder hellblond, vielleicht war es aber auch schwarz mit silbernen Strähnen drin. Das Einzige, was wirklich auffällig war, war die kalte Gleichgültigkeit in seinen Augen und eine Aura von Anonymität, die zutiefst unheimlich wirkte.
    »Kaya«, sagte ich.
    Er schnaubte verächtlich. Seine Lippen verformten sich wie fremdgesteuert zu einem unwirklichen Lächeln, dann zog er eine Visitenkarte aus der Tasche und reichte sie mir. Ich las:
    William J. Nolan
    Führung und Koordination
    Central Intelligence Agency
    »Kaya«, sagte ich und schaute wieder auf die Karte. »CIA. Sehr witzig.«
    »Ob du’s glaubst oder nicht«, sagte Nolan, »es fing mit einem sprachlichen Missverständnis, einem Aussprachefehler, an. Hartes C , dann I und A. Das Originalprogramm erkannte keine Akronyme. Letztendlich beließen wir es dabei. Eine Übereinkunft der Art: Was nicht kaputt ist, wird nicht repariert.«
    Ich weiß selbst nicht, wieso ich so überrascht war. »Dann arbeitet Gobi also für die CIA?«
    »Gobi«, sagte er. »Das ist niedlich. Wie nennt sie dich denn – Pokey?«
    »Sie wissen genau, dass sie diesen Namen benutzt.«
    »Stimmt«, sagte Nolan, »aber mir ist Zusane Elzbieta Zaksauskas lieber.« Er zog einen dicken Aktenordner hervorund klappte ihn auf dem Tisch auf, gleich neben dem Weinglas. Im zuckenden Kaminfeuer erblickte ich haufenweise Schwarzweißfotos, handschriftliche Berichte, offizielle Dokumente und fotokopierte Quittungen, fein säuberlich aneinandergeheftet. Auch von mir gab es ein paar Fotos, Aufnahmen von Überwachungskameras bei unserem nächtlichen Ausflug nach New York. Nolan blätterte kommentarlos weiter, bis er eine Seite mit persönlichen Daten vor sich hatte. »Geboren am 23. September 1988 in Karmelava, Litauen. Vierundzwanzig Jahre alt, mehrere Decknamen, Waffen- und Nahkampfausbildung, bla-bla-bla, momentaner Aufenthalt unbekannt.«
    »Ich weiß, wo sie ist.«
    »Aha.« Nolan hob kaum eine Augenbraue. »Ich will deine Begeisterung nicht dämpfen, mein Junge, aber du verstehst sicherlich, dass ich bei dieser Information nicht gleich aufspringe und anbiete, dir auf der Stelle einen zu blasen.«
    Ich runzelte die Stirn. »Und … jetzt? Wenn Sie nicht glauben, dass ich Ihnen helfen kann, warum waren Sie damit einverstanden, sich mit mir zu treffen?«
    »Die erste Regel beim Pokern, mein Junge: Sieh dich in der Runde nach dem Trottel um. Wenn du ihn nicht findest, bist du’s selbst.«
    »Das ist mir inzwischen klargeworden.«
    »Genauer gesagt, du sitzt heute Abend nur deshalb hier, weil ich mich vergewissern wollte, dass du

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