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Wiedersehen in Harry's Bar

Wiedersehen in Harry's Bar

Titel: Wiedersehen in Harry's Bar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Schreiber
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Gesichtszüge entgleisten, und sie fing plötzlich an zu lachen.
    Ich sah sie verständnislos an. »Was ist denn jetzt?«
    »Ich habe ganz vergessen, wie lustig du bist, wenn du sauer wirst.« Sie legte die Stirn in Falten, senkte die Stimme und äffte mich nach. » Ich versuche dir zu helfen, kapierst du das nicht? Ich bin der Einzige, dem du wirklich vertrauen kannst. «
    »Also, zunächst mal rede ich überhaupt nicht so –«
    » Dann stell ich meinen Sorger einfach ab. «
    »Das ist nicht witzig.«
    » Geh da nicht hin. «
    »Du bist verrückt.«
    » Du bist verrückt. «
    Ich schaute wütend in ihr unverschämtes Grinsen, dann verstellte ich selbst meine Stimme und sagte mit einem leicht holprigen Akzent: » Ist nicht deine Sorge. «
    Sie legte den Kopf ein wenig schräg. »Soll ich das sein?«
    » Ich bin Gobi «, quatschte ich weiter. » Ich bin die Feuergöttin. Ich bringe alles und jeden um. «
    Sie stieß mich an. »Hör auf, Blödmann. So rede ich nicht.«
    » Genug jetzt mit deinem Perry-Stormaire-Schwaachsinn. «
    »Dein Aufsatz ist total falsch«, sagte sie. »Alle Sätze, in denen ich rede, sind total falsch.«
    »Hast du ihn etwa gelesen?«
    Gobi nickte. »Natürlich. Im Internet.«
    »Wie findest du ihn, abgesehen von den Dialogen?«
    »Er war … ganz in Ordnung.« Sie schob sich eine Haarsträhne hinters Ohr. »An einigen Stellen jedenfalls.«
    »Ach ja? Und welche Stellen meinst du?«
    »Zum Beispiel … als wir uns in diesem Café in Brooklyn geküsst haben. Und als wir zusammen in dem Hotel am Central Park getanzt haben. Diese Stellen haben mir gefallen.«
    »Du meinst, bevor du mich mit dem Messer bedroht hast?«
    »Es hat dir gefallen.«
    »Ach? Es hat mir gefallen?«
    »Ja. Ich glaube schon – ja.«
    Ich streckte wieder die Hand nach ihr aus, legte die Finger an ihre Schläfe, und diesmal erlaubte sie es mir. Ich spürte das Blut in ihren Adern pulsieren und versuchte, nicht daran zu denken, was da noch in ihr vorging, was da in ihrem Kopf heranwuchs, aber als ihre Augen sich zu mir drehten, wusste ich, dass sie meine Gedanken bereits kannte.
    »Wie schlimm ist es?«, fragte ich.
    Sie zögerte. Als sie dann doch antwortete, sagte sie mit leiser, sanfter, fast flüsternder Stimme: »Zuerst war es gar nicht so schlimm. Auch als ich mit Erich anfing zu trainieren, so vor drei Jahren. Am Abend hatte ich mal Kopfschmerzen, ja, und manchmal …« Sie machte den Mund auf und tat so, als würde sie sich übergeben. »Am Morgen, weißt du? Später kam das Zittern, die …«
    »Die Anfälle.«
    »Ja.« Sie bewegte den Kopf auf und ab, fast zu langsam für ein Nicken. »Als ich zu eurer Familie nach Amerika kam. Neurologen, die ersten, sie sagten ja, es ist Schläfenlappenepilepsie. Sie gaben mir Medizin. Aber ich glaube, sie wussten es damals schon. Wegen dem davor.«
    »Dein anderer Krebs.«
    Sie nickte, fuhr sich unbewusst mit dem Finger über die dünne weiße Narbe am Hals und hob die Hand dann zum Kopf. »Aber das hier ist schlimmer.«
    »Seit wann weißt du es mit Sicherheit?«
    »Das mit dem Tumor?« Sie überlegte. »Nach dieser Nacht in New York. Der Mann dort, Nolan. Er hat mich auf dem Flughafen in Amsterdam angesprochen. Hat mir gesagt, was sie wollen. Sie haben Blutproben genommen und MRT gemacht, und sie haben gesagt, ich könnte die Operation haben, wenn ich …«
    »Wenn du machst, was sie wollen.«
    Sie nickte.
    »Und du hast ihnen geglaubt.«
    Sie sah mich an. »Habe ich eine andere Wahl?«
    Die Frage stand zwischen uns, ein Rätsel ohne Antwort, so simpel, dass man darüber wahnsinnig werden konnte. Wir saßen eine gefühlte Ewigkeit dort in der Dunkelheit. Ich starrte auf die Straße vor uns. Alles war absolut still. Als ich mich wieder zu ihr drehte, merkte ich, dass sie mich die ganze Zeit angesehen hatte.
    »Wie bist du überhaupt aus diesem Hubschrauber rausgekommen?«
    »Gesprungen.«
    »Du bist rausgesprungen?«
    »Ja.«
    »Aus einem Hubschrauber.«
    Jetzt hörte sie sich ein wenig ungeduldig an: »Ich bin diejenige mit dem Hirnschaden, Perry. Bist du ein Idiot?«
    »Wie denn? Mit einem Fallschirm?«
    Ein Seufzen. »Nachdem wir abgehoben haben, bin ich auf die Pistole los. War nicht schwer in geschlossenem Raum.« Sie zuckte die Achseln. »Der Pilot bekam eine Kugel in den Kopf. Paula und ihr Vater und ich … alle griffen nach Fallschirmen. Sie sind entkommen, bevor ich sie umbringen konnte.«
    »Oder sie dich.«
    Sie lächelte schief. »Sie dachte immer noch, dass

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