Wiedersehen in Stormy Meadows
Mittagessen vorzubereiten. Hank fährt Laura in der Zwischenzeit zum Ship, damit diese ihren Land Rover wieder holen kann.
»Ich habe eigentlich gar keinen richtigen Hunger.« Petra wirft einen misstrauischen Blick über meine Schulter auf den Schinken-Ei-Pie, den ich gerade in Stücke schneide. »Aber ich habe so einen stechenden Durst.«
»Möchtest du Tee?«
Gespielt entsetzt reißt sie die Augen auf. »Tee? Also, hör mal, Nattie, wir sind hier in Cornwall, nicht in der Verbannung. Wie wär’s mit einem Glas von dem Cru? Ich habe schließlich genug davon mitgebracht.«
»Jetzt?«
»Ja, warum nicht? Es ist nach zwölf und immer noch Weihnachten, ein Schlückchen Champagner zum Mittagessen also völlig legitim.«
Wir öffnen eine von Petras Flaschen.
»Und? Wie geht’s Cassie?«
»Mal so, mal so.«
»Öfter gut oder öfter schlecht?«
»Ach, schwierig zu sagen. In den letzten Tagen allerdings öfter gut.« Ich versuche zu lächeln. »Was mich wirklich freut, ist, dass sie und meine Mutter sich so gut verstehen.«
»Ja, das ist schön.« Mitfühlend tätschelt Petra mir die Hand. Wenn jemand die gemischten Gefühle verstehen kann, die Cassies und Lauras entspanntes, herzliches Verhältnis in mir auslöst, dann Petra. Außer ihr zeigt nur Connor ein so tiefes, fast schon unheimliches Verständnis.
»Ich freue mich, dass du hier bist.« Vertraut lehne ich mich an sie an.
»Und ich wusste, dass du dich freuen würdest.«
»Also, dann schieß mal los. Wieso bist du hier? Was wurde aus eurem intimen Weihnachtsfest zu zweit?«
Petra seufzt tief.
»Ich hätte es wissen müssen. Es war einfach zu schön, um wahr zu sein. Am Dreiundzwanzigsten ist er mit seiner Frau in die USA geflogen. Mir hatte er gesagt, er würde nicht mitfliegen, aber dann hat er’s doch getan. Angeblich wurde die Hochzeit von Silvester auf Heiligabend vorverlegt, und er wollte sie nicht verpassen. Zumindest war das seine offizielle Ausrede mir gegenüber. Und er konnte mich natürlich nicht vor dem Flug anrufen! Er musste bis zum Fünfundzwanzigsten morgens warten, wo ich schon in der verführerischsten roten Unterwäsche wie bestellt und nicht abgeholt dasitze und darauf warte, dass er vor der Tür steht …« Ihre Stimme erstirbt, und sie schüttelt den Kopf.
»Aber warum? Warum hat er dich erst so spät angerufen? Er muss doch mindestens zwei Tage vorher gewusst haben, dass seine Pläne sich ändern?«
»Natürlich wusste er das, aber der Feigling hatte einfach nicht den Mumm, es mir ins Gesicht zu sagen. Und wenn er erst mal fünftausend Kilometer weg ist, kann ich ihm schlecht was tun.« Sie hält inne und runzelt die Stirn. »Und weißt du, was ich glaube? Ich glaube, er wollte nicht, dass ich mich noch anderweitig verabreden kann.«
»Wieso das denn? Was für ein egozentrischer Arsch!«
»Ich schätze, ihm gefällt die Vorstellung, dass ich allein zu Hause bin und mich nach ihm verzehre, besser als die, dass ich auf Achse bin und meinen Spaß habe.«
»Warum hast du denn nicht angerufen? Du hättest doch hierherkommen können! Du weißt, dass du uns immer willkommen bist! Ja, gut, ich hätte dich auch mal anrufen können, wollte ich auch, und wenn es nur gewesen wäre, um dir fröhliche Weihnachten zu wünschen, aber ich wollte euch doch nicht stören. Ich dachte, ihr beiden wärt ganz romantisch unter euch …«
Petra zuckt die Achseln. »Ach, was soll’s. Wahrscheinlich war ich zu stolz. Wollte mir die ›Ich hab’s dir ja gleich gesagt‹-Kommentare ersparen.«
»Und Weihnachten dann lieber ganz allein verbringen? Mannomann. Also, sag schon, was hast du den ganzen Tag gemacht?«
»Ich wollte nicht in der Wohnung bleiben, weil Peter gesagt hatte, er würde später noch mal anrufen, und ich wollte nicht riskieren, weich zu werden und doch wieder dranzugehen … Außerdem kann der Wichser sich zur Abwechslung ruhig mal fragen, wo ich wohl bin. Na, jedenfalls habe ich mir dann überlegt, wo ich vor seinem Anruf und meiner Nachgiebigkeit sicher bin und wer wohl sonst noch an Weihnachten ganz allein ist. Und da bin ich dann zu dir gefahren und habe Meryl Gesellschaft geleistet.«
»Du hast Weihnachten mit meinem Goldfisch verbracht?«
»So sieht’s aus. Traurig, was? Außer dir habe ich keine Freunde, Nat.«
»Ich korrigiere: Außer mir hast du keine Freunde in England .«
»Petra allein auf der Welt«, schnieft sie, als täte sie sich selbst ganz furchtbar leid.
»Ich korrigiere weiterhin: Außer mir hast du
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