Wiedersehen in Stormy Meadows
Lippen. Wie lange ist es wohl her, seit ich völlig grundlos gelächelt habe? Obwohl – wenn ich ganz ehrlich bin, gibt es ja einen Grund. Ich will es mir nur nicht selbst eingestehen.
Als ich wieder hereinkomme, fällt mir auf, dass auch Petra lächelt. Oder besser gesagt: breit grinst. Zu breit.
»Wieso grinst du eigentlich so blöd?«
»Na, endlich, ich dachte schon, es würde dir gar nicht mehr auffallen. Ich habe ein Date. Und was für eins!«
»Ach, ja?« Ich staune.
»Ja. Ein rattenscharfes Date.« Künstlerische Pause. »Morgen Abend gehe ich mit Connor Blythe essen.«
»Soll das heißen, dass er einem Interview zugestimmt hat?«
Sie nickt ekstatisch.
»Wie hast du das denn hinbekommen?«
»Ach, weißt du, meine Überredungskünste sind legendär …« Petra schaut mich an. »Du siehst nicht gerade aus, als würdest du dich für mich freuen.«
»Doch, doch, natürlich freue ich mich«, stammele ich. »Ich bin nur … ich meine … es wundert mich nur wirklich, dass er zugestimmt hat, das ist alles.«
»Mich nicht.« Petra macht einen Schmollmund. »Wie gesagt, ich kann sehr überzeugend sein, wenn ich will.« Und dann plappert sie fröhlich weiter und erzählt mir, dass sie ihn in dieses tolle kleine Fischrestaurant in Newquay entführen will, von dem sie gehört hat, und dass Connor ja so verdammt gut aussieht und dass er – wenn er es nur richtig anstellt – vielleicht noch mehr von ihr bekommt als nur ein Abendessen … Sofort erkundigt sie sich bei Laura nach Hotels in der Gegend, falls sie beschließen sollten, die Nacht dort zu verbringen – schließlich sei es ja doch eine ganze Ecke zu fahren.
»Das Narrowcliff ist ganz nett, gleich gegenüber von Tolcarne Beach. Ich war da schon ein paarmal und war wirklich zufrieden. Großartiges Essen – obwohl, essen wollt ihr ja woanders, richtig? Ich habe bestimmt noch irgendwo die Telefonnummer. Aber du hast schon recht, es ist eine ziemliche Ecke zu fahren.« Meiner Mutter fällt gar nicht auf, dass das Wasser auf Petras Übernachtungsmühlen ist, und schlägt einige Restaurants vor, die nicht so weit weg, aber auch »recht gut« sind. Lächelnd ignoriert Petra diese Empfehlungen.
Ich kenne Petra. Sie hat etwas von einem Raubtier. Wenn sie sich erst einmal eine leckere Beute ausgeguckt hat, holt sie sie sich – ohne Rücksicht auf Verluste. Dafür habe ich sie stets bewundert. Nun klingt es ganz so, als sei Connor der aktuelle Neuzugang auf ihrer Wunschliste.
Ich weiß, dass Connor ein freier Mann ist und Petra eine freie Frau. Peter kann ja wohl kaum Treue von ihr erwarten.
Warum wurmt mich die Situation dann so sehr?
Tief in meinem Inneren weiß ich natürlich ganz genau, warum. Ich kann meine Gefühle für Connor verleugnen, ich kann behaupten, sie seien nicht echt, sondern lediglich aus Einsamkeit, Trauer und Verwirrung geboren – aber ich kann sie nicht ignorieren. Vor allem jetzt, wo Petra über ihn redet, als habe sie ihn bereits erobert … Es ist der Wurm der Eifersucht, der mich plagt.
Ein merkwürdiges Gefühl. Fast kommt es mir vor, als würde ich Rob betrügen. Ein winziges Saatkorn wurde ausgebracht. Ein wertvolles Saatkorn. Mein Instinkt und Mutter Natur sagen mir, ich solle es hegen und pflegen, auf dass es wachse, gedeihe und erblühe.
Doch nicht einmal dieses kleine Saatkorn kann ich in mir tragen, ohne das Gefühl zu haben, Rob zu betrügen. Und darum versuche ich eben doch, so gut ich kann, es zu ignorieren.
Aber es wird mir den Schlaf rauben. Das weiß ich ganz genau.
12
L aura ist mit Charles zum Abendessen verabredet. Charles’ Frau besucht ihre alte Mutter in der Stadt, und so nutzen die Turteltauben die seltene Gelegenheit, mal in einem Restaurant zu schlemmen, das weit genug entfernt ist, sodass sie kein Gerede fürchten müssen. Meine Mutter sieht umwerfend aus.
»Wow!«, sagt Cas, als Laura in ihrem silbernen Kleid am Fuß der Treppe vor uns posiert.
»Meint ihr, es wird Charles gefallen?«
In meinen dunkelblauen Frotteebademantel gehüllt, sitzt Petra am Küchentisch, die Füße auf dem Nachbarstuhl, und lackiert sich die Fußnägel mit einem von Lauras neuen Lacken dunkelrot. Sie sieht auf und pfeift.
»Ich glaube, es wird ihm so sehr gefallen, dass du es gar nicht lange anhaben wirst«, grinst sie. »Du hast nicht zufällig noch so eins, das ich mir ausleihen könnte?«
Laura strahlt. »Nat?« Sie dreht sich zu mir und hebt fragend die Augenbrauen.
»Der Hammer.«
Autoscheinwerfer erhellen den
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