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Wiedersehen in Stormy Meadows

Wiedersehen in Stormy Meadows

Titel: Wiedersehen in Stormy Meadows Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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dass Luke seine alte Kawasaki stehen lässt und die beiden mit meinem Auto fahren.
    »Du lässt ihn dein Auto fahren?«, fragt Petra ungläubig, während Luke den Wagen vorsichtig vom Hof lenkt.
    »Das ist mir allemal lieber, als dass Cas sich auf den klapprigen Bock da setzt.« Ich lächle Petra und Connor schwach an. »Also, jetzt, wo Cas sich verabschiedet hat, sollte ich es ihr vielleicht gleichtun. Wie heißt es doch so schön: Drei sind einer zu viel …«
    »Na ja gut, wenn du denn drauf bestehst«, entgegnet Petra schnell. »Aber du weißt, dass du natürlich gerne mitkommen darfst.«
    Ja, ja.
    »Komm doch mit, Natalie«, schaltet Connor sich ein.
    Ich schüttle den Kopf.
    »Und was willst du den Rest des Abends machen? Wir können dich doch nicht hier allein lassen.«
    »Ach, wisst ihr, ich bin ja schon groß. Ich bin mir sicher, dass ich so einen Abend ganz für mich allein überleben werde. Ich freu mich sogar drauf«, füge ich wahrheitsgemäß hinzu. »Ich kann frei entscheiden, welches Programm ich sehen möchte, und ich muss niemandem etwas von meiner Schokolade abgeben. Wer weiß, vielleicht gönne ich mir sogar eine kleine Spritztour auf Lukes Motorrad?«, witzele ich.
    »Bleib nicht wegen mir auf!«, flüstert Petra, als sie mir einen Abschiedskuss gibt, bevor ich es mir doch noch anders überlegen kann.
    Ich warte noch vor der Haustür, bis die Rücklichter von Petras schickem Mercedes-Coupé außer Sichtweite sind, dann gehe ich langsam zurück ins Haus, die Treppe hinauf und in mein Zimmer, wo ich mich erschöpft aufs Bett fallen lasse. Eine ganze Weile liege ich so da und starre an die Decke. Betrachte den Riss, der von der einen Zimmerecke quer durch das Zimmer auf mein Bett zu verläuft und sich dann gabelt. Ich rede mir ein, dass mein Kopf und mein Herz leer sind. Dass ich nichts denke und nichts fühle. Zur Abwechslung konzentriere ich mich mal auf das Banal-Visuelle statt auf das Abstrakt-Emotionale.
    Ich schreibe ein bisschen, kann mich aber nicht ausreichend konzentrieren, um wirklich voranzukommen. Dann stehe ich auf und gehe meinen Kleiderschrank durch, als würde ich mir ernsthaft Gedanken darüber machen, was ich zu Silvester anziehen möchte.
    Zwar hatte die Aussicht auf einen Abend allein zu Hause mich wirklich gelockt – aber jetzt fühle ich mich doch etwas einsam, so ganz ohne Laura und Cas. Ich bin unruhig. Streife ziellos durchs ganze Haus, bis ich schließlich in mein Zimmer zurückkehre und mir wieder Jeans und ein Sweatshirt anziehe. An der Küchentür steige ich in ein Paar Gummistiefel, ziehe mir eine Jacke über und gehe dann hinaus und sehe nach den Tieren. Ich fülle Chances Wassereimer und sein Heu auf. Ich werfe dem schlafenden Geflügel eine Extraportion Mais hin. Der Gänsestall ist unheimlich leer. Eigentlich bin ich ja erleichtert, dass ich mich nicht mehr jeden Morgen mit Gertrudes schlechter Laune konfrontiert sehe, aber irgendwie ist es still ohne sie und die anderen.
    Als nichts mehr zu tun ist, durchschreite ich den langen Mittelgang und überquere dann die Wiesen in Richtung Steilküste. Damals, bevor ich mich nach London absetzte, saß ich oft dort auf der Klippe, sah aufs Meer hinaus und versuchte, mir vorzustellen, wie sich mein Leben entwickeln würde, wenn ich es erst mal nach London geschafft hätte. Gut, bis zur Oberbürgermeisterin habe ich es nicht gebracht, aber ich habe mir doch ein eigenes Leben aufgebaut, und zwar ein ganz gutes. Es war nicht immer einfach, aber ich habe nie aufgegeben und mich sogar selbst mit diesem eisernen Willen überrascht. Dieses Leben habe ich immer noch. Ich kann jederzeit zu ihm zurückkehren. Aber ohne Rob hat es jeglichen Reiz für mich verloren.
    Abermillionen von Sternen und ein fast voller Mond verleihen der Nacht einen magischen Schimmer. Der Mond wirkt so groß und nah – als könne man einfach die Hand nach ihm ausstrecken und ihn berühren. Nichts ist zu hören außer dem Rauschen des Meeres.
    Der Schnee ist fast weggeschmolzen, es weht ein milder Wind. Ich setze mich auf dem Küstenwanderweg in Bewegung, Richtung Straße.
    Doch vorher komme ich noch am Smuggler’s Cottage vorbei. Bei Nacht sieht das Haus noch heruntergekommener aus als bei Tag, aber auch irgendwie einladend. Überhaupt nicht unheimlich wie die meisten verfallenen Gebäude. Die Geister existieren ja doch nur in unserer Phantasie. Ich dagegen male mir aus, wie das Haus wohl aussah, als noch jemand darin wohnte. Dann stelle ich mir vor, wie

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