Wiedersehen in Stormy Meadows
reicht. Ihre rote Mähne fällt ihr in seidig glänzenden Locken über die Schultern.
Mit vor Ehrfurcht und Bewunderung offen stehendem Mund sieht Cas sie in ihren Goldsandalen auf uns zustolzieren. Ein Blick auf Connor verrät mir, dass auch sein Mund offen steht – vermutlich aber eher vor Angst und Schrecken. Er selbst steckt in einer zerrissenen, mit Farbklecksen übersäten Jeans und einem alten dunkelblauen Pullover, da er vermutlich nicht mehr von diesem Abend erwartet hatte als eine Portion Shepherd’s Pie an Lauras Küchentisch sowie jede Menge unangenehme Fragen.
Petras ohnehin rauchige Stimme klingt jetzt heiser-verführerisch. »Connor! Wie schön, dich wiederzusehen! Hoffentlich hast du Hunger mitgebracht – ich habe uns einen Tisch in diesem überall wärmstens empfohlenen Restaurant in Newquay reserviert.«
Connor lacht nervös und zeigt auf seinen alles andere als feinen Aufzug. »Wie du siehst, hatte ich nicht damit gerechnet, dass wir ausgehen würden.«
»Das macht gar nichts. Wir können auf dem Weg kurz bei dir anhalten, und du kannst dich schnell … umziehen.« Der Ton, die Pause, der Blick – alles trieft vor Anzüglichkeit.
Connor sieht sich um, als suche er den Notausgang. Sein Blick bleibt an mir hängen.
»Ich habe Nattie und Cas versprochen, sie nach dem Interview auf ein paar Bier in den Pub einzuladen.« Flehend sieht er mich und Cassie an und hofft auf unsere Unterstützung.
Cas nickt eifrig. Sie bestätigt Connors Lüge gerne, da sie davon ausgeht, dass die Belohnung dafür ein Ausflug ins Ship sein wird. Ich dagegen weiß genau, wie wichtig dieses Interview für Petra ist, und bin hin- und hergerissen, wem gegenüber ich denn nun loyal sein soll. Beide sehen mich beschwörend an.
»Wie wäre es, wenn wir alle zusammen essen gehen?«, höre ich mich sagen.
Petra guckt enttäuscht, Connor erleichtert. Ich habe ihn zwar nicht komplett erlöst, aber immerhin davor bewahrt, mit Petra allein zu sein.
»Ich habe aber nur einen Tisch für zwei Personen reserviert.« Petra blinzelt mir heftig zu, als habe sie etwas ins Auge bekommen.
Wahrscheinlich einen Dorn. Nämlich meine Weigerung, ihre Winke mit Zaunpfählen zu begreifen und entsprechend zu handeln. Sie kann nicht verstehen, wieso ich ihr den Wunsch, einen Abend allein mit Connor zu verbringen, nicht erfüllen will. Und offen gestanden kann ich das auch nicht. Ich rede mir ein, ich hätte die Panik in Connors Blick gesehen. Ich rede mir ein, er hätte sich umgehend in sein Atelier geflüchtet und hinter der größten Leinwand versteckt, wenn ich nicht eingegriffen hätte. Und dass ich damit Petras Interview gerettet habe.
Purer Altruismus. Ich habe sowohl Connor als auch Petra einen Gefallen getan. Aber mir ganz bestimmt nicht.
»Prima Idee«, sagt Connor und klingt dabei eine Spur zu enthusiastisch. Und Cassie pflichtet ihm bei.
Bevor Petra Connor das Abendessen zu viert ausreden kann, saust Cas nach oben, um sich umzuziehen. So schnell habe ich sie sich noch nie bewegen sehen. Nach exakt fünf Minuten ist sie wieder da, komplett geschminkt, in schwarzem Minirock, kniehohen Stiefeln und einem ärmellosen orangefarbenen Polohemd. Sie lässt sich zwischen Petra und Connor aufs Sofa plumpsen. Ihr Top beißt sich farblich so unangenehm mit Petras Haaren, dass deren so sorgfältig zusammengestelltes Outfit ruiniert ist. Ich frage mich, ob es sich um mutwillige Sabotage handelt.
Ich brauche ein bisschen länger, um meine Jeans und meinen Pulli gegen das schlichte schwarze Kleid auszutauschen, das immer dann herhalten muss, wenn ich nicht weiß, was ich anziehen soll. Ich bürste mir die Haare und lege Lippenstift und Wimperntusche auf. Gleichzeitig könnte ich mir in den Allerwertesten beißen, dass ich nicht einfach meine Klappe gehalten und die beiden allein habe ziehen lassen. Ich trödele herum in der Hoffnung, es könnte noch irgendetwas passieren, was mich von meiner Rolle als fünftes Rad am Wagen heute Abend entbindet.
Und meine Gebete werden erhört.
Wir wollen gerade los, als das dumpfe Röhren eines Motorrades im Hof ertönt. Cassie hatte völlig vergessen, dass sie mit Luke verabredet war, und sieht zu meinem Erstaunen eher enttäuscht denn begeistert aus, ihn zu sehen. Fast schon widerwillig klettert sie wieder aus Petras Mercedes, um mit ihm zu reden. Mit unergründlicher Miene kommt sie zum Auto zurück und klinkt sich aus unserer kleinen Gesellschaft aus.
Wie schon beim letzten Mal bestehe ich darauf,
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