Wiedersehen in Stormy Meadows
er uns allen einen Drink ausgegeben hat.
»Was schlägst du vor?«
»Einen kleinen Einsatz.«
Cas und ich sehen einander an. Sie nickt. »Okay. Wie viel?«
»Wie wär’s mit fünfzig?«
»Fünfzig Pfund?« Cas staunt nicht schlecht.
»Zu wenig?«, hakt Charles nach. »Wir können auch gerne verdoppeln. Hundert?«
»Das meint er nicht ernst, oder?«, frage ich Laura.
Düster sieht sie mich. »Wenn es um Geld geht, meint Charles es immer ernst.«
»Bitte, Nat!«, bettelt Cas. »Bitte! Du schlägst die doch mit links!«
»Na, da wäre ich mir nicht so sicher …«
»Ich setze die Hundert auf Cas und Nat, Charles«, ertönt plötzlich eine weitere Männerstimme.
Wir drehen uns um und sehen Connor am Tresen sitzen. Ich hatte ihn gar nicht hereinkommen sehen, so sehr war ich mit Cas und dem Spiel beschäftigt. Ich freue mich riesig, ihn zu sehen, bin aber auch schlagartig verlegen.
»Top, die Wette gilt, Connor.« Charles grinst ihn an. »Ich hoffe, du bist ein guter Verlierer!«
»Cas und Nat werden das schaffen, da habe ich gar keine Bedenken.«
»Nein, danke, Connor«, mische ich mich ein. »Wir setzen die hundert Pfund schon selbst.«
»Sicher?« Fragend hebt Charles die Augenbrauen.
»Total sicher«, entgegne ich entschlossen. »Danke«, sage ich an Connor gewandt, »aber ich möchte nicht, dass du so viel Geld verlierst.«
»Ich werde es nicht verlieren.«
»Hast du unser letztes Spiel gesehen?«
Er schüttelt den Kopf. »Nein, ich bin erst seit zwei Minuten hier. Aber so, wie ich dich einschätze, würdest du dich niemals auf eine solche Wette einlassen, wenn du dir nicht realistische Gewinnchancen ausrechnen würdest. Zumal es für Cas jetzt eine Riesenenttäuschung wäre, wenn du verlieren würdest.«
»Wir verlieren nicht«, höre ich mich prahlen.
Wie zur Strafe für meine kleine Überheblichkeit geht es erst mal ziemlich schlecht los für uns. Charles und Laura dürfen anfangen, und Laura stößt die weiße Kugel mit beeindruckender Kraft in das Dreieck aus bunten Kugeln. Dann bin ich dran und setze einen peinlich einfachen Stoß in den Sand, während mir die ganze Zeit über bewusst ist, dass ich beobachtet werde.
Dann ist Charles dran. Sieht ganz so aus, als hätte er einen Turnier-Snookertisch zu Hause, aber das gereicht ihm nun gerade nicht zum Vorteil, weil die Winkel auf dem kleineren Pubtisch irgendwie anders funktionieren. So schafft er es nicht, zwei der durch Lauras ersten Stoß wunderbar platzierten Vollen zu versenken.
»Seine Stoßtechnik ist sonst gar nicht übel«, frotzelt sie. »Und im Taschenbillard ist er ein echter Profi.«
Meine Mutter zwinkert mir zu, während Cas sich fast an ihrer Cola Light verschluckt. Vor lauter Kichern schafft sie es dann auch nicht, eine Kugel zu versenken. Meine Mutter dagegen lässt daraufhin gleich drei hintereinander verschwinden. Dann manövriert sie zwei Kugeln noch so, dass sie unsere Halben mehr oder weniger blockieren. Selbstzufrieden tritt sie einen Schritt zurück und bläst den Kreidestaub von ihrer Queuespitze, als handele es sich dabei um einen rauchenden Colt.
Jetzt bin ich dran. Ich sehe, wie Cas mich beobachtet. Sehe ihr an, dass sie sich plötzlich nicht mehr sicher ist, ob es so schlau war, das Team zu wechseln. Ich verspüre einen überwältigenden Drang, das beste Spiel meines Lebens hinzulegen – nur leider spiele ich immer dann, wenn ich besonders gut spielen will, besonders schlecht. Aber das hier ist einfach zu wichtig. Ich muss mich entspannen. Ich kreide meinen Queue, dann leere ich mein Glas in einem Zug und das meiner Mutter noch dazu. Ich atme tief durch, marschiere entschlossen auf den Tisch zu und räume auf.
Tom Cruise wäre ein Waisenknabe dagegen. Mit jeder versenkten Halben wird mir immer leichter ums Herz, während Cas immer begeisterter strahlt. Eine nach der anderen plumpst ins Säckchen, bis nur noch die Schwarze übrig ist.
Das wird ein schwieriger Stoß. Ich werde über Bande spielen müssen, und das habe ich noch nie sonderlich gut gekonnt. Ich bücke mich, um mir den Winkel genauer anzusehen, als mich jemand am Ellbogen fasst. Es ist Cas. Sie sieht mich an.
»Du schaffst das!«
Aus Freude über diesen Zuspruch richte ich mich noch einmal auf. Dabei bemerke ich, dass unser Spiel vom gesamten Pub verfolgt wird. Der Einzige, der sich nicht für die Partie interessiert, ist der alte Davey. Er ist mit dem Kopf auf dem Tresen eingeschlafen. Aber ansonsten sind aller Augen auf uns gerichtet.
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