Wiedersehen macht Liebe (German Edition)
hoffe, du findest es«, sagte Rylann aufrichtig. »Ich möchte, dass du glücklich bist.«
»Das wünsche ich mir auch für dich, Rylann.« Er berührte zum Abschied ihre Wange. Dann stieg er in ein Taxi, das ihn zu dem Hotel zurückbringen würde, das er sich für die Nacht gesucht hatte.
Rylann stand auf dem Bürgersteig und sah zu, wie Jon wegfuhr. Sie erinnerte sich an einen ähnlichen Moment vor sieben Monaten, als sie sich vor ihrer gemeinsamen Wohnung in San Francisco verabschiedet hatten. Nur dass ihn das Taxi damals direkt zum Flughafen und zu seinem neuen Leben in Italien gebracht hatte.
Sobald das Taxi aus ihrer Sicht verschwunden war, legte sie die paar Blocks zu ihrer Wohnung zurück. Währenddessen schweiften ihre Gedanken zu allem, was an diesem Morgen passiert war. Vor einigen Wochen hatte sie Rae erzählt, dass sie es niemals in Betracht gezogen hatte, Jon nach Rom zu begleiten, weil das verrückt gewesen wäre und sie nicht verrückt war. Aber das stimmte so nicht ganz. Während ihrer gemeinsamen Zeit mit Kyle hatte sie viele Dinge gemacht, die aus einer vernünftigen Perspektive nicht besonders viel Sinn ergaben. Für ihn war sie bereit gewesen, die Regeln zu umgehen, sich gegen die Logik zu entscheiden und einfach ihrem Herzen zu folgen.
Und wenn sie ehrlich war, machte ihr das ein wenig Angst.
Sie hatte vom ersten Augenblick an gewusst, dass Kyle jede Menge Ärger bedeutete. Sein erstes Lächeln hatte es sie spüren lassen. Nachdem sie sich nach all den Jahren erneut begegnet waren, hatte sie sich eingeredet, dass sie aufpasste und es nichts Ernstes war. Aber die vergangenen Wochen waren weit über bloßen Spaß hinausgegangen und hatten ihr gezeigt, wie unglaublich fantastisch es sein konnte, Kyle Rhodes in ihrem Leben zu haben.
Als er am Morgen gesagt hatte, dass sie sich wohl schäme, mit ihm gesehen zu werden, hatte sie sich einfach nur … schlecht gefühlt. Auch wenn diese ganze Heimlichtuerei irgendwie aufregend gewesen war, wusste sie doch, dass er etwas Besseres verdient hatte. Aber sie hatte sich so überrumpelt gefühlt, als er an Ort und Stelle Antworten verlangt hatte.
Nun war es an der Zeit, sich zu entscheiden. Sie konnte zulassen, dass Kyle ein zweites Mal aus ihrem Leben verschwand, und damit ihren Ruf als Meth-Labor-Rylann bewahren. Die aufstrebende Staatsanwältin, die sich niemals einen Fehltritt erlaubte und hart darum gekämpft hatte, als Frau in einem Beruf anerkannt zu werden, in dem das so häufig nicht der Fall war. Oder sie konnte akzeptieren, dass ihr Ruf in den Augen ihrer Chefin und ihrer Kollegen möglicherweise für immer lädiert sein würde, wenn sie zugab, dass sie mit dem Twitter-Terroristen zusammen war, ihrem ehemaligen Zeugen und dem berühmtesten Verbrecher, den ihr Büro in der jüngeren Geschichte angeklagt hatte.
Während Rylann darüber nachdachte, betrat sie ihre Wohnung und warf Handtasche und Schlüssel auf die Küchentheke. Sie ging ins Schlafzimmer und zog das graue Damenkostüm und die Stöckelschuhe aus, die sie für die Arbeit getragen hatte. Dann hängte sie das Kostüm zu den anderen in den Schrank, in die ordentliche Reihe der schwarzen, blauen, grauen, braunen und beigefarbenen Jacketts. Dabei wanderte ihr Blick instinktiv zu der Schuhschachtel im obersten Regalfach, in der Kyles Flanellhemd lag. Plötzlich fielen ihr die Worte ein, die sie nach ihrem ersten gemeinsamen Kuss zu ihm gesagt hatte.
Ich wollte eben zur Abwechslung mal ein bisschen spontan sein.
Jetzt blieb nur noch die Frage, wie weit sie damit zu gehen bereit war.
34
Am nächsten Morgen saß Kyle an seinem Schreibtisch in den Geschäftsräumen von Rhodes Network Consulting und starrte abwesend aus dem Fenster auf den Chicago River.
Als sein Handy klingelte, wurde er aus seinen Gedanken gerissen. Ein kurzer Blick aufs Display ließ ihn enttäuscht feststellen, dass der Anruf von Sean kam.
Er ging dran, und die beiden besprachen das Programm für die nächste Woche. Montag war der offizielle Arbeitsbeginn für alle Angestellten, was momentan Sean, Gil und Troy, zwei Verwaltungsfachangestellte sowie eine Empfangsdame beinhaltete. Der Menge an Anrufen nach zu urteilen, die Kyle seit der Twitter-Nachricht erhalten hatte, bezweifelte er aber, dass er lange mit nur sechs Leuten auskommen würde – besonders wenn der Artikel im Time Magazine herauskam.
Wie sein Vater am Abend zuvor gesagt hatte, war es ihm beruflich gesehen tatsächlich gelungen, das Ruder
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