Wiedersehen macht Liebe (German Edition)
Antwort – dass wir mit dem Ausgang der Angelegenheit zufrieden sind, kein weiterer Kommentar, so was in der Art. Sie machen das ja schon eine Weile, also kennen Sie das Prozedere.«
Rylann war sofort interessiert. »Reporter für einen bewilligten Antrag? Um was für einen Fall handelt es sich?« Neugierig öffnete sie die oberste Akte und las die Überschrift.
Die Vereinigten Staaten gegen
Kyle Rhodes
Glücklicherweise hatte sie sich in den sechs Jahren als Prozessanwältin ein verdammt gutes Pokerface zugelegt, denn sonst wäre ihr in diesem Moment die Kinnlade heruntergeklappt.
Das kann doch wohl nicht wahr sein!
Allein den Namen zu sehen, rief einen ganzen Schwung an Erinnerungen wach. Die aufregenden blauen Augen und das sexy Lächeln. Der schlanke und doch muskulöse Körper, wie für die Sünde gemacht. Sein Mund auf ihrem, während sie sich im Mondlicht enger an ihn presste.
Dies war wahrscheinlich nicht der beste Moment, um ihre neue Chefin darüber zu informieren, dass sie den Angeklagten ihres ersten Falls schon einmal geküsst hatte.
»Ach, der Twitter-Terrorist«, sagte Rylann beiläufig. Sie war von dieser unerwarteten Wendung der Ereignisse natürlich ein wenig überrascht, aber niemand außer ihr würde das jemals wissen. Vor langer Zeit hatte Kyle Rhodes mit einem einfachen Kuss dafür gesorgt, dass ihr Herz einen Sprung gemacht hatte, aber das war fast ein Jahrzehnt her. Nun war sie Meth-Labor-Rylann – und während sie arbeitete, würde sie auf niemanden nervös wirken.
»Ich dachte mir, dass es witzig wäre, diese Sache der Neuen zu geben.« Cameron sah sie an. »Sie können jederzeit in mein Büro kommen. Meine Tür steht immer für Sie offen.«
Nachdem sie gegangen war, blickte Rylann auf das Polizeifoto von Kyle, das mit einer Büroklammer an der Akte befestigt war. Erwartungsgemäß sah er auf dem Foto ernst und missgelaunt aus, weit entfernt von dem sorglosen Charmeur, der sie einst in einer lauen Mainacht in Champaign nach Hause begleitet hatte.
Sie fragte sich, ob er sich überhaupt an sie erinnern würde.
Natürlich spielte das keine große Rolle. Sie hegte keinen Zweifel daran, dass Kyle Rhodes in den vergangenen neun Jahren viele Frauen geküsst hatte – und mit ziemlicher Sicherheit noch viel mehr als das –, also hielt sie es für äußerst wahrscheinlich, dass er nicht mal blinzeln würde, wenn sie morgen in den Gerichtssaal kam. Was ihr vollkommen recht war. Schließlich wusste sie noch, dass ihr erster Eindruck von ihm nicht besonders vorteilhaft gewesen war.
Und wenn ihr zweiter und dritter Eindruck anders gewesen waren … nun, da würde sie einfach die Aussage verweigern. Weil eine ernsthafte Strafverfolgerin wie sie wegen eines Angeklagten, dem sie im Gericht gegenüberstand, keine Schmetterlinge im Bauch bekommen durfte.
Nicht mal wegen eines Angeklagten, der ihr einst gesagt hatte, dass er zwei Stunden Fahrt auf sich nehmen würde, um mit ihr Chicken Wings essen zu gehen.
Doch glücklicherweise war das nicht mehr als eine alte Geschichte. Ja, die Umstände ihres Wiedersehens waren ironisch, vielleicht sogar lächerlich, aber letztendlich würde sie Kyle Rhodes genauso behandeln wie alle anderen Straftäter, die ihr während ihrer Laufbahn als stellvertretende Staatsanwältin begegnet waren.
Und morgen würde sie genau das beweisen.
6
»Kyle! Kyle! Wie sehen Ihre Pläne für die Zukunft aus, jetzt, da Sie ein verurteilter Hacker sind?«
»Haben Sie seit Ihrer Entlassung schon mit Daniela gesprochen?«
Kyle, der vorne im Gerichtssaal auf der Anklagebank saß, ignorierte die Fragen und die Blitzlichter der Kameras hinter ihm. Irgendwann würde es ihnen zu langweilig werden, sagte er sich. In weniger als einer Stunde würde er seine Freiheit haben, und dann würde das alles vorbei sein.
»Ist Facebook Ihr nächstes Ziel?«, rief ein anderer Reporter.
»Würden Sie gerne eine Erklärung abgeben, bevor der Richter kommt?«, lautete die nächste Frage.
»Na klar! Hier ist eine Erklärung«, knurrte Kyle leise, »lasst uns diesen Zirkus hinter uns bringen, damit ich mir diese dämlichen Fragen nicht länger anhören muss.«
Neben ihm beugte sich einer seiner Anwälte – heute waren es aus unerfindlichen Gründen fünf – zu ihm vor und flüsterte: »Vielleicht sollten wir besser alle Presseanfragen übernehmen.«
Plötzlich wurde die Tür des Gerichtssaals geöffnet, und die Kameras begannen wild zu blitzen. Leises Gemurmel ging durch die Menge, und
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