Wiedersehen macht Liebe (German Edition)
Richterzimmer geöffnet wurde. »Bitte erheben Sie sich!«, rief der Gerichtsdiener. »Die Verhandlung ist nun eröffnet, den Vorsitz hat der ehrenwerte Richter Reginald Batista.«
Alle im Saal standen auf, als der Richter seinen Platz einnahm und der Gerichtsdiener seinen Fall aufrief. »Die Vereinigten Staaten gegen Kyle Rhodes.«
Rylann trat zusammen mit Kyles führendem Anwalt vor das Podium.
»Rylann Pierce, für die US-Staatsanwaltschaft, Euer Ehren.«
»Mark Whitehead, für die Verteidigung.«
Der Richter sah von dem Antrag auf, den er in seinen Händen hielt.
»Da beide Parteien und scheinbar die gesamte Presse Chicagos anwesend sind, können wir gleich zur Sache kommen.« Er legte die Papiere beiseite. »Wir sind wegen eines recht ungewöhnlichen Regel-35-Antrags der Staatsanwaltschaft hier, eines Antrags darauf, die Haftstrafe des Angeklagten Kyle Rhodes zu reduzieren. Wenn ich richtig verstehe, hat Mr Rhodes vier Monate der von diesem Gericht verhängten achtzehn Monate langen Haftstrafe abgeleistet.« Der Richter wandte sich zur Bestätigung an Mark. »Ist das korrekt, Herr Anwalt?«
»Ja, Euer Ehren«, antwortete Mark. »Vor zwei Wochen wurde Mr Rhodes durch eine Absprache mit der Staatsanwaltschaft aus dem Metropolitan Correctional Center entlassen und hat seine Strafe seitdem in Hausarrest abgeleistet.«
Der Richter nahm seine Lesebrille ab und wandte sich an Rylann. »Ms Pierce, ich habe gesehen, dass Ihnen dieser Fall sehr kurzfristig anvertraut wurde, und mir ist klar, dass Sie in die vorangegangenen Entscheidungen nicht involviert waren. Doch ich muss sagen, dass mich dieser Antrag etwas überrascht hat. Während der Anhörung hat Ihr Büro recht nachdrücklich argumentiert, dass ich Mr Rhodes die Höchststrafe geben sollte. Ich glaube, ›Terrorist‹ und ›Cyberbedrohung für die Gesellschaft‹ waren zwei der Begriffe, die Mr Morgan verwendete, um den Angeklagten zu beschreiben. Und jetzt, nur vier Monate später, wollen Sie, dass die Strafe so weit reduziert wird, dass sie als abgeleistet gilt.«
Kyle warf einen nervösen Blick in Richtung der vier Anwälte an seinem Tisch. Ihm gefiel nicht, was der Richter da sagte. Er hatte bisher den Eindruck gehabt, dass dieser Antrag beschlossene Sache war.
Dann eilte eine liebliche Stimme zu seiner Verteidigung.
»Die Umstände haben sich geändert, Euer Ehren«, sagte Rylann. »Die Staatsanwaltschaft hat in Zusammenarbeit mit dem Federal Bureau of Investigation eine Vereinbarung mit Jordan Rhodes, der Schwester des Angeklagten, getroffen. Als Gegenleistung für Ms Rhodes’ Unterstützung bei einer verdeckten Ermittlung hat unser Büro eingewilligt, bei diesem Gericht eine Minderung von Mr Rhodes’ Strafe zu beantragen. Ms Rhodes hat sich an ihren Teil der Vereinbarung gehalten, und nun würden wir uns gerne an unseren halten.«
»Auch wenn ich betonen möchte, dass dieses Gericht nicht durch Vereinbarungen gebunden ist, die die Regierung in Bezug auf den Angeklagten getroffen hat, werde ich Ihrem Antrag stattgeben, Frau Anwältin«, sagte der Richter. »Die Strafe des Angeklagten gilt hiermit als abgeleistet.«
Kyle blinzelte. Und so einfach war er wieder ein freier Mann.
Dann drehte sich der Richter zu ihm um und blickte streng zu ihm herunter. »Aber tun Sie uns allen einen Gefallen, Mr Rhodes: Halten Sie sich von Twitter fern! Denn wenn ich Sie noch einmal in meinem Gerichtssaal sehe, gibt es keine Vereinbarung mehr, die Sie retten könnte.« Er schlug mit seinem Hammer auf den Tisch. »Die Verhandlung ist hiermit geschlossen.«
»Bitte erheben Sie sich!«, rief der Gerichtsdiener, und alle Anwesenden im Saal standen auf.
Ein aufgeregtes Getöse erfasste die Menge. Blitzlichter blendeten Kyle, während ihn eine Masse aus Körpern umringte, darunter auch seine Anwälte, Jordan und sein Vater. Reporter drängten sich vor und waren auf einen Kommentar aus, doch Kyle schob sich an ihnen vorbei. Aus dem Augenwinkel sah er, wie Rylann ihre Aktentasche nahm und sich zum Gehen wandte.
Sie trafen sich in der Mitte des Gangs, gerade als mehrere Journalisten ihnen Mikrofone ins Gesicht schoben.
»Ms Pierce! Hat die Staatsanwaltschaft etwas dazu zu sagen, dass Kyle Rhodes wieder ein freier Mann ist?«
Als Rylann ihn ansah, hatte Kyle das Gefühl, als wäre jeder Nerv in seinem Körper von einem Elektroschocker erwischt worden.
Sie blinzelte – und das Funkeln war aus ihren Augen verschwunden, ersetzt durch einen nüchternen Ausdruck, mit
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