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Wiedersehen mit Mrs. Oliver

Wiedersehen mit Mrs. Oliver

Titel: Wiedersehen mit Mrs. Oliver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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packte ihn wieder am Arm. »Es kommt jemand.«
    Das Ganze ist wie ein schlechtes Melodrama, dachte Poirot irritiert.
    Das freundliche, milde Gesicht von Miss Brewis erschien in der Tür.
    »Ach, hier sind Sie, M. Poirot. Ich habe Sie gesucht, weil ich Ihnen Ihr Zimmer zeigen möchte.«
    Sie ging mit ihm die Treppe hinauf und führte ihn über einen Korridor in ein großes, luftiges Zimmer mit Aussicht auf den Fluss.
    »Das Badezimmer ist gegenüber. Sir George hat die Absicht, mehrere Badezimmer einzubauen, aber das würde die edlen Proportionen des Hauses beeinträchtigen. Ich hoffe, Sie werden sich bei uns behaglich fühlen.«
    »Ganz bestimmt«, sagte Poirot, und sein Blick schweifte mit Genugtuung über das kleine Bücherregal, die Leselampe und die Dose neben seinem Bett, auf der »Konfekt« stand.
    »Sie scheinen alles in diesem Haus glänzend organisiert zu haben. Darf ich Ihnen, oder meiner reizenden Gastgeberin, meine Bewunderung aussprechen?«
    »Lady Stubbs ist voll damit beschäftigt, charmant zu sein«, erklärte Miss Brewis mit leicht säuerlicher Stimme.
    »Eine sehr dekorative junge Dame«, stellte Poirot fest.
    »Zweifellos.«
    »Aber ist sie nicht vielleicht in anderer Beziehung … Pardon! Ich bin indiskret. Ich spreche von etwas, das ich nicht erwähnen sollte.«
    Miss Brewis sah ihn unverwandt an und sagte trocken:
    »Lady Stubbs weiß ganz genau, was sie tut. Abgesehen davon, dass sie, wie Sie sagen, sehr dekorativ ist, ist sie auch sehr gerissen.«
    Sie hatte das Zimmer verlassen, bevor Poirot sich von seinem Staunen erholen konnte. Also das war die Meinung der tüchtigen Miss Brewis? Oder hatte sie das nur aus einem persönlichen Grund gesagt? Und warum zu ihm – zu einem Neuankömmling? Vielleicht eben deshalb? Und weil er ein Ausländer war? Die Erfahrung hatte Hercule Poirot gelehrt, dass Engländer zu der Ansicht neigten, dass man einem Ausländer alles erzählen könnte – weil man ihn sowieso nicht ernst nahm. Er runzelte die Stirn und starrte gedankenverloren auf die Tür, durch die Miss Brewis verschwunden war. Dann schlenderte er zum Fenster und blickte hinaus. Nach kurzer Zeit sah er Lady Stubbs und Mrs Folliat aus dem Haus kommen. Sie blieben einen Augenblick bei dem großen Magnolienbaum stehen und unterhielten sich, dann nickte Mrs Folliat, verabschiedete sich und ging mit ihrem Gartenkorb langsam den Einfahrtsweg hinunter. Lady Stubbs beobachtete sie einen Moment, riss zerstreut eine Magnolienblüte ab, roch daran und schlug schließlich den Pfad ein, der zum Fluss führte. Sie sah sich noch einmal kurz um, bevor sie um die Ecke bog und verschwand. Auf der anderen Seite der Magnolie erschien gleich darauf Michael Weyman und ging ebenfalls den Pfad zum Fluss hinunter.
    Ein gut aussehender, dynamischer junger Mann, dachte Poirot. Zweifellos eine reizvollere Persönlichkeit als Sir George Stubbs …
    Und warum nicht? Es war das alte Lied: Ein reicher, nicht sehr ansprechender Ehemann in mittleren Jahren, eine junge, schöne, geistig unreife Frau und ein charmanter junger Mann, der ihren Reizen gegenüber nicht unempfindlich war. War das vielleicht ein Grund für Mrs Oliver, ihn hierherzubeordern? Mrs Oliver hatte zweifellos eine lebhafte Phantasie, aber … Aber schließlich bin ich kein Sachverständiger für Ehebruch – oder für vermeintlichen Ehebruch, dachte Poirot.
    Sollte Mrs Oliver wirklich Recht haben? War hier irgend etwas nicht in Ordnung? Mrs Oliver war ein Wirrkopf, und wie sie es jemals zustande brachte, Kriminalromane zu schreiben, blieb Poirot ein Rätsel. Und doch – trotz allem erstaunte sie ihn manchmal mit ihrem Scharfblick.
    »Die Zeit ist kurz – sehr kurz«, murmelte er vor sich hin. »Geht hier etwas vor? Ich möchte es fast annehmen. Aber was? Wer könnte mir helfen, den Fall zu klären? Ich muss unbedingt mehr über die Leute in diesem Haus erfahren. Wer könnte mir Bescheid sagen?«
    Nach kurzem Zögern nahm er seinen Hut (Poirot riskierte es niemals, abends ohne Hut ins Freie zu gehen), eilte aus dem Zimmer und ging die Treppe hinunter. Von ferne hörte er Mrs Masterton im Kasernenhofton Befehle geben, und, aus einem nahe gelegenen Raum, Sir Georges leicht verliebte Stimme:
    »Dieses Kostüm ist verflucht kleidsam. Wünschte, ich hätte Sie in meinem Harem, Sally. Ich werde mir morgen öfters von Ihnen die Zukunft voraussagen lassen. Was werden Sie mir erzählen?« Ein Stuhl wurde gerückt – dann vernahm er Sally Legges atemlose Stimme: »Nein,

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