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Wiedersehen mit Mrs. Oliver

Wiedersehen mit Mrs. Oliver

Titel: Wiedersehen mit Mrs. Oliver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Sittlichkeitsverbrechen war, kann ich mir nicht vorstellen, warum jemand das arme Mädchen ermorden wollte.«
    »Ich hoffte, dass Sie mir helfen könnten«, meinte der Kommissar. Mrs Oliver hatte zweifellos die entscheidende Frage berührt: Warum sollte irgendjemand ein Interesse daran gehabt haben, Marlene zu ermorden?
    »Leider kann ich Ihnen nicht helfen«, erklärte Mrs Oliver. »Ich habe keine Ahnung, wer es getan haben könnte, allerdings könnte ich mir verschiedene Gründe vorstellen … es ist mein Unglück, dass ich eine so lebhafte Phantasie besitze. Ich könnte Ihnen in diesem Augenblick schildern, wie sich alles abgespielt hat, und wahrscheinlich würde es sogar glaubhaft klingen. Zum Beispiel hätte sie von jemandem ermordet werden können, dem es Freude macht, Mädchen umzubringen – aber nein, das wäre zu einfach. Auf jeden Fall ist kaum anzunehmen, dass zufällig ein Lustmörder zu unserem Gartenfest kam. Und wie hätte er überdies ahnen können, dass Marlene im Bootshaus war? Aber vielleicht hat sie etwas über eine heimliche Liebesgeschichte gewusst, oder sie hat jemanden beim Vergraben einer Leiche beobachtet, oder sie könnte jemanden erkannt haben, der versuchte, seine Identität zu verbergen, oder vielleicht wusste sie, wo während des Krieges ein heimlicher Schatz vergraben wurde, oder der Mann im Motorboot hat jemanden in den Fluss geworfen, oder sie könnte den Geheimschlüssel für eine wichtige Botschaft gefunden haben, ohne zu wissen, um was es sich handelt.«
    »Bitte? Mrs Oliver!« Der Kommissar hob beschwörend seine Hand. Der Kopf schwirrte ihm.
    Mrs Oliver unterbrach folgsam ihren Redeschwall. Offensichtlich hätte sie noch weitere Versionen entwickeln können, obwohl sie nach Meinung des Kommissars bereits alle erdenklichen Möglichkeiten aufgezählt hatte. Aus der Fülle des Materials wählte er einen Satz: »Was meinten Sie, als Sie von dem Mann im Motorboot sprachen? Haben Sie sich für Ihre Theorien einen Mann in einem Motorboot vorgestellt?«
    »Irgendjemand sagte, er wäre in einem Motorboot angekommen, aber ich weiß nicht mehr wer«, erwiderte Mrs Oliver. »Ich meine den Mann, über den wir beim Frühstück sprachen«, fügte sie hinzu.
    »Ich bitte Sie …«, sagte der Kommissar flehentlich. Bisher hatte er nicht gewusst, wie sich Autorinnen von Kriminalromanen benehmen. Er wusste nur, dass Mrs Oliver über vierzig Bücher geschrieben hatte, und er wunderte sich, dass es nicht hundertvierzig waren. »Worum handelt es sich eigentlich?«, erkundigte er sich nun in beinahe brüskem Ton. »Welcher Mann ist zur Frühstückszeit in einem Motorboot angekommen?«
    »Er ist nicht in einem Motorboot angekommen, sondern in einer Jacht. Aber ich habe mich wohl unklar ausgedrückt – es handelt sich um einen Brief.«
    »Also was war es? Eine Jacht oder ein Brief?«, fragte Bland.
    »Ein Brief an Lady Stubbs«, entgegnete Mrs Oliver. »Von einem Vetter mit einer Jacht. Und sie hat sich gefürchtet …«
    »Gefürchtet? Wovor?«
    »Vor ihm, nehme ich an«, meinte Mrs Oliver. »Das konnte jeder sehen. Sie hatte schreckliche Angst vor ihm und wollte nicht, dass er kam, und deshalb versteckt sie sich jetzt wohl.«
    »Sie versteckt sich?«
    »Auf jeden Fall ist sie nirgends zu finden«, erklärte Mrs Oliver. »Wir haben alle nach ihr gesucht, und ich glaube, dass sie sich versteckt hat, weil sie ihm nicht begegnen möchte.«
    »Wer ist dieser Mann?«, fragte der Kommissar.
    »Danach müssen Sie sich bei M. Poirot erkundigen, denn er hat mit ihm gesprochen, ich nicht. Er heißt Esteban – ach nein, das stimmt nicht, so hieß er nur in meiner Geschichte. Er heißt de Sousa, Etienne de Sousa.«
    Aber ein anderer Name hatte die Aufmerksamkeit des Kommissars erregt: »Erwähnten Sie eben M. Poirot?« fragte er.
    »Ja, Hercule Poirot. Er war dabei, als ich die Leiche fand.«
    »Hercule Poirot … sonderbar! Könnte es wohl der gleiche Mann sein? Ist er Belgier, klein, mit einem großen Schnurrbart?«
    »Ja, er hat einen sehr großen Schnurrbart«, bestätigte Mrs Oliver. »Kennen Sie ihn?«
    »Ich habe ihn vor vielen Jahren kennen gelernt, als ich noch ein junger Mann war.«
    »Haben Sie ihn im Zusammenhang mit einem Mord kennengelernt?«
    »Jawohl. Was hat er hier zu suchen?«
    »Er sollte die Preise verteilen«, erklärte Mrs Oliver.
    Sie zögerte einen Augenblick, bevor sie ihm diese Auskunft gab, jedoch fiel das dem Kommissar nicht auf.
    »Und Sie haben das tote Mädchen in seiner

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