Wiedersehen mit Mrs. Oliver
Poirot.«
»Vielleicht ist es aber eine düstere Angelegenheit.«
»Wir untersuchen den Mord an Marlene Tucker«, bemerkte der Kommissar ärgerlich.
»Selbstverständlich – warum dann das Interesse an de Sousa? Glauben Sie, dass er Marlene Tucker ermordet hat?«
»An allem ist diese Person schuld!«, erwiderte der Kommissar nicht sehr logisch.
»Meinen Sie Mrs Oliver?« fragte Poirot mit einem leichten Lächeln.
»Ja. Ich kann nicht begreifen, warum Marlene Tucker ermordet worden ist – ich kann beim besten Willen kein Motiv dafür finden. Wer sollte Grund haben, dieses uninteressante, törichte kleine Mädchen umzubringen?«
»Und Mrs Oliver hat ein Motiv gefunden?«
»Mindestens ein Dutzend! Sie meinte unter anderem, dass Marlene um eine heimliche Liebesgeschichte gewusst haben könnte, oder vielleicht Zeugin eines Mordes gewesen sei, oder dass sie wüsste, wo ein heimlicher Schatz vergraben wurde, oder dass sie vom Fenster des Bootshauses aus de Sousa, der mit seinem Motorboot am Ufer anlegte, bei einer dunklen Tat beobachtet haben könnte.«
»Sehr interessant! Würden Sie einer dieser Theorien irgendwelche Bedeutung beimessen, mon cher?«
»Ich weiß nicht recht, aber sie gehen mir noch immer im Kopf herum. Hören Sie zu, Poirot, und versuchen Sie, sich möglichst genau zu erinnern: Hatten Sie, nachdem Sie heute Morgen mit Lady Stubbs sprachen, den Eindruck, dass sie möglicherweise über die bevorstehende Ankunft ihres Vetters verstört war, weil er etwas wusste, das ihr Mann nicht erfahren sollte, oder glauben Sie, dass sie persönlich Angst vor ihm hatte?«
»Meiner Ansicht nach fürchtete sie sich persönlich vor dem Mann«, antwortete Poirot ohne Zaudern.
»Hm … dann werde ich mich wohl mit dem jungen Mann unterhalten müssen, falls er noch hier ist«, meinte der Kommissar.
11
O bwohl Kommissar Bland, im Gegensatz zu Constable Hoskins, Ausländern gegenüber keine Vorurteile hegte, empfand er sofort eine starke Abneigung gegen Etienne de Sousa. Seine übertriebene Eleganz, seine Gewandtheit, die stark parfümierte Brillantine auf seinem dunklen Haar erregten das Missfallen des Kommissars.
De Sousa war sehr selbstsicher, sehr ungezwungen. Er gab sich wenig Mühe, eine gewisse Belustigung zu verbergen.
»Man muss zugeben, dass das Leben voller Überraschungen ist«, meinte er. »Ich bin auf einer Ferienfahrt mit meiner Jacht, ich komme hier an, bewundere die herrliche Umgebung, erwarte, einen Nachmittag mit meiner kleinen Kusine zu verbringen, die ich seit Jahren nicht gesehen habe – und was geschieht? Zuerst gerate ich in eine Art Karneval, die Kokosnüsse pfeifen mir um die Ohren, und sofort danach, von der Komödie zur Tragödie, werde ich in einen Mord verwickelt.«
Er zündete sich eine Zigarette an, atmete den Rauch ein und fuhr fort: »Nicht, dass mich dieser Mord etwas angeht. Ich habe keine Ahnung, warum Sie mit mir sprechen wollen.«
»Sie sind hier als ein Fremder angekommen, Mr de Sousa …«
»Und Fremde hat man sogleich im Verdacht, nicht wahr?«, unterbrach de Sousa ihn.
»Aber durchaus nicht, Sie missverstehen mich, Mr de Sousa. Wie ich höre, liegt Ihre Jacht in Helmmouth vor Anker?«
»Das stimmt.«
»Und Sie sind hier heute Nachmittag in einem Motorboot angekommen?«
»Jawohl.«
»Ist Ihnen bei Ihrer Fahrt den Fluss hinunter ein kleines Bootshaus mit einem Strohdach aufgefallen, das etwas über das Ufer hinausragt und einen eigenen Anlegesteg hat?«
De Sousa warf seinen hübschen dunklen Kopf stirnrunzelnd zurück.
»Ich muss überlegen«, meinte er. »Ich habe eine Bucht und ein kleines graues Backsteinhaus gesehen.«
»Weiter unten, Mr de Sousa! Zwischen den Bäumen!«
»Ja, jetzt entsinne ich mich – ein sehr malerisches Fleckchen. Ich wusste nicht, dass dieses Bootshaus zum Haus hier gehört, sonst hätte ich dort angelegt und wäre an Land gegangen. Aber man hatte mir gesagt, bis zur Fähre zu fahren und dort am Kai zu landen.«
»Ich verstehe – und das taten Sie dann auch?«
»Ja, das tat ich.«
»Sie waren nicht beim Bootshaus oder in seiner Nähe?«
De Sousa schüttelte den Kopf.
»Haben Sie jemanden im Bootshaus gesehen, als sie vorüberfuhren?«
»Nein – hätte ich jemanden sehen sollen?«
»Es wäre möglich gewesen, Mr de Sousa, denn das ermordete Mädchen war heute Nachmittag im Bootshaus, und es muss ungefähr um die Zeit ums Leben gekommen sein, zu der Sie dort vorbeifuhren.«
Wieder hob de Sousa die Augenbrauen.
»Sie
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