Wiedersehen mit Mrs. Oliver
Kopfschmerzen klagte.
»Mrs Oliver glaubt, dass Lady Stubbs Angst hatte. Ist das auch Ihre Meinung?«
»Ja, ich hatte denselben Eindruck.«
»Sie fürchtet sich vor diesem Vetter? Warum?«
Poirot zuckte die Achseln.
»Ich habe keine Ahnung. Sie sagte nur zu mir, er sei böse – ein schlechter Mensch. Sie müssen wissen, dass Lady Stubbs geistig etwas unterentwickelt ist.«
»Ja, das scheint sich hier bereits herumgesprochen zu haben. Erwähnte sie, weshalb sie sich vor diesem de Sousa fürchtet?«
»Nein.«
»Aber Sie glauben, dass sie wirklich Angst hatte?«
»Wenn nicht, muss sie eine sehr gute Schauspielerin sein«, meinte Poirot trocken.
»Mir kommen allmählich die merkwürdigsten Gedanken über diesen Fall«, sagte Bland und begann, unruhig im Zimmer auf und ab zu gehen. »Und diese verdammte Person ist daran schuld.«
»Mrs Oliver?«
»Ja, sie hat mir diese melodramatischen Ideen in den Kopf gesetzt.«
»Glauben Sie, dass etwas Wahres daran ist?«
»Nicht viel, aber die eine oder andere ihrer absurden Ideen mag ein Fünkchen Wahrheit enthalten. Es hängt alles davon ab …« Er unterbrach sich, als die Tür geöffnet wurde und Hoskins das Zimmer betrat.
»Ich kann die Dame nirgends finden«, verkündete er. »Sie scheint verschwunden zu sein.«
»Das ist mir bereits bekannt«, sagte Bland irritiert. »Ich habe Ihnen den Auftrag gegeben, sie zu finden.«
»Constable Farrell und Lorrimer suchen den Park nach ihr ab, Kommissar. Im Haus ist sie bestimmt nicht«, fügte er hinzu.
»Erkundigen Sie sich bei dem Mann, der am Gartentor die Eintrittskarten verkauft, ob sie das Grundstück verlassen hat – entweder zu Fuß oder im Auto.«
»Jawohl, Kommissar.«
Hoskins verließ das Zimmer.
»Und stellen Sie fest, wo und wann sie zuletzt gesehen wurde«, rief Bland ihm nach.
»In diese Richtung gehen Ihre Gedanken also«, stellte Poirot fest.
»In keine bestimmte Richtung«, meinte Bland, »aber es ist mir aufgefallen, dass eine Dame, die hier sein sollte, nicht hier ist, und ich will der Sache auf den Grund gehen. Und nun erzählen Sie mir bitte alles, was Sie von diesem de Sousa wissen.«
Poirot beschrieb sein Zusammentreffen mit dem jungen Mann, dem er auf dem Weg vom Kai zum Haus begegnet war.
»Wahrscheinlich ist er noch auf dem Gartenfest«, meinte er abschließend. »Soll ich Sir George sagen, dass Sie ihn sprechen wollen?«
»Warten Sie noch einen Augenblick«, erwiderte Bland. »Zunächst möchte ich noch Verschiedenes klarstellen. Wann haben Sie selbst Lady Stubbs zuletzt gesehen?«
Poirot dachte nach; es fiel ihm nicht leicht, sich genau zu erinnern. Er entsann sich, dass er ihre große, in violette Seide gekleidete Gestalt mit dem breitkrempigen schwarzen Hut hier und da auf dem Rasen hatte auftauchen sehen. Sie schien sich mit verschiedenen Leuten zu unterhalten, und gelegentlich hatte er ihr sonderbares, lautes Lachen gehört, das sich deutlich von dem sonstigen Lärm des Festes abhob.
»Es muss kurz vor vier gewesen sein«, sagte er schließlich.
»Und wo befand sie sich um diese Zeit? Mit wem hat sie gesprochen?«
»Sie stand inmitten einer Gruppe von Leuten, in der Nähe des Hauses.«
»War sie da, als de Sousa ankam?«
»Daran kann ich mich nicht erinnern, aber ich glaube nicht. Ich habe sie jedenfalls nicht gesehen. Sir George sagte zu de Sousa, seine Frau müsse irgendwo in der Nähe sein, aber ich entsinne mich, dass er überrascht zu sein schien, sie nicht bei dem Kostümwettbewerb der Kinder angetroffen zu haben.«
»Um wie viel Uhr ist de Sousa angekommen?«
»Es muss etwa halb fünf gewesen sein, aber ich habe nicht auf die Uhr gesehen und kann Ihnen deshalb die genaue Zeit nicht sagen.«
»Lady Stubbs war also schon vor de Sousas Ankunft unauffindbar, nicht wahr?«
»Es scheint so.«
»Möglicherweise ist sie verschwunden, um ihm nicht zu begegnen«, meinte der Kommissar.
»Schon möglich«, stimmte Poirot zu.
»Nun, sehr weit fort kann sie nicht sein«, sagte Bland. »Es sollte nicht schwer sein, sie zu finden, und wenn wir sie …«
Er unterbrach sich.
»… und wenn Sie sie nicht finden?«, fuhr Poirot in einem sonderbaren Ton fort.
»Unsinn! Warum denn nicht?« erwiderte der Kommissar schroff. »Glauben Sie etwa, dass ihr etwas zugestoßen ist?«
Poirot zuckte die Achseln.
»Woher soll ich das wissen? Bisher wissen wir nur, dass sie verschwunden ist.«
»Das ist doch wirklich kein Grund, in einem so düsteren Ton zu sprechen, M.
Weitere Kostenlose Bücher