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Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen

Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen

Titel: Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Pevel
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zurück in die Scheide steckte.
    »Verfluchter Gascogner!«
    »Auch ich schätze Euch sehr, mein Herr. Es war mir ein Vergnügen.« Marciac drehte sich zu Orvand um: »Ein herrlicher Tag, findest du nicht?«

5
    In einem kleinen Gemach, zu dem nur sie einen Schlüssel besaß, streifte die blutjunge, blonde und sehr betörende Vicomtesse de Malicorne ein Tuch aus schwarzer Seide von dem ovalen Spiegel, vor dem sie Platz genommen hatte. Der Schein zweier Kerzen, die auf beiden Seiten des Spiegels flackerten, tauchte das Zimmer ins Zwielicht.
    In leisem Singsang und mit gesenkten Lidern rezitierte
die Vicomtesse einige Worte einer fast vergessenen Sprache, die einst von den Ahnen der Drachen gesprochen worden war und immer noch als Sprache der Zauberei gefürchtet wurde. Da trübte sich die Oberfläche des kostbaren silbernen Spiegels und begann aus der Tiefe heraus zu wabern wie Quecksilber, um dann plötzlich wieder zu erstarren. Der Kopf eines Drachen tauchte daraus hervor – blutrote Schuppen, schwarz glühende Augen, knochenblasser Kamm. Aus seinem Maul ragten Fangzähne. Es schien, als sei er dem Zauberspiegel leibhaftig entsprungen, aber dennoch war er, leicht durchscheinend, letztlich nichts als eine Illusion.
    »Seid gegrüßt, Schwester.«
    »Ich grüße Euch, Bruder.«
    Irgendwer hatte den Ruf der Vicomtesse in unendlicher Ferne erhört. Ganz gleich, wo er sich auch befand, er schien menschlich zu sein. Dennoch log der Spiegel nicht: Das Bild, welches er zeigte, war nur der Widerschein des tiefen Wesens und der wahren Natur dessen, den er abbildete. Auch die schöne junge Frau zeigte sich ihrem fernen Gesprächspartner in Drachengestalt. Obwohl sie beide nicht zu den alten Drachenahnen zählten, waren sie doch deren Nachfahren. In ihren Adern floss noch das Blut einer uralten Rasse, die in einer Jahrhunderte und Jahrtausende andauernden Wandlung ihre »edle Drachengestalt« abgelegt hatte, um sich unter die Menschen zu mischen. Doch auch in ihrer neuen, menschlichen Erscheinung waren sie nicht weniger gefürchtet, und das aus gutem Grunde.
    »Man ist besorgt über den Stand Eurer Vorbereitungen, verehrte Schwester.«
    »Wer hegt solcherlei Zweifel?«
    »In erster Linie ich selbst. Aber auch andere, die Euch – anders
als ich – wenig Wohlwollen entgegenbringen. Im Kreise der Schwarzen Kralle zählt Ihr nicht nur Verbündete.«
    »Ich nahm an, sie würde sich an meinem bevorstehenden Erfolg erfreuen. Ein Triumph, der vor allem auch einer der Schwarzen Kralle sein wird.«
    »Hier in Spanien gibt es so manche Brüder, die Euch diesen Erfolg neiden. Ihr werdet das erreichen, worin einige von ihnen versagt haben …«
    »Sollten sie sich dann nicht besser selbst Vorwürfe machen, statt mich zu tadeln?«
    Der Drache im Spiegel schien zu lächeln. »Ich bitte Euch, Schwester, so naiv seid Ihr nicht …«
    »Darauf könnt Ihr Gift nehmen.«
    »Aber vergesst nicht, dass man Euch ein Versagen in dieser Sache nicht verzeihen würde.«
    »Ich werde Euch nicht enttäuschen!«
    »Unter dem Vorwand, dies sicherstellen zu wollen, sind einige Meister der Großen Loge übereingekommen, Euch einen ihrer erstrangigen Konfidenten zur Seite zu stellen. Ist Euch ein gewisser Savelda bekannt?«
    »Gut genug, um zu erraten, dass seine Mission weniger darin besteht, mich zu unterstützen, als vielmehr darin, die Bilanz meiner möglichen Fehler zu ziehen. Damit meine Feinde, sollte ich scheitern, etwas gegen mich in der Hand haben …«
    »Zumindest wisst Ihr nun, was für Euch auf dem Spiel steht. Savelda ist bereits unterwegs und wird bald bei Euch vorstellig werden. Ihr könnt Euch seines Doppelspiels gewiss sein, doch bedenkt: Er ist ein fähiger Mann, und sein Bestreben ist es, im Interesse der Schwarzen Kralle zu handeln. Zweifelsohne tut er nur seine Pflicht. Nutzt das für Eure Zwecke.«

    »Nun gut.«
    Ein dunkler Schleier legte sich über die Oberfläche des Spiegels, und die Vicomtesse musste alle Konzentration aufbringen, damit das Bild ihres geheimnisvollen Gegenübers in Drachengestalt nicht vollends verschwamm.
    »Ihr seid erschöpft, Schwester. Falls Ihr wünscht, die Unterhaltung später fortzusetzen …«
    »Nein, nein. Nicht nötig … Fahrt nur fort.«
    In ihrem düsteren Gemach wischte die junge Frau rasch den schwarzen Tropfen fort, der ihr aus einem Nasenloch perlte.
    »Es ist uns gelungen«, fuhr der Drache fort, »auf höchster Ebene einen Spion in das Kardinalspalais einzuschleusen.«
    »Ich weiß. Er

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