Wienerherz - Kriminalroman
Auftraggeber nicht gern hören.«
»Da kann ich Ihnen leider auch nicht helfen.«
Die Information, dass Flada beschattet und sie beschützt wurde, hatte ihr zusätzliches Selbstvertrauen für die Gespräche gegeben, fand Freund. Nicht das Schlechteste in dieser Situation.
»Diesmal stand er plötzlich neben ihr, als sie gerade im Supermarkt einkaufte«, erklärte Petzold. »Danach telefonierte er wieder.«
Sie startete eine zweite Aufzeichnung. Sogar die Antworten von Fladas Gesprächspartner hatten sie herausfiltern können.
»Sie will nicht.«
»Dann müssen wir deutlicher werden.«
»Was soll ich machen?«
»Gar nichts. Morgen werden wir ein Zeichen setzen. Dann wird sie ihre Einstellung ganz schnell ändern.«
»Was soll das heißen? Was habt ihr vor?«
»Du hast ihr doch die Sicherheit ihrer Tochter ans Herz gelegt. Sie soll sehen, dass wir damit nicht scherzen.«
»Sollen wir Flada festnehmen?«, fragte Petzold.
»Noch nicht. Aber verständigt die Personenschützer, auch die von Secur. Sie sollen aufpassen.«
Freund zog sich in sein Büro zurück, um endlich in Ruhe den Brief von Rudolf Komeskas Vater zu lesen.
Meine liebe Magda,
draußen donnern die Granaten und schlagen rings um uns ins Haus. Und geschossen wird überall. Gerade vorher hat es den Felbiger Karl getroffen. Sag bitte seiner Familie, daß er als Held von uns gegangen ist. Ich weiß, daß ich Dich nie wiedersehen werde. Einige von uns hat es schon erwischt. Wir anderen werden so lange wie möglich ausharren. Am Ende wird unser Kampf siegreich bleiben, dessen bin ich gewiß. Ich empfinde keinen Haß gegen die Männer, die da draußen gegen uns kämpfen, vielmehr Mitleid, denn sie kämpfen für eine Sache, die noch viel Schmerz über sie und ihre Familien bringen wird. Heute sind sie in der Überzahl und werden diese Schlacht gewinnen, aber ich bete inständig, daß sie diesen Krieg verlieren, damit Du nicht in der Welt leben mußt, die ihre Führer erschaffen wollen. Ich weiß, daß Du jetzt auch gerade Deinen Beitrag zu diesem Kampf leistest. Meine Gedanken sind beständig bei Dir. Bitte, bitte, paß sehr gut auf Dich auf, bring Dich nicht in Gefahr, denn jemand muß unsere Idee weitertragen. Ich bin so froh, daß ich jemanden wie Dich in meinem Leben getroffen habe. Bis heute kann ich mein Glück nicht fassen. Daß Du mich erwählt hast! Mit Dir habe ich gelernt, das Leben zu umarmen! Um so schwerer lasse ich es los und auch um so leichter, weil ich erfahren durfte, was Liebe bedeutet. Aus ganzem Herzen bedauere ich, daß wir keine Kinder bekommen haben, ich weiß, Du hast Dir so sehr welche gewünscht, und ich hätte so gerne welche mit Dir gehabt! Ich wünsche mir, nein, ich bitte Dich, wenn das alles vorbei ist, lebe weiter voll Freude, gründe eine Familie, mit der Du glücklich wirst. Draußen sehe ich den Himmel über dieser geliebten Stadt, der mein Wienerherz nun auch Adieu sagt. All unseren Freunden sage ich Lebewohl, wie dem Leben selbst. Weint nicht, denn ich gehe voller Zuversicht, Euch irgendwann einmal wiederzusehen. Ich umarme Euch alle, Dein
Johann
Er suchte die Kopien von Cornelius Dorins Briefen heraus, die er von daheim mitgenommen hatte, und verglich die Schriftbilder.
Schwer zu sagen. Freund rief sein Team zu sich und zeigte ihnen die Schriftstücke.
»Was meint ihr? Ist das derselbe Verfasser?«
»Sind für mich alle gleich unleserlich«, erklärte Petzold.
Wagner begann laut vorzulesen.
»Schon gut«, bremste ihn Spazier.
Freund erläuterte, woher er die Briefe hatte.
»Ein Gutachten werden wir auf jeden Fall machen lassen«, schloss er.
»Ich ahne eine abenteuerliche These«, sagte Varic. »Du glaubst, dass Cornelius Dorin der Vater von Rudolf Komeska sein könnte?«
»Nein. Aber ich glaube, dass Emil Komeska sich Derartiges zusammenphantasiert haben könnte. Überlegt einmal: Er lernt Florian Dorin kennen. Natürlich macht er sich Gedanken über die ungewöhnliche Ähnlichkeit. Vielleicht stößt er bei seinem neuen Freund auf die Familienbiografie. Wir haben sie auch in Dorins Villa gesehen. Er liest darin, entdeckt, dass Cornelius Dorin im selben Jahr starb wie sein Großvater. Ines Komeska erzählte mir, dass ihr Bruder von Reichtum und Erfolg träumte. Stattdessen saß er als Sachbearbeiter in einer kleinen Spedition. Da käme die Entdeckung doch gerade recht, dass er der verlorene Enkel einer der vermögendsten Dynastien des Landes ist.«
»Wäre eine schöne Erbschaft«, bemerkte
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