Wienerherz - Kriminalroman
davon, wenn er uns in Schwierigkeiten bringt.«
»Anders gefragt: Hätte er denn etwas davon, wenn er es nicht täte? Würden Sie die Schulden Ihres Bruders bezahlen?«
»Wie komme ich dazu?«
»Sehen Sie. Aber Kurbajew bekäme Genugtuung.«
»Aber wir haben ihm nichts getan.«
»Das sieht er vielleicht anders.«
Dorins Kiefer arbeiteten, er ließ Freund nicht aus den Augen.
Endlich entspannte sich seine Haltung.
»Sie haben recht, Herr Chefinspektor. Ich bitte Sie um Verzeihung. Möglich ist alles. Ich darf mich verabschieden. Wie Sie sich vorstellen können, habe ich einiges zu regeln.«
Laderaum
In einem Hauseingang gegenüber der Schule wartete die Beamtin, die als Personenschützerin für Marlies Korn abgestellt war.
»Alles ruhig?«, fragte Freund. Er wollte sich überzeugen, dass die Überwachung funktionierte. Als wahrscheinlichstes Szenario hatten sie eine Entführung Marlies Korns oder der beiden anderen Kinder Florian Dorins identifiziert. Viele Zugriffsmöglichkeiten hatten mögliche Kidnapper allerdings nicht. In der Wohnung war es zu riskant, ebenso in der Schule. Blieben nur der Schulweg oder am Nachmittag der Weg zum Klavierunterricht. Beide waren wenig geeignet, da in dicht verbautem Gebiet, aus dem man nur schwer schnell und unbeachtet fliehen konnte.
Ein Secur-Mitarbeiter und ein Beamter oder eine Beamtin der Spezialeinheit begleiteten Marlies und Manuela Korn unauffällig in die Schule.
Danach würde Marlies, wie meistens, allein nach Hause gehen. Auch diesmal bewacht.
»Gleich ist der Unterricht vorbei.« Sie rieb die Hände gegeneinander. »Hätten sich auch eine andere Jahreszeit aussuchen können.«
»Da sind sie.«
Aus der Schule kamen die ersten Kinder. Freunds Blick suchte Marlies.
Immer mehr Kinder strömten aus dem Gebäude, in größeren und kleineren Gruppen. Auf manche warteten am Fuß der breiten Treppe Eltern oder Kindermädchen.
Endlich entdeckte Freund Marlies. Angeregt unterhielt sie sich mit Clara.
Freunds Magen sackte zwischen seine Knie. Daran hätte er denken müssen! Aber hätte er seiner Tochter verbieten sollen, mit Marlies den gemeinsamen Schulweg zu gehen? Clara hatte nur ein paar hundert Meter.
Freund suchte den Secur-Mann. Er konnte ihn nirgends entdecken. Gut. Das hieß, allfälligen Angreifern ging es genauso.
Clara und Marlies gingen bergauf Richtung Mariahilfer Straße. Freund und die Beamtin folgten ihnen mit Abstand. Nur ein paar Meter hinter den beiden spazierte ein jüngerer Mann, Typ Architekt, und telefonierte.
Die Gasse war eine Einbahn aufwärts. Eigentlich konnte hier niemand sinnvoll zuschlagen. Der Fluchtweg war zu riskant. Der sechste Bezirk war eingeklemmt zwischen der größten Einkaufsstraße und einer wichtigen Ausfallstraße. Auf beiden herrschte Staugefahr.
Der junge Mann überholte die Mädchen und bog an der nächsten Ecke ab. Auf dem Gehsteig waren nach wie vor einige Kinder in derselben Richtung unterwegs wie Clara und Marlies. Eine Geschäftsfrau in Kostüm und Herbstmäntelchen erschien aus der Seitengasse und schlug den Weg der beiden Mädchen ein.
Durch die Gasse kamen einige Autos, ein paar davon hatte Freund vor der Schule gesehen, wo Eltern ihre Kinder einsteigen ließen. Langsam verteilten sich die Massen.
In die nächste Gasse zweigten die Mädchen ab. Die Frau folgte ihnen. Hier war es ruhiger. Kaum ein Mensch war auf der Straße. Das machte die Sache übersichtlicher.
Zwei Arbeiter kamen Clara und Marlies entgegen. Gingen an ihnen vorbei, auf Freund zu. Sie unterhielten sich, versperrten Freund die Sicht.
Ein Lieferwagen fuhr an ihnen vorbei. Hielt neben den Mädchen. Eine Seitentür wurde aufgerissen, zwei Vermummte sprangen heraus. Freund verfluchte den Moment, in dem sie beschlossen hatten, Josef Flada nicht sofort festzunehmen und zur Zusammenarbeit zu überreden. Er sprintete los. Die Beamtin war ihm bereits ein paar Schritte voraus.
Die Geschäftsfrau hinter den Mädchen hatte auf einmal eine Pistole in der Hand und richtete sie auf die Angreifer. Sie war von Secur, begriff Freund.
»Auf den Boden!«, rief sie.
In Freunds Lunge stach Feuer, er rempelte die Arbeiter zur Seite.
Die Vermummten zögerten nicht. Einer schnappte beide Mädchen an den Armen und wollte sie ins Auto ziehen. Clara und Marlies riefen um Hilfe. Der zweite Vermummte ging auf die Frau los, wollte ihr die Waffe entringen. Die Mädchen waren schon im Inneren des Wagens. Freund spürte sein Herz rasen, sein Kopf und seine Lunge
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