Wienerherz - Kriminalroman
um den Getränkenachschub kümmern.
Gegen drei Uhr senkten sich die Schatten in das Tal, und es wurde kühl. Die mitgebrachten Schüsseln und Platten waren leer gegessen. Die ersten Gäste verabschiedeten sich. Zur Freude der Kinder zündete Freund ein Lagerfeuer an. Bald hatten sich die Verbliebenen darum versammelt. Die Kinder grillten Würstel.
»Die beiden verstehen sich ausgezeichnet.«
Manuela Korn hatte sich zu ihm gesellt, zeigte auf Clara und Marlies.
»Heute beste Freundinnen, morgen Todfeindinnen«, erwiderte Freund. »Übermorgen wieder versöhnt.«
Sie lachte. »Sie kennen sich ja aus mit Frauen.«
»In diesem Alter besitzen sie noch vereinzelte Verhaltensweisen, die ich durchschaue.«
»Und später?«
Die Gute flirtete so fröhlich wie Serena Tognazzi. Freund hatte nichts dagegen. Ein schneller Seitenblick auf Claudia bestätigte ihm, dass seine Frau es genauso hielt.
»Nächste Woche müsste ich übrigens noch einmal kurz bei Ihnen vorbeikommen«, beendete Freund das Geplänkel, bevor es richtig begonnen hatte.
»Haben Sie eine Hautkrankheit?«
»Schlimmer. Noch ein paar Fragen zu Ihrem Ex-Mann.«
»Florian? Die können Sie mir auch gleich stellen.«
Freund vermischte ungern Privates mit Beruflichem. Eigentlich hätte Claudia sie gar nicht einladen sollen. Aber nun war sie schon einmal hier.
»Hat er jemals über geschäftliche Probleme oder Geldsorgen gesprochen?«
Sie lachte. »Florian? Hätte er nie. Gab es denn welche?«
»Das versuche ich herauszufinden. Als Sie noch verheiratet waren, wussten Sie da über seine Geschäfte Bescheid?«
»Nicht im Detail. Er hat gelegentlich von Deals erzählt, die er jetzt wieder macht. Dass er dabei viel Geld verdienen wird. Er kannte ja Gott und die Welt. Aber so genau wusste ich nicht Bescheid. Wirtschaft interessiert mich nicht rasend, gestehe ich. Warum fragen Sie?«
»Hatten Sie je den Eindruck, dass er«, er zögerte, denn die Frage war heikel, »dass er mit seinen Unternehmungen in Graubereichen der Legalität tätig war?«
Sie sah ihn offen an.
»Wie gesagt, dazu kenne ich mich zu wenig aus. Die Geschäftspartner, die ich kennengelernt habe, waren anerkannte, honorige Leute. Wenn auch nicht immer sympathisch, aber darum geht es dabei ja nicht.«
In der Dämmerung klang das Fest aus. Mit Hilfe der letzten Gäste hatten sie die Reste bald beseitigt. Auf der Heimfahrt erzählten sie sich gegenseitig all den Tratsch, den sie den ganzen Nachmittag lang gehört hatten. An diesem Abend schlief Freund glücklich ein.
Am Sonntag besuchte Freund mit den Kindern den Wurstelprater, während Claudia über die Hauptallee joggte. Keine Debatten über sein sportliches Engagement. Ihm sollte es recht sein. So blieb es ein harmonischer Tag. Am Abend rief der wachhabende Beamte des Kriminalkommissariats Süd an.
»Wir haben hier wen, nach dem Sie eine Fahndung ausgegeben haben«, erklärte er. »Ein gewisser Johann Pridlaschek.«
»Stecken Sie ihn in eine Zelle«, antwortete Freund. »Nehmen Sie seine Fingerabdrücke und schicken Sie sie an die Spurensicherung. Ich kümmere mich morgen um ihn.«
Der Kerl hatte ihn ins Schwitzen gebracht, zum Clown gemacht und sich wie ein Idiot verhalten. Sollte er ruhig eine Nacht lang schmoren.
Er selbst würde sich heute Abend sicher nicht mit ihm herumschlagen. Als Bettlektüre hatte er sich Cornelius Dorins Briefe aus der Vergangenheit vorgenommen.
Cornelius Dorin hatte jeden seiner Briefe datiert. Ingesamt waren es dreiundvierzig, der erste stammte von 1929. Freund begann von hinten mit jenem aus dem Jänner 1934, weil er hoffte, einen Hinweis zu finden, ob mit » CD 1934« tatsächlich Cornelius Dorin gemeint sein könnte.
»Liebe Mutter«, begann er, wie alle anderen auch. Freund musste sich erst an die Kurrentschrift gewöhnen. Das kleine e sah dem n ähnlich, für das kleine s existierten unterschiedliche Zeichen, je nachdem, wo es eingesetzt wurde, sah es aus wie ein s oder ein f. Mindestens die Hälfte der Buchstaben war anders geformt als in der modernen Schreibschrift, die Freund in der Schule gelernt hatte.
»Ich verstehe nicht, wie Vater und Eduard weiterhin diese Leute fördern können. Sie sind der Sargnagel dieses Landes.«
Wen Cornelius damit konkret meinte, konnte Freund dem Brief nicht entnehmen. Für die Unterstützung der deutschen Aufrüstung durch die Kooperation mit den Mitgliedern der Metallurgischen Forschungsgesellschaft war es zu früh, die hatte 1934 erst begonnen. Er musste wohl
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