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Wigges Tauschrausch

Wigges Tauschrausch

Titel: Wigges Tauschrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wigge
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erklärt mir, dass er ein Video über seine Visionen als spiritueller Geschäftsmann und nicht über sein Yogacenter haben möchte. Ich bin frustriert, lasse mir das aber nicht anmerken, sondern verspreche ihm, am nächsten Tag ein neues Skript fertig zu haben.
    Dann, am nächsten Morgen um elf, die gleiche Situation. Panta geht ein mehrere Seiten langes Skript durch, das ich aus dem Infomaterial über seine Ziele, Haltungen, Werte und Visionen zusammengestellt habe. Panta liest, grinst mich gurumäßig an und sagt dieses Mal, dass es das sei, was er suche. Ich bin unglaublich erleichtert und biete ihm an, sofort mit dem Dreh zu beginnen. Er schüttelt den Kopf und meint, dass er drei Tage brauchen würde, um sich in Ruhe auf den Dreh vorbereiten zu können. Ich erkläre ihm, dass drei von 200 Tagen ein herber Zeitverlust sind, wenn man sich im Tauschrausch befindet, und bitte ihn, den Dreh vorzuverlegen. Panta reagiert irritiert. Er winkt ab und verschwindet auf seinem Anwesen, ohne viele Worte zu verlieren.
    Die nächsten drei Tage kann man als sinnloses Purzelbaumschlagen im Hostelzimmer bezeichnen. Zwar lockt vor dem Hostel ein Traumstrand mit Palmen und Beach-Bar, aber ich kann einfach nicht entspannen. Ich muss die ganze Zeit darüber nachdenken, wie schnell die Tage vergehen, wie schnell meine Zeit für den Tauschrausch verstreicht. Und wenn meine Mission nicht gelingen sollte, werde ich unverrichteter Dinge nach Berlin zurückkehren, wo der Alltag mich wieder gefangen nehmen wird und ich dieses Projekt als »zumindest versucht« abhaken muss.
    Zwar erwartet mich in Berlin ein sehr viel geregelterer Tagesablauf als ich ihn zurzeit habe. Aber die Vorstellung, dass ich am Ende des Tauschrauschs ein Haus in Hawaii beziehen kann, ist natürlich um einiges verlockender. Ich möchte in den Wintermonaten die Wärme auf Hawaii genießen, statt bei minus 15 Grad auf dem eisigen Bürgersteig auszurutschen. Ich muss es einfach schaffen. Mein Ehrgeiz ist mittlerweile riesig, und so ist diese Wartezeit eine echte Qual für mich. Die Zeit zerrinnt in meinen Fingern.
    Als die drei Tage endlich um sind, fühle ich mich ausgelaugt und gestresst – im Gegensatz zu Panta, der fröhlich und entspannt mit seinem weißem Turban auf dem Kopf auf mich zukommt und den Tag mit ein paar Witzen beginnt und gleichzeitig mit Besucherinnen seines Yogacenters flirtet.
    Letzen Endes drehen wir das Video doch noch, es wird geschnitten, und am nächsten Tag ist die Abnahme. Panta gefällt das Ergebnis. Er nimmt den Tee und die Lautsprecherbox entgegen und führt mich zum Eingangstor des Yogacenters.

Tuk-Tuk-Trauma
    Bei dem Anblick, der sich mir dort bietet, denke ich im ersten Moment, dass da wohl jemand sein ausgedientes Tuk Tuk vor der Tür entsorgt haben muss. Bevor ich mich bei Panta über die Unsitte der Inder beschweren kann, ihren ganzen Müll und Schrott einfach auf die Straße zu kippen, zeigt er freudig auf das Tuk Tuk und gibt mir einen Schlüssel. Ups, das ist dann wohl unser Tauschdeal, denke ich und versuche, ihm meine Freude über das in die Jahre gekommene Tuk Tuk zu zeigen. Es ist schwarz, hinten viel Rost, die Plane für das Dach teilweise kaputt, aber es soll wirklich gut fahren, beteuert Panta. Was bleibt mir anderes übrig, als ihm zu glauben.
    Um es sofort auszuprobieren, setze ich mich in das Tuk Tuk. Mit einer Art Eisenstange an der linken Seite wird das Gefährt gestartet, man muss sie ruckartig hochziehen. Ich versuche es. Es tut sich nichts. Ich wiederhole den Vorgang geschätzte zwanzig Mal, dann schmerzt mein Arm zu stark.
    Zwei junge Yogacenter-Besucherinnen, die gerade angeregt mit Panta plauschen, schauen äußerst irritiert zu mir herüber, da sie der Lärm des kaputten Tuk Tuks bei ihrem angenehmen Gespräch mit dem Guru stört. Ich versuche die Stimmung mit einer lustigen Grimasse aufzulockern, der Gesichtsausdruck der beiden ändert sich nicht. Ein Typ mit einem lauten, stinkenden Tuk Tuk direkt vor dem Eingang des Yogacenters passt wohl nicht in ihr Bild von einem Wellness-Urlaub in Indien. Sie drehen sich von mir weg. Panta dagegen scheint mit mir zu fühlen. Er grinst und macht Zeichen, dass ich nicht nachlassen soll, hält sich mit den beiden Mädels aber lieber auf Distanz (vielleicht auch besser, falls das Tuk Tuk explodieren sollte, man weiß ja nie …).
    Auf jeden Fall springt das Ding nach weiteren fünf Minuten endlich laut knatternd an. Die beiden Mädels ignorieren diese überraschende Wende,

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