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Wigges Tauschrausch

Wigges Tauschrausch

Titel: Wigges Tauschrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wigge
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die Münzen keinen adäquaten Gegenwert.
    Als ich um 15 Uhr schon meine zweite Schachtel Kippen an diesem Tag anbrechen will, kommt eine Zusage für ein Interview von Radio Fritz, dem Jugendsender des RBB in Potsdam Babelsberg, hereingeweht. Ich bin erleichtert, dass doch noch irgendjemand diese Geschichte halbwegs gut findet. So sitze ich freitagabends mit einem jungen, lustigen Moderator im Radiostudio und erzähle von meiner Krokodil-Mutprobe in Australien, vom Tuk-Tuk-Wahnsinn in Indien und von der fast geglückten Kilimandscharo-Überquerung Richtung Kenia. Der Moderator ist außer sich und räumt mir Zeit in seiner Sendung für einen Tauschaufruf ein. Ich werbe, ich bitte, ich fordere, ich übertreibe, ich begeistere, ich tue in meinen 45 Sekunden Tauschrausch-Aufruf einiges, um den Gutschein unters Volk zu bringen.
    Einen Tag später wieder gähnende Leere in meinem Postfach. Ist Deutschland einfach kein Tauschland? Oder ist die Reise, die ich in Afrika vorgelegt habe, einfach nicht attraktiv genug, um dafür 7000 Euro auf den Tisch zu legen?
    Jedenfalls merke ich, dass meine anfängliche Euphorie, was den Reisegutschein angeht, offensichtlich nicht gerechtfertigt war. Ich werde das Ding einfach nicht los.
    Zwei Tage vor dem Abflug gehe ich lustlos noch einmal alle Reiseforen durch, in denen ich zum Tausch aufgerufen habe. Und dann das:
    »Ich möchte mit dir tauschen. Schöne Grüße. Diana!«
    Vor lauter Schreck und Überraschung fällt mir die Zigarette auf die Tastatur und hinterlässt dort eine dauerhafte Tauschrausch-Erinnerung.
    Kurze Zeit später führe ich ein Telefonat, in dem mir Diana erzählt, dass sie Künstlerin sei und gerne ihre Gemälde eintauschen würde. Kunst ist zwar ein sehr kritisches Tauschobjekt, da der Wert immer subjektiv ist, trotzdem stürze ich mich in meinen Wagen und fahre nach Salzgitter in Niedersachsen.
    Im Keller ihrer Oma zeigt mir Diana ihre Gemälde. Alle sind über einen Meter mal 1,30 groß, auf Leinwand gemalt und finden großen Gefallen vor meinem Laienauge. Im Tauschgespräch erzählt mir Diana, dass sie ihre Kunstkarriere für einen Job als Kunsttherapeutin aufgegeben habe und international nicht bekannt sei.
    Ich spüre, wie die Sorgen meine Seele überfluten. Was, wenn ich die Bilder nicht loswerde? Was, wenn ich nach den letzten 85 Tagen meiner Reise mit nichts nach Hause komme? Was, wenn mich die Neureichen in der Ukraine auslachen? Ich gehe in mich und sage Diana ab, so leid es mir auch tut.
    Diana beeindruckt das nicht im Geringsten, sie zeigt mir eine Urkunde über einen gewonnenen Kunstpreis und diverse Flyer von Ausstellungen. Ich muss leider hart bleiben.
    Doch dann, ganz plötzlich, kommt mir eine Idee. »Lass uns doch einfach deine Kunst gegen meine tauschen!«, biete ich ihr an und schaue sie mit diesem großen erwartungsvollen Hunde-Grinsen im Gesicht an.
    Diana willigt schließlich ein, dass ich ihr hier und jetzt im Keller ihrer Oma ein 100x150 Zentimeter großes Gemälde male, um dieses dann gegen zwei ihrer Gemälde zu tauschen. Ich entscheide mich, die Krokodilfütterungsszene in Australien darzustellen und pinsele drauflos.Schon sehr bald bemerke ich, wie Diana ihre Stirn runzelt. Sie hatte wohl auf einen talentierten Maler spekuliert. Ja, ich gebe zu, dass sich meine Malkunst seit dem Ende meiner Grundschulzeit nicht wirklich weiterentwickelt hat. Und in diesem Stil gestalten sich daher auch das Krokodil, die Sonne, das Männchen und das karge Grünzeug, das ich auf dem großen Format verewige.
    Diana bewahrt die Fassung, bedankt sich sogar und vollzieht den Tausch. Zwei großartige Gemälde kommen zum Reisegutschein hinzu.
    Schließlich schleppe ich mein Tauschgut in die Eingangshalle des Berliner Flughafens und vollziehe dort einen wichtigen Schritt. Ich höre wieder auf zu rauchen. Die große Tauschkrise hat ihr Ende gefunden. Danke, Diana!

D ie Ukraine
    I ch lande voll bepackt im hochsommerlichen Odessa an der Schwarzmeerküste. Die Stadt beeindruckt mich: Sonne, Strand, tolle Architektur aus vergangenen Epochen und überall hübsche Frauen auf den Straßen. Ich kann kaum glauben, wie viel Schönheit in wenigen Sekunden an mir vorbeizieht. Lange Beine, kurze Röcke, tolle große Frauen, mal blond, mal braun, mal hübsch und dann wieder noch hübscher. Ich bin wie gelähmt und kann gar nicht mehr ans Tauschen denken. Ist das vielleicht der Lohn für all die Anstrengungen des Tauschrauschs? Sind all die schönen Frauen nur meinetwegen

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