Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wigges Tauschrausch

Wigges Tauschrausch

Titel: Wigges Tauschrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wigge
Vom Netzwerk:
hier?
    Eine junge Frau in einem Café holt mich aus meinen Träumen zurück in die Wirklichkeit und erklärt mir, dass es tatsächlich so unglaublich viele hübsche Frauen in Odessa gebe und dass die Stadt über die Grenzen hinaus für diese Tatsache bekannt sei, weshalb in Odessa auch das Geschäft mit dem Sex boome. Viele der Frauen stammten auch eher nicht aus Odessa, sondern gingen hier ihrer Arbeit im Erotikgeschäft nach. Nachdem ich dies weiß, schäme ich mich fast ein wenig dafür, so blind den Reizen des Weiblichen erlegen zu sein. Dennoch, so viel Schönheit um mich herum bin ich einfach nicht gewöhnt, und auch wenn ich es nicht gerne zugebe, es fällt mir schwer, mich wieder dem Tausch-Business zuzuwenden.
    Da Tauschversuche auf der Straße aufgrund einer fehlenden gemeinsamen Sprache (man spricht nur Russisch) total fehlschlagen, recherchiere ich online nach Tauschpartnern und stoße dabei auf verstörende Fakten, die wohl vor allem mit einem unvorsichtigen zwischenmenschlichen Austausch in Odessa zu tun haben. Angeblich soll die HIV -Infektionsrate in Odessa die höchste in ganz Europa sein. Ich muss schlucken. Also recherchiere ich weiter. Warum haben sich hier so viele Menschen angesteckt? Und was bedeutet das für den sexuellen Austausch der Menschen in Odessa?
    Ich treffe mich mit Alexander von der örtlichen Caritas, der mich zu einer HIV -Klinik bringt. Die zuständige Ärztin erklärt mir, dass circa 7,5 Prozent der Bevölkerung Odessas HIV -positiv seien, wenn man die Dunkelziffer mitrechnet. Also sind ungefähr 75000 Menschen infiziert. Ich kann es kaum glauben, ganz Deutschland hat gerade einmal 70000 Infizierte. Mehr HIV -Patienten in einer einzigen Stadt als in ganz Deutschland mit seinen über achtzig Millionen Menschen! Wie habe ich nur so naiv an eine Stadt voller Traumfrauen glauben können?
    Alexander bringt mich zu Katja, die seit sieben Jahren infiziert ist. Im Interview erzählt sie mir, dass das Erotikgeschäft in Odessa in der Tat eine sehr große Rolle spiele und viele Touristen nur deshalb in die Stadt kämen. Dann erzählt sie mir von ihrer eigenen Situation. Der gesellschaftliche Austausch sei mit dieser Infektion oftmals äußerst eingeschränkt, da HIV in der Stadt trotz allem immer noch ein Tabuthema sei. Sie erzählt mir, dass selbst Ärzte sie deshalb schon gemieden haben und dass ihre Kinder deshalb Schwierigkeiten hatten, einen Kindergartenplatz zu finden.
    Kurze Zeit später treffe ich Olga, die seit elf Jahren infiziert ist und eine siebenjährige HIV -negative Tochter hat. Ich wusste gar nicht, dass das möglich ist. Sie erklärt mir, dass die Anzahl der Viren im Blut bei ihr durch die Medikamenteneinnahme so niedrig gehalten wird, dass ihre Tochter Lina HIV -negativ zur Welt kommen konnte. Die nächste offenherzige Aussage verblüfft mich noch mehr: Obwohl sie mit ihrem Ehemann regelmäßig ungeschützten Sex hat, ist dieser wohl immer noch negativ. Das Ganze wohl aus dem gleichen Grund: Die Tabletten halten die Viren in Schach. Trotzdem ist es ziemlich unverständlich für mich, dass die beiden kein Kondom benutzen.
    Beim Rundgang durch die Abendsonne Odessas kann ich die Schönheit und Schönheiten der Stadt kaum noch genießen. Ich frage mich beim Anblick der munter flanierenden Menschenmassen, ob wirklich alle so glücklich sind, wie es auf den ersten Blick aussieht.
Austausch der Religionen
    Etwas später fällt mir beim Stadtrundgang aber noch etwas anderes auf: Die Stadt scheint ein Multikulti-Treffpunkt zu sein. Insgesamt sollen über hundert Nationen hier wohnen. Diese Kulturvielfalt zeigt sich auch anhand der verschiedenen Gotteshäuser: Synagogen, Moscheen und Kirchen prägen das Straßenbild. So entscheide ich mich, zu diesem Thema ebenfalls ein wenig mehr zu recherchieren, um zu verstehen, wie es um den Austausch zwischen den Religionen eigentlich bestellt ist. In Odessa leben diese Religionen seit Jahrhunderten friedlich zusammen, was man nicht von allen Orten der Welt behaupten kann. Deshalb habe ich schon öfter gedacht, dass allesviel einfacher wäre, wenn es nur eine einzige Weltreligion geben würde. Ob das stimmt? Und natürlich hoffe ich auch bei meinem Streifzug durch die Religionen einige spannende Tauschaktionen machen zu können.
    Erste Station: ein christlich-orthodoxes Kloster. Um den Austausch der Religionen zu befördern, nehme ich gleich am Gottesdienst teil und lerne, dass man hier das Weihwasser trinkt, anstatt sich damit zu betupfen.

Weitere Kostenlose Bücher