Wigges Tauschrausch
durchdacht sein wollen. Die Tauschobjekte sind schließlich Lebewesen mit ihrer ganz eigenenMeinung zum Tausch. Die nächsten dreißig Minuten verlaufen daher wie folgt:
Ich gehe zu Hansi, Hansi läuft weg, ich renne mit einem Lasso hinter Hansi her, er versteckt sich hinter den großen Pferden, ich renne auf sie zu, die ganze Pferdegang läuft weg, ich laufe keuchend hinterher, rutsche im nassen Schlamm aus, rappele mich auf, renne weiter, schaffe es, Hansi von der Herde zu trennen und in eine Ecke zu locken. Ich werfe das Lasso, Hansi bückt sich, rennt drunter durch, ich renne auf die andere Seite der Weide, bin völlig außer Atem. Hansi natürlich wieder zurück zur anderen Seite, ich werfe wahllos das Lasso umher, die Herde denkt »wie lächerlich«. Ich wieder an Hansi ran, Hansi täuscht vor, nach links zu laufen, läuft dann aber nach rechts, ich rutsche fast wieder aus, und dann das Ganze noch einmal von vorne.
Dann öffnet Ronald das Tor zur Weide, so dass Hansi und ein anderes Pony in die Scheune laufen, und dort ist natürlich Sackgasse. Ich werfe das Lasso, und Hansi ist bei mir. Aber Hansi möchte nicht am Seil hinter mir herlaufen, er zieht, rührt sich nicht von der Stelle und gibt dann plötzlich Gas.
Ich weiß, dass dieses wilde Pony noch schneller weg muss als der Papagei. Deshalb beratschlage ich mich mit Ronald, ob er nicht noch für denselben Tag einen Tauschpartner finden kann, der das Pony gerne haben möchte. Er gibt mir zwei Adressen von Ponyhofbesitzern im Ort, die ich auf der Stelle anrufe. Der erste sagt ab, da er gerade keinen Bedarf hat. Der zweite heißt Addulah und sucht tatsächlich ein Pony.
So wird Hansi in Rolands Anhänger verladen, und wir stehen kurze Zeit später bei Addulah auf dem Ponyhof. Er ist Mitte vierzig und vermietet kleine Fachwerkbungalowsan Touristen, die dann auf seinen Ponys oder Pferden reiten können. Er mag Hansi, und Hansi mag die anderen Ponys. Aber tauscht Addulah auch mit mir?
Addulah überlegt, was er so alles hat, und bietet mir zwei Uhren an. Ich kann den Wert nicht einschätzen, lehne deshalb ab. Dann bietet er mir ein brasilianisches Fußballtrikot an, was bei den Fußballmuffeln in den USA wohl auf wenig Anklang stoßen dürfte.
Schließlich einigen wir uns darauf, dass er mir für das Pony ein Smartphone kauft, denn so etwas geht wohl in jedem Land gut weg. Überglücklich verlasse ich Pomerode mit einem Reisegutschein, einer antiken Uhr, einem Porzellan-Set und einem Smartphone.
Doch das Glück findet am Flughafen ein jähes Ende. Der Karton mit dem Porzellan wiegt stolze 20 Kilo und darf nicht mit ins Handgepäck. Ich argumentiere am Schalter, dass das Porzellan teuer und zerbrechlich sei, doch es hilft nichts.
So hole ich mir große Plastiktüten und stopfe sie voll mit zusammengeknüllten Zeitungsseiten und schiebe den Karton mit dem Geschirr dann in die dick gepolsterte Tüte, so dass das gute Porzellan zumindest ein wenig geschützt ist. Es sieht lustig aus. Eine riesige Kugel schiebt sich über das Gepäckband. Als ich gerade in den Flieger steige, bestätigt sich mein ungutes Gefühl. Ich sehe, wie die riesige Papierkugel mit dem Geschirr von einem Flughafenarbeiter trotz Warnaufkleber »zerbrechlich« auf einen LKW geworfen wird. Ich könnte platzen, zumal mir die Damen am Schalter mehrfach versichert hatten, dass niemand grob mit dem Porzellan umgehen würde. Der Flug nach New York gestaltet sich dadurch ziemlich frustrierend, denn ich kann nicht absehen, ob das Porzellan noch heil ist.
Am Gepäckband auf dem John-F.-Kennedy-Flughafen dann die Erlösung. Zur Erheiterung der anderen Fluggäste kommt die große Papierkugel auf dem Gepäckband an, ohne dass das Porzellan Schaden genommen hätte. Ich habe alle meine Sachen heil in die USA gebracht!
U SA
N ew York mit über acht Millionen Einwohnern, einer multikulturellen Bevölkerungsstruktur und einer Mentalität, die meiner Einschätzung nach bestimmt offen für verrückte Aktionen ist, dürfte der perfekte Ausgangspunkt für mein Tauschrausch-Finale sein. Die Idee, sich vom Apfel zum Haus hochzutauschen, finden viele hier bestimmt lustig. Ich bin also bei meiner Ankunft in der Stadt sehr zuversichtlich, dass sich das Finale in den USA zu einem Erfolg entwickeln wird, nicht zuletzt, da die guten Erfahrungen im Tauschmekka Pomerode noch nachwirken.
Um auch wirklich gut vorbereitet zu sein, erstelle ich für mein neuestes Tauschobjekt, das Porzellan aus Pomerode, wieder eine
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