viel Party bin ich auf dem Weg zurück zu meinem Zelt, als mich ein junger Australier anspricht und mich völlig überraschend fragt, ob er mir sein BMX -Rad schenken dürfe, da er noch heute nach Hause fliegen würde. Ich bin verblüfft über diese selbstverständliche Freude am Schenken, und bevor ich ihm anbieten kann, mit mir zu tauschen, sitzt er schon in seinem Wohnmobil und braust davon. Und damit nicht genug. Später am Tag finde ich einen Beach Cruiser, eines dieser geschwungenen Retro-Bikes im 60er-Jahre-Look, vor meinem Zelt. Daran ein Schild: Bike as Gift! Ein anonymer Schenker hat es einfach hierhingestellt. Irgendwie beginne ich mich zu fragen, wie weit das Ganze noch gehen wird. Bekomme ich gleich diese Arche Noah geschenkt, die regelmäßig mit hunderten von Partyleuten an meinem Zelt vorbeifährt?
Um mich ein wenig an der Geschenkkultur zu beteiligen, verschenke ich Bier und Wasser an andere Gäste der Veranstaltung und treffe schließlich doch noch auf eineTauschinteressentin. Eine junge Frau würde gerne ihr BMX -Rad gegen meinen goldenen Beach Cruiser eintauschen. Ich bin sofort dabei, da der Beach Cruiser eh nicht ins Auto passen würde.
Barterman im amerikanischen Fernsehen
Auf dem Weg zurück nach San Francisco denke ich noch lange über das Festival nach. Ich habe eine sehr wichtige Erfahrung gemacht. Tauschen ist zwar eine tolle Sache, aber Schenken macht noch viel mehr Spaß! Ich habe irgendwie das Gefühl, dass ich noch etwas gutzumachen habe, nachdem ich so reich beschenkt wurde. Jedenfalls weiß ich, dass ich im nächsten Jahr wiederkommen werde, und dann werde ich genügend Geschenke im Gepäck haben.
So schön das Schenken auch war, im Moment habe ich einen anderen Auftrag. Zurück in San Fransisco widme ich mich also wieder meiner Tauschkampagne.
Ich habe die lokalen Medien vor dem Festival darüber informiert, dass ich am heutigen Tag um 13 Uhr am größten Hochhaus der Stadt in »the world famous barter blanket«, der Wärme- und Liebesdecke, mit einem ganz besonderen Stunt auftreten werde. Ich hatte mir erhofft, dass ich durch diese Ankündigung scharenweise Reporter anlocken würde. Doch sosehr ich auch in der »Barter-Blanket« vor dem Hochhaus herumspringe und Aufwärmübungen für einen noch nicht ganz festgelegten Stunt mache, die einzigen Passanten, die ich treffe, sind deutsche Touristen. Kein einziger Reporter ist zum Termin erschienen! Also verlasse ich den traurigen Schauplatz.
Und dann trudelt doch noch eine E-Mail ein, als ich schon wieder im Hostel sitze. Jeannie Lynch, eine Journalistin von ABC Radio entschuldigt sich, dass sie nicht zu dem großen Barter-Blanket-Stunt kommen konnte, und lädt mich ein, zur Radiostation in Downtown San Francisco zu kommen und das Barterman-Kostüm zu tragen. Im Radio? Offenbar will sie einfach ihren Spaß haben. Das Interview wird dann auch tatsächlich gleich gesendet, und ich starte wie gewohnt meinen Tauschaufruf. Tauschangebote bitte an
[email protected].
Sogar das Fernsehen meldet sich! Eine Redakteurin von Comcast TV Network, einem kalifornischen Fernsehsender, schreibt mich an. Sie fragt mich, ob ich zur Prime Time in eine Talkshow des Moderators Dave Benz kommen möchte, um dort alle meine Tauschgegenstände live zu präsentieren. Ich bin vollkommen aus dem Häuschen, das könnte der Durchbruch für den Tauschrausch werden. Ich entscheide mich, auch in dieser Sendung auf die Wirkung des Barterman-Kostüms zu setzen.
Als ich in der Maske sitze, bin ich überrascht, dass keiner der Beteiligten überrascht ist, mich in einem hautengen, roten Kostüm mit roten Fransen auf der Stirn zu sehen. Ganz im Gegenteil, es scheint so, dass alle genau das erwartet hatten.
Dave ist ein typisch amerikanischer Moderator, im Anzug und mit großspurigen Kommentaren zu allem und jedem. Zuerst plaudert er über Sport, hauptsächlich über Football und Baseball, und interviewt Profispieler aus der amerikanischen Liga, bis es endlich heißt:
»Und nun begrüßen wir herzlich Michael Wigge aus Deutschland, der gerade als Barterman durch die USA reist!«
Dave bekommt von der Geschichte einfach nicht genugund fragt mir Löcher in den Bauch. Seine Begeisterung für den roten Barterman im Stuhl gegenüber ist riesig. Und so darf ich auch ein 80 x 20 Zentimeter großes Schild mit meiner E-Mail auf den Tisch stellen, damit auch wirklich jeder Kalifornier die Chance hat, mit Barterman zu tauschen. Am Ende des Interviews bietet er mir