Wikinger meiner Traeume - Roman
wanderten sie zur Stadt oder in die Festung.
Rycca stieg mit Magda und den anderen Frauen den Hang hinauf. Obwohl sie protestiert hatten, war die Herrin jeden Tag auf die Felder gegangen, um beim Kochen zu helfen und den durstigen Arbeitern gefüllte Wasserschläuche zu bringen. Gewiss, sie hatte einige Hühner auf den Bratspießen über dem Feuer verkohlen lassen und wahrscheinlich eine ganze Menge Wasser verschüttet, aber ihr Bestes getan. In einem Jahr, bei der nächsten Ernte, würde sie besser zurechtkommen – dazu war sie fest entschlossen.
In der Festung angekommen, fühlte sie sich ungewöhnlich erschöpft. Das lag nicht nur an der üblichen Müdigkeit nach stundenlanger Arbeit. Als sie ihr Haus betrat, schien Blei an ihren Füßen zu hängen. Dragon hielt sich immer noch bei seinen Männern auf. Nachdem sie ihr Gesicht und die Hände mit kühlem Wasser gewaschen hatte, sank sie ins Bett und schlief sofort ein.
Erst am späten Abend erwachte sie. Eine Zeit lang blieb sie noch liegen und starrte zur schrägen Zimmerdecke hinauf. Dies ist jetzt mein Heim, dachte sie. Nie zuvor kannte ich
ein solches Zuhause... Dass es ihr so leicht gefallen war, sich in der Gemeinde von Landsende einzuleben, überraschte sie immer noch. Wie ein Vogel, der nach einem beschwerlichen Flug durch Wind und Wetter sein Nest erreicht hatte...
Oder täuschte sie sich?
Bedrückt erinnerte sie sich an Dragons Frage, ob ihr die Kletten aufgefallen seien. Als hätte sie – wäre sie darauf gestoßen – jene Satteldecke über den Rücken des Pferds gelegt, das er reiten würde...
»Du musst den Schlüssel verlegt haben«, hatte er behauptet. Hielt er sie für eine achtlose Hausfrau? Immerhin noch besser, als wenn er glauben würde, sie hätte den Gewürzschrank geöffnet und die Pfefferkörner am Boden verstreut...
Nichts hatte er ihr vorgeworfen und sie nur ermahnt, sie müsse gut für ihren Haushalt sorgen. Das wusste sie. Aber was sollte sie tun, wenn ein niederträchtiger Schurke alle ihre Bemühungen zunichte machte?
Seufzend stieg sie aus dem Bett, obwohl sie lieber bis in die Nacht hinein geschlafen hätte. Stattdessen spritzte sie wieder Wasser in ihr Gesicht, was ihre Erschöpfung nicht linderte. Entmutigt schleppte sie sich in die große Halle, wo man bald das Abendessen auftischen würde.
Es war eine schlichte Mahlzeit, ohne Gewürze, deren Verschwinden sich bereits herumgesprochen hatte. Als Rycca die Halle betrat, warfen ihr die Leute neugierige Blicke zu. Sofort schauten sie wieder weg, und sie setzte sich neben Dragon. In ein Gespräch mit Magnus vertieft, richtete er während des Essens kaum ein Wort an seine Frau. Für sie konnte der Abend gar nicht schnell genug zu Ende gehen. Nachdem die Dienstboten die letzten Platten aufgetragen und die Bierkrüge bereitgestellt hatten, murmelte sie eine Entschuldigung und stand auf.
Auch Dragon erhob sich. »Fühlst du dich nicht gut?«, fragte er.
Etwas verspätet, wie sie fand. Doch sie verdrängte diesen Gedanken, der ihrer nicht würdig war. »Doch«, antwortete sie, zwang sich zu einem Lächeln und spürte, wie unecht es wirkte. »Ich bin nur müde.«
Während sie die Halle verließ, spürte sie Dragons Blick im Rücken.
Trotz ihres Kummers schlief sie ein, sobald ihr Kopf das Kissen berührte. In dieser Nacht erwachte sie nur ein einziges Mal, als ihr Mann sie in die Arme nahm. Erst am Morgen öffnete sie wieder die Augen.
Es war ein trüber Tag, der die Sicht verschleierte und die Geräusche dämpfte. In der Nacht war Nebel aufgekommen. Auch in Mercia lagen oft Nebelschwaden über dem Land, aber nicht dieses dichte Weiß, das die Welt zu verschlucken schien. Sogar die Möwen schwiegen. Weil ihr vertrautes Kreischen nicht erklang, wirkte die Stille doppelt beklemmend.
Langsam und leicht benommen bahnte sich Rycca einen Weg durch die milchigen Wolken zur Küche. Dort hatte sich Magda bereits mit ihren Gehilfinnen eingefunden. Freundlich begrüßten sie die Herrin.
»Der Haferbrei ist fertig«, verkündete Magda und bot ihr eine üppig gefüllte Schüssel an, in die sie noch einige Löffel dicke Sahne gegossen hatte. Heißhungrig begann Rycca zu essen. Sie hätte noch eine größere Portion vertragen. Doch das behielt sie für sich und fragte: »Wie findet man denn da draußen seinen Weg?«
»Nur sehr schwer, Mylady«, erwiderte Magda lächelnd. »Glücklicherweise gibt’s heute nicht viel zu tun.«
Die Frauen nickten, froh über die Atempause nach der harten
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