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Wikingerfeuer

Wikingerfeuer

Titel: Wikingerfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shirley Waters
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und fischte den zuoberst liegenden Folianten heraus. Es war der größte und so schwer, dass Stígrs Arbeitstisch knarrte, als sie ihn darauflegte.
    Sie öffnete die Metallschließen und schlug die pergamentenen Seiten um. Als Kind hatte sie von einer englischen Haussklavin lesen gelernt, aber richtig beherrschte sie diese Kunst nicht; Arien war darin besser. Dies jedenfalls war Latein und half ihr nicht weiter. Beim nächsten, einem kleineren Buch musste es sich um Heilkunde handeln, denn es zeigte schöne Pflanzenzeichnungen.
    Das Wissen der Welt ist in Büchern . Das hatte die Sklavin damals gesagt. Nun, sie konnte nicht erwarten, dass sich ausgerechnet die Antwort auf die Frage, was für ein Ritter Rouwen war, in Stígrs Truhe fand. Lächerlich. Sie legte die Bücher zurück und ließ den Deckel fallen.
    Ein Knall weckte ihn. Erstaunt stellte er fest, dass er zwar ein Kratzen im Hals spürte, sein Durst jedoch gelöscht war. Und er vermochte wieder klar zu sehen. Da war die Wikingerfrau – das schöne Heidenwesen, das ihm immer noch wie eine lebendig gewordene Gestalt aus einem seltsamen Traum erschien. Sie trug wieder eine Hose, dieses Mal aus hellgrauem Leder; darüber eine schlichte, ungefärbte Wolltunika. Um ihre schmalen Hüften lag ein blaues Seidentuch, darüber ein geflochtener Gürtel, an dem … Heiliger Cuthbert, er musste träumen … ein Sarazenendolch hing. Es war seiner, doch der Anblick der nackten Füße lenkte ihn davon ab. Sie trug wieder die Zehenringe.
    Er lachte heiser auf, weil er es so unsinnig fand, sich darüber zu freuen, während er gleichzeitig bemerkte, dass seine Hände im Rücken gefesselt waren. Sie wirbelte herum, sodass ihr Zopf in der Luft einen weiten Bogen beschrieb, und riss in einer überaus flinken Bewegung den Dolch aus der Scheide. Einen Herzschlag später schwebte die Spitze des Dolches vor seinen Augen.
    Er rührte sich nicht. Langsam zog sie die Klinge zurück und ließ sie wieder im Gürtel verschwinden.
    »Keine Angst, ich bin keine Walküre, die dich nach Walhall entführt hat.«
    »Was … Walküre? Ich verstehe kein Wort.«
    Sie stemmte eine Faust in die Seite. »Ich hätte mir denken können, dass dieser Scherz an dich verschwendet ist, Christenmensch.«
    »Ich dachte, ich hatte dir schon gesagt, dass ich einen Namen habe. Hast du ihn vergessen?«
    »Durchaus nicht. Du heißt Rouwen.«
    Ihm gefiel, wie sie seinen Namen aussprach. Er wollte lächeln, doch mehr als eine Grimasse brachte er nicht zustande. Ihm war übel, und sein Kiefer schmerzte von den Hieben Yngvarrs. Mit der Zunge fuhr er sich über die Zähne, ob sie gelitten hatten, doch das war, Gott sei es gedankt, nicht der Fall. Er schloss die Augen, denn er fühlte sich zutiefst erschöpft. Und er war nicht für die Gegenwart einer solchen Frau geschaffen. Er war ein Tempelritter. Ein Mönch.
    Trotzdem hob er die Lider wieder ein wenig, um zuzusehen, wie sie sich an einem grob gezimmerten Wandregal zu schaffen machte. Dort standen Krüge dicht an dicht, überall hingen Pflanzenbündel und Tierhäute von der Strohdecke und an den Wänden. Sogar getrocknete Blindschleichen. Durchdringend roch es nach Kräutern und anderem, das er nicht benennen konnte und wollte. Die Hütte des Zauberers?
    Sie goss eine dunkle Flüssigkeit in einen Becher und kehrte zu ihm zurück. »Trink das, es stärkt dich. Es ist Met mit Krähenblut.«
    Das Zeug stank bestialisch! Wollte sie ihn vergiften? Er konnte dem Geruch nicht anders entkommen, als sich aufzurichten. Hinter seiner Stirn begann es wieder warnend zu pochen. Fest musste er die Zähne zusammenbeißen, weil ihn heftiger Schwindel überkam. Verdammt! Beinahe wäre er wieder zur Seite gesackt, da es ihm Mühe bereitete, das Gleichgewicht zu behalten.
    Unbeirrt folgte ihre Hand seinen Bewegungen. Sie erriet augenscheinlich seine Gedanken. »Das ist kein Gift, ich schwöre es bei Freya.«
    »Was schert mich ein Schwur, den jemand bei einem Götzen tut?«
    Ihre Augen sandten wütende Blitze in seine Richtung. Ob sie wieder zum Dolch greifen würde? Oder ihm das Gebräu ins Gesicht schüttete?
    »Du bist ein Narr!«, schimpfte sie. » Ich habe dafür gesorgt, dass du dort draußen nicht stirbst! Ich wünschte zwar, dir nie begegnet zu sein, aber das ist für mich kein Grund, dich zu töten, verstanden?«
    »Du tust es unbeabsichtigt doch noch, wenn du nicht deine Stimme senkst!«, gab er zähneknirschend zurück. »Mir will der Schädel zerspringen.«
    »Das hilft auch

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