Wild auf Fußball
die Seite mit dem Foto gleich neben seine Müslischale
gelegt. Kein Wort auch darüber, dass Malle ihn angerufen und die Südtiger herausgefordert hat. Laut Malle soll er nur gesagt
haben: »Prima, dann treffen wir uns auf dem Platz wieder.«
Am Montag, in der Schule, kann Ella gar nicht aufpassen. Sie hat immerzu den Zeitungsartikel vor Augen, in dem auch der Schülerpokal
abgebildet ist. Er ist zwar nicht aus Gold, aber er glänzt trotzdem. Das sieht man sogar auf dem Schwarz-Weiß-Foto. Die Stadtsparkasse
hat ihn gestiftet. Was würde sie darum geben, ihn zu gewinnen! Lino hätte ihn auch bestimmt gern gehabt, aber nach den Wettbewerbsbedingungen
dürfen nur Schulmannschaften mitspielen, in denen auch Mädchen sind. Selber schuld, dass er sie nicht hat mitspielen lassen!
Die Englischstunde zieht sich lang wie Kaugummi und im Deutschunterricht schläft sie fast ein. Und dann noch Mathe! Zum Glück
kriegen sie die Mathearbeit noch nicht wieder.
Am Nachmittag trifft sie Lino in der Küche. Mama hievt gerade die Einkaufstasche auf die Ablage. Lino soll auspacken helfen,
aber er knibbelt nur die Preisschilder von den Lebensmitteln und klebt sie an die Suppenkelle.
Mama sagt: »Spinnst du?«
Ella weiß zwar schon länger, dass er spinnt, aber im Moment spinnt er besonders. Trinkt den ganzen Multivitaminsaft aus, obwohl
er den gar nicht mag. Er rülpst. Das war die neue Flasche, auf ex.
»Was soll das?«, fragt Mama. »Ich hab keine Lust, mich andauernd abzuschleppen. Die sollte bis zum nächsten Einkauf reichen.«
Eigentlich sollen sie jeder nur ein Glas am Tag davon trinken.
»Ich muss mein Immunsystem stärken«, erklärt Lino.
»Doch wohl nicht etwa für das Spiel?« Ella grinst. »Da nützt dir keine Vitaminsauferei.«
»Ella, bitte«, sagt Mama. »Fangt nicht wieder an. Ich hab schon Kopfschmerzen.«
Lino pult die Preisschilder von der Kelle ab und tut sehr beschäftigt. Er murmelt dabei: »Dieses Mal gewinnen wir. Das heißt,
wenn fair gespielt wird und nicht wieder so eine blöde Tussi einen Elfer pfeift, wo gar keiner ist.«
»Lino, wie sprichst du denn von eurer Biologielehrerin?!«, sagt Mama. Lino wirft die Suppenkelle hin und geht in sein Zimmer.
Am nächsten Tag scheint Lino sich eine neue Kommunikationsform ausgedacht zu haben. Überall fliegen plötzlich Taschentücher
herum. Was will Lino ihr damit sagen? Überall liegen sie herum, zerknüllt und verrotzt, in ihrem Zimmer, unter dem Bett, sogar
unter dem Kopfkissen. Und kaum macht sie ihre Schulmappe auf, klemmen sogar welche zwischen ihren Büchern. Ekelhaft! Dabei
hat Lino gar keinen Schnupfen.
»Wenn du mir noch einmal Taschentücher ins Zimmer tust, dann gibt es richtig Ärger!«, schreit Ella vom Flur aus in sein Zimmer.
Lino dreht sich noch nicht mal um, sitzt an seinem Schreibtisch und tut so, als hörte er sie gar nicht.
Als Mama die Taschentücher entdeckt, ist es natürlich nicht Lino, sondern wieder einmal Ella, die Ärger kriegt. Sie soll gefälligst
ihren Müll nicht so im Zimmer herumwerfen. Mama hält zwei Hände voll verrotzter Tempos in den Händen.
»Tu ich ja auch gar nicht! Frag doch mal Lino!«
»Lino, Lino«, sagt Mama.
»Vielleicht sind sie auch vom Himmel gefallen«, sagt Ella. Aber Mama findet das nicht lustig. Sie sieht müde und abgearbeitet
aus und meckert gleich weiter: »Gebrauchte Taschentücher werfen WIR sofort in den Abfalleimer und nicht erst unters Bett!
Das macht man vielleicht bei Hempels, aber WIR machen das nicht. Das ist nämlich
unhygienisch
!«
»Jaha!«, sagt Ella, damit Mama endlich aufhört zu nerven.
Ella wirft sich aufs Bett. Unter ihrem Kopfkissen findet sie weitere Rotzfahnen. Lino, du Sau! Sie fasst die Tücher mit spitzen
Fingern an, rast in Linos Zimmer und legt sie ihm aufs Bett.
Am Mittwoch fängt Mama an zu niesen. Ihr Hals ist rau, die Nase läuft und Hunger hat sie auch nicht. Mama wird krank. »Das
hat mir noch gefehlt«, sagt sie heiser. »Ausgerechnet jetzt, wo die Schubert Magen-Darm-Grippe hat.«
Am nächsten Morgen schleppt sich Mama mit hängenden Haaren ins Bad. Wenn sie erkältet ist, hält ihre Föhnwelle nur mit extrastarkem
Schaumfestiger, und das auch nur bis ins Auto.
Ella hingegen ist munter, fröhlich, fit. Sie kann sich nicht erklären, warum Lino sie dauernd anstarrt, schon beim Frühstück
und den ganzen Tag, wenn sie sich über den Weg laufen. Will er sie hypnotisieren? Lähmen? Spielunfähig
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